Gerade mal 18 Jahre alt war Beat Forster kurz zuvor geworden. Damals 2001, als er im Dress des HC Davos gegen Bern seine erste Playoff-Serie bestritt. «Ich war übermotiviert, nervös, schlief schlecht», erinnert sich der Appenzeller zurück. Die Viertelfinal-Serie ging zwar mit 0:4 verloren, aber Forster hinterliess Eindruck. Auch, weil er keine Angst vor grossen Namen hatte. Als Jungspund seinen heutigen Sportchef beim EHC Biel, die damalige SCB-Ikone Martin Steinegger, niedermähte.
Forster muss schmunzeln, als er die Bilder von damals sieht, und meint: «Trotzdem hat er mir nochmals einen neuen Vertrag gegeben.» Unlängst haben Steinegger und Forster ihr Arbeitsverhältnis bis 2024 verlängert. Ob seine 24. Profi-Saison dann effektiv die letzte sein wird oder tatsächlich noch das Vierteljahrhundert-Jubiläum dazukommen wird, lässt er offen: «Das werden wir in einem Jahr anschauen.»
Einkaufen vor Playoff-Match liegt drin
22 Jahre nach der Premiere steht Forster also vor seinen 20. Playoffs. Verpasst hat er diese nur dreimal: 2006 musste er mit den ZSC Lions in die Playouts, 2020 fielen sie wegen Corona aus und 2021 scheiterte er mit Biel in den Pre-Playoffs an den SCRJ Lakers. Forster wirkt tiefenentspannt, als wir ihn wenige Tage vor dem diesjährigen Saisonhöhepunkt in Solothurn, unweit seines Wohnortes, zum Kaffee treffen. Oder täuscht das? «Jein», sagt der Routinier.
«Wenn die Spiele losgehen, wird die Anspannung gross sein.» Das habe sich nicht geändert. Aber zwischen den Spielen sei er inzwischen schon wesentlich entspannter als zu Beginn seiner Karriere. Weil er inzwischen mit der Familie auch ein anderes Leben habe als damals. «Ich kann am Nachmittag vor dem Spiel auch gut noch einkaufen gehen oder sonst was tun. Das Kribbeln ist zwar noch genauso da, aber ich bin nicht mehr übermotiviert», so der dreifache Vater.
Aussenseiter-Rolle «passt prima»
Kaum sonst einer in diesem Land kann es so gut beurteilen wie Forster: Was braucht es denn in den Playoffs wirklich, um Erfolg haben zu können? «Das Wichtigste ist der Kopf. Man muss das eigene Ego zurückzustellen, für das Team spielen, das Risiko minimieren. Und man muss mental dafür bereit sein, dass es eng werden und lang gehen kann.»
- 1. Mathias Seger (Rapperswil-Jona, ZSC) 220
- 2. Ryan Gardner (Ambri, Lugano, ZSC, Bern, Fribourg) 207
- 3. Beat Forster* (Davos, ZSC, Biel) 203
- 4. Andres Ambühl* (ZSC, Davos) 199
- 5. Ivo Rüthemann (Davos, Bern) 198
- 6. Beat Gerber* (Bern) 197
- 7. Reto von Arx (Davos) 191
- 8. Sandro Rizzi (Davos) 190
- 9. Jan von Arx (Davos) 185
- 10. Christian Dubé (Lugano, Bern, Fribourg?) 180
- Ferner:
- 36. Tristan Scherwey* (Bern) 135
- 43. Patrick Geering* (ZSC) 132
- 47. Raphael Diaz* (Zug, Fribourg) 128
- 57. Reto Schäppi* (ZSC) 123
- * noch aktiv
- Quelle: Eliteprospects.com
- 1. Mathias Seger (Rapperswil-Jona, ZSC) 220
- 2. Ryan Gardner (Ambri, Lugano, ZSC, Bern, Fribourg) 207
- 3. Beat Forster* (Davos, ZSC, Biel) 203
- 4. Andres Ambühl* (ZSC, Davos) 199
- 5. Ivo Rüthemann (Davos, Bern) 198
- 6. Beat Gerber* (Bern) 197
- 7. Reto von Arx (Davos) 191
- 8. Sandro Rizzi (Davos) 190
- 9. Jan von Arx (Davos) 185
- 10. Christian Dubé (Lugano, Bern, Fribourg?) 180
- Ferner:
- 36. Tristan Scherwey* (Bern) 135
- 43. Patrick Geering* (ZSC) 132
- 47. Raphael Diaz* (Zug, Fribourg) 128
- 57. Reto Schäppi* (ZSC) 123
- * noch aktiv
- Quelle: Eliteprospects.com
Zusammen mit Servette hat sein EHC Biel der Quali den Stempel aufgedrückt. Aber trotz Rang 2 werden die Seeländer als Titelkandidat in vielen Prognosen nicht ernsthaft in Erwägung gezogen, manche rechnen am Ende wieder mit Zug oder den ZSC Lions. Forster ist deswegen nicht beleidigt, im Gegenteil: «Für uns passt das so prima.» Aber auch wenn es ihm behagt, nicht im medialen Fokus zu stehen – der Titel ist auch für Biel das Endziel. Es wäre der vierte in der Vereinsgeschichte und der erste seit 1983. Dem Geburtsjahr von Beat Forster nebenbei.
Von über 100 auf 24 Strafminuten
«Als ich zu Biel gewechselt habe, da habe ich gesagt, dass ich gekommen bin, um Meister zu werden. Der Kreis würde sich daher schliessen. Und es wäre die Krönung für die ganze Entwicklung des Vereins in den letzten Jahren», findet der Ostschweizer, der zuvor schon fünfmal mit dem HCD und einmal mit den ZSC Lions den Meisterpokal in die Höhe stemmen durfte.
