Seit vier Jahren ist der vierfache Meister Andreas Hänni (Bern, Lugano) als Datenanalyst tätig. Seine Firma 49 mining, analytics & consulting GmbH sammelt aus jedem Match zwischen 5000 und 6000 Daten, erfasst sämtliche Aktionen der Spieler, kreiert Modelle, berechnet Wahrscheinlichkeiten. Und bietet neu einen Scouting Service an. Das Ziel? Die Klubs bei der Kaderplanung zu unterstützen. Verantwortlich dafür ist Ex-NL-Profi und ehemaliger Kloten-Sportchef Pascal Müller.
«Wir sehen uns als Dienstleister», sagt der 41-Jährige. «Die Klubs kommen mit Vorstellungen. Wir versuchen sie umzusetzen.» Wir, das sind neben Müller die Brüder Reto und Jan von Arx, die nach ihrem Rücktritt 2015 zuletzt als Junioren-Trainer engagiert waren. Reto bei Swiss Ice Hockey. Jan beim HCD. Letzter wollte sich nach einem Vierteljahrhundert im Eishockey eigentlich eine Saison Auszeit gönnen und auf Weltreise gehen. Doch aus den Plänen wurde nichts. «Ich kam bis Klosters. Ein schöner Ausflug», scherzt der 42-Jährige.
Bilder sämtlicher Ligen stehen zur Verfügung
Ob im Stadion oder zuhause am Bildschirm: Von morgens bis abends schaut das Scouting-Team Hockey, deckt neben der National und der Swiss League auch die U20- und die U17-Meisterschaft ab. «Für einen Sportchef ist das alles fast nicht zu bewältigen. Die wenigsten Organisationen verfügen über eine strukturierte und nachhaltige Scouting-Abteilung.»
Doch wie läuft dies konkret ab? Müller: «Kommt ein Sportchef mit einem Namen, schauen wir uns den Spieler an, analysieren ihn und erstellen ein Dossier. Hat er keinen konkreten Namen, gibt uns der Klub Spielerprofil und Budget ab und wir bringen ihm mehrere Optionen für diese Position im Kader.»
Dabei werden nicht nur technische Skills bewertet, sondern auch Charakter und Führungsqualitäten. Es werden Referenzen eingeholt und gesammelt. Jeder Spieler wird mehrfach von den Ex-Profis unter die Lupe genommen.
Ihnen stehen die Daten und Bilder sämtlicher Ligen zur Verfügung. «Ich kann von einem Spieler in der Slowakei eine halbe Stunde lang Schuss-, Powerplay- und weitere Spielszenen anschauen», sagt Reto von Arx, betont aber: «Das alleine reicht nicht. Ich brauche Live-Spiele, will wissen, wie er sich in engen Spielsituation verhält.»
Nicht relevant, ob einer 50 oder 500 000 Franken verdient
Den Klubs gebe man letztlich bloss Empfehlungen ab. Ex-Kloten-Sportchef Müller: «Für uns ist es nicht relevant, ob die Spieler Verträge erhalten und ob sie 50 oder 500'000 Franken verdienen werden. Wir sind neutral und unabhängig. Diskretion hat absolute Priorität.» Deshalb erhalte man auch Informationen, die für die Klubs sonst eher schwer zugänglich seien. Müller: «Erkundigt sich ein Sportchef nach einem Spieler direkt oder wird ein Agent involviert, wird der Spieler automatisch teurer - dies können wir diskret umgehen.»
Anfangs sei man skeptisch gewesen, da die Vereine wegen Corona jeden Franken umdrehen müssen. Doch: «Wir können helfen, Geld einzusparen, ohne dass die Teams an Qualität einbüssen», sagt Müller. Um die Scouts zu buchen, können verschiedene Pakete (das kleinste umfasst 3 Spieler) gekauft werden.