ZSC-Nachwuchschef Salis
«Abwägen, ob wir noch in den Nachwuchs investieren»

Erst Sportchef mit Meisterehren, dann Talentspäher und nun ZSC-Nachwuchschef: Edgar Salis (50) spricht über die geplante Ausländer-Reform in der National League und Eisfelder in Schweizer Quartieren.
Publiziert: 17.12.2020 um 10:45 Uhr
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Aktualisiert: 23.02.2021 um 11:18 Uhr
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Sportchef, Talentspäher und jetzt Nachwuchschef: Edgar Salis kennt sich im Schweizer Eishockey aus.
Foto: Keystone
Dino Kessler

Herr Salis, was halten sie von der neuen geplanten Ausländerregelung?
Edgar Salis
Nicht viel. Ich habe zuletzt mit vielen Personen aus dem Schweizer Eishockey über diese Pläne diskutiert und dabei niemanden gehört, der die geplante Reform unterstützt. Es ist aber auch noch einiges unklar. Warum ich dagegen bin? Man nimmt den eigenen Nachwuchsspielern die Perspektive für eine Profikarriere, weil viel weniger Schweizer benötigt werden. Ich denke aber auch an Konsumenten, Fans, Zuschauer und Sponsoren, für die ist die Identifikation mit den Schweizer Spielern und dem Verein wichtig.

Sie waren selbst viele Jahre als Sportchef im Profibereich angestellt. Ausländer verfügen schon über mehr Qualität als junge Spieler?
Das würde ich so pauschal nicht unterschreiben. Man kann da als Sportchef durchaus Fehlgriffe tätigen...

... apropos, erzählen Sie doch mal, weshalb Sie damals...
Nein, Sie brauchen mich nicht an konkrete Namen zu erinnern. Mit der neuen Regelung würden aber viel mehr Ausländer transferiert, und ob dann die Nummern 5 bis 10 wirklich besser wären als unsere Jungen, das bezweifle ich.

Wie viele Junioren sind in der Organisation der ZSC Lions zusammengefasst?
Unsere Nachwuchsorganisation umfasst 1120 Spielerinnen und Spieler. Die Gesamtorganisation (inklusive GCK Lions, die Red) in etwa 1400.

Was ist das übergeordnete Ziel dieser Nachwuchsorganisation?
Unser Ziel ist es, mit so vielen eigenen Spielern wie möglich ganz vorne mitzuspielen. Das ist eine wichtige Perspektive und Motivation für unsere Nachwuchsspieler.

Im Vergleich zu den Top-Nationen werden in der Schweiz die Nachwuchsspieler nur zögerlich in die Profi-Teams integriert. Weshalb diese Zurückhaltung?
Das ist ein typisches Schweizer Problem: Vertrauen ist gut, aber Risikominimierung ist noch besser. Der Druck auf die Sportstrategen ist enorm, alle erwarten Erfolg. Andere Nationen sehen das viel lockerer und lassen die Jungen einfach mal zeigen, was sie draufhaben, auch wenn das vielleicht mal einen Sieg kostet. Das Auf- und Abstiegssystem in der Schweiz übt zudem konstanten Druck auf die Organisationen aus, das fördert die Risikobereitschaft der Trainer auch nicht.

Wie werden aussergewöhnliche Talente gefordert und gefördert?
Sie erhalten die Möglichkeit, sich in unserer Pyramide auf einer höheren Stufe zu beweisen. Dank dieser Durchlässigkeit können wir die Spieler individuell besser fördern. Wir haben von der Hockeyschule bis zu den Profis auf jeder Altersstufe diverse Leistungklassen.

Während Ihrer Amtszeit als Sportchef haben Sie Auston Matthews verpflichtet, damals ein knapp 18-jähriges Talent aus Nordamerika. Hat sich das für die Lions gelohnt?
Ja klar. Wir haben zwar am Ende des Tages die sportlichen Ziele (Meistertitel, die Red.) nicht erreicht, aber es war trotzdem eine tolle Erfahrung. Matthews hat uns gezeigt, was mit 18 Jahren möglich ist.

Glauben Sie, die Lohnkosten in der National League lassen sich durch die Öffnung des Ausländermarktes verringern?
Das würde das geplante Financial Fairplay sowieso regulieren. Wieso brauchen wir beides?

Welche Auswirkung hätte die Öffnung des Ausländermarktes für eine Nachwuchsorganisation von der Grösse der ZSC Lions?
Wir müssten grundsätzlich abwägen, in welcher Form oder ob wir überhaupt noch in den Nachwuchs investieren sollen. Wozu in die Entwicklung eines Produkts investieren, wenn wir es am Ende sowieso importieren?

Abschliessende Frage: Wie würden Sie das Schweizer Profi-Eishockey organisieren, wenn Sie die freie Wahl hätten?
Es ist sehr viel gut im Schweizer Profi-Eishockey. Ich würde aber einige Dinge von der NHL abkupfern, zum Beispiel das Transfersystem, bei dem Vereine im gegenseitigen Einverständnis Spieler untereinander austauschen können. Leider ist das in der Schweiz aus arbeitsrechtlicher Sicht schwierig. Mir gefallen auch die Entry-Level-Verträge der NHL für junge Spieler, so wird der Einstiegslohn in der höchsten Spielklasse einheitlich geregelt. Und natürlich hätte in meiner Vision jedes Schweizer Quartier ein eigenes Eisfeld und die Kinder hätten nachmittags schulfrei – das würde mal eine schöne Auswahl an zukünftigen Eishockeyprofis geben.

National League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
HC Davos
HC Davos
29
31
57
2
ZSC Lions
ZSC Lions
26
31
55
3
Lausanne HC
Lausanne HC
28
2
50
4
SC Bern
SC Bern
28
18
49
5
EHC Kloten
EHC Kloten
29
-5
47
6
EV Zug
EV Zug
28
19
46
7
EHC Biel
EHC Biel
28
4
40
8
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
28
-11
39
9
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
29
-6
39
10
SCL Tigers
SCL Tigers
27
1
38
11
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
26
1
36
12
HC Lugano
HC Lugano
27
-22
33
13
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
29
-20
33
14
HC Ajoie
HC Ajoie
28
-43
23
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