Die Entspanntheit von Forster kann da sehr hilfreich sein. Dabei war Forster einst auf dem Eis ein Heisssporn. Dreimal (2006/07, 2007/08, 2015/16) überschritt er die Marke von 100 Strafminuten. In den letzten zwei Saisons waren es nur noch läppische 24 und 26 Minuten. Ist das die Altersmilde? «Das kann man schon so sagen», sagt Forster mit einem Lächeln. Viele seiner Strafen habe er sich früher eingehandelt, weil er gegenüber den Schiris permanent gemotzt habe: «Da lernt man irgendwann dazu, wird erwachsener und kann die Emotionen besser kontrollieren. Wenn man dem Team helfen will, dann kann man in der heutigen Zeit nicht mehr so viele Strafen nehmen.»
NHL-Ambitionen scheitern am Lockout
Forster gehört zweifellos zu den erfolgreichsten und grössten Persönlichkeiten des Schweizer Eishockeys. Zugleich verursachte er aber auch immer wieder Kontroversen. So wird ihm beispielsweise vorgehalten, dass ihn die NHL nie wirklich interessiert habe, obwohl der Drittrunden-Draft von Phoenix 2001 alles mitgebracht hätte, um in Nordamerika Karriere zu machen.
«Das ist nicht ganz richtig», wendet Forster ein, «2004/2005 wollte ich gehen, aber da war Lockout und es wurden keine Verträge ausgehändigt», und drei Jahre später, als sich die Möglichkeit nochmals ergab, «ja, das gebe ich zu, da war mir das Risiko zu gross, weil ich meinen Vertrag hätte kündigen müssen und gerade frisch Vater geworden war.» Aber er bereue das nicht: «Es ist alles gut so, wie es gekommen ist.»
Nati-Rücktritt mit 25 und Flucht aus Zürich
Der schiere Wahnsinn ist, dass Forster bereits mit 25 den Rücktritt aus der Nati gegeben hat. «Es hat mich immer mit enorm viel Stolz erfüllt, für die Schweiz zu spielen», will er festgehalten haben, «aber als das zweite Kind auf der Welt war, da rückte für mich einfach die Familie in den Vordergrund. Ich war nicht mehr bereit, 13 Wochen im Jahr mit der Nati unterwegs zu sein und in dieser Zeit zu verpassen, wie meine Kinder aufwachsen.» Es sei ein rein persönlicher Entscheid gewesen und habe nichts mit dem damaligen Nati-Trainer Ralph Krueger zu tun gehabt.
Einen Wirbel um Forster gab es auch 2008, als er mitten in der Saison seinen Vertrag bei den ZSC Lions fristlos kündigte. Zunächst wurde einiges Geschirr zerschlagen, dann erfolgte die Rückkehr zum HCD. «Ich stehe zu meinem Entscheid, aber man hätte es anders angehen können. Im Nachhinein ist man immer schlauer», sagt Forster heute. Was damals geschehen sei, gehöre heute jedoch fast schon zum täglichen Business – Spieler würden trotz laufenden Verträgen kommen und gehen.
«Es tut mir extrem leid»
Ein noch heikleres Thema in seiner Karriere ist der Zusammenstoss 2018 mit dem damaligen ZSC-Stürmer Robert Nilsson. Wegen der Folgen einer wiederholten Gehirnerschütterung kehrte der Schwede danach nie wieder aufs Eis zurück und musste seine Karriere beenden. Die Aktion von Forster wurde von den Regelhütern nie als Foul taxiert. Trotzdem bleibt sein Name mit Nilssons bitterem Abgang verbunden. «Ich möchte eigentlich nicht darüber reden, das Ganze geht mir noch immer sehr nah», sagt Forster auch fünf Jahre später noch.
Aber er tut es dann trotzdem und es ist der Moment im Gespräch, in dem die Stimme dieses so kräftigen Mannes plötzlich brüchig und seine fröhlichen Augen traurig werden. «Es wird mir jetzt noch mulmig, wenn ich daran zurückdenke. Wenn ein Gegenspieler so liegen bleibt, nachdem er mit dir den letzten Kontakt hatte, dann belastet dich das.»
Forster erinnert sich an die Szene zurück, als wäre es gestern gewesen: «Ich wollte einfach wie so oft die Türe zumachen und er drehte sich dann irgendwie in mich rein. Es war sehr unglücklich und tut mir extrem leid, aber ich kann mir keinen Vorwurf machen.» Dass Nilsson nach seinem Rücktritt in einem Interview gesagt hat, dass er Forster nicht böse sei, macht es für diesen etwas einfacher, damit umzugehen: «Aber dass so etwas geschieht, will man einfach nicht.»
Immer nur Friede, Freude, Eierkuchen gibt es in einer so langen Profikarriere nicht. Auch nicht beim so erfolgreichen Mister Playoff Beat Forster.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | HC Davos | 29 | 31 | 57 | |
2 | ZSC Lions | 26 | 31 | 55 | |
3 | Lausanne HC | 28 | 2 | 50 | |
4 | SC Bern | 28 | 18 | 49 | |
5 | EHC Kloten | 29 | -5 | 47 | |
6 | EV Zug | 28 | 19 | 46 | |
7 | EHC Biel | 28 | 4 | 40 | |
8 | HC Ambri-Piotta | 28 | -11 | 39 | |
9 | HC Fribourg-Gottéron | 29 | -6 | 39 | |
10 | SCL Tigers | 27 | 1 | 38 | |
11 | Genève-Servette HC | 26 | 1 | 36 | |
12 | HC Lugano | 27 | -22 | 33 | |
13 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 29 | -20 | 33 | |
14 | HC Ajoie | 28 | -43 | 23 |