Es ist eine skurrile Szenerie am späten Mittwochabend an der Raststätte Gotthard Nord. Neben den Benzin-Zapfsäulen hat der Mannschaftsbus des EHC Biel parkiert. Die Spieler treten aus und fassen das vom Staff mitgebrachte und an aussergewöhnlicher Stelle ausgehändigte Essen. Mittendrin eine Handvoll Journalisten, die sichtlich gutgelaunte Spieler und Trainer interviewen.
Zu diesem einmaligen Ereignis kommt es, weil die Bieler unmittelbar nach ihrem 4:2-Sieg im entscheidenden Play-In-Match in Ambri im Kabinengang keine Interviews geben wollen. Da der Gotthard-Tunnel um 23 Uhr für zwei Stunden geschlossen wird, eilt es, es zählt jede Minute. Der Teambus will es auf den letzten Drücker noch nordwärts schaffen. Und so werden die Verpflegung und die Interviews kurzerhand an die erste Autobahnraststätte nach dem Tunnel verlagert.
Irgendwie passt das vorzüglich ins Gesamtbild. Denn auf den letzten Drücker schafft es der EHC Biel nicht nur durch den Gotthard, sondern kurz zuvor in Ambri auch in die Playoffs.
Möglich gemacht hat es Sportchef Martin Steinegger, der nach der festgefahrenen Situation unter Trainer Petri Matikainen die Notbremse zog, diesen am 25. Februar freistellte und seither selbst an der Bande steht.
Steineggers unheimliche Bilanz
In den sieben Spielen unter ihm haben die Bieler immer gepunktet und sechsmal in Folge nicht mehr verloren. «Klar macht es Spass, wenn man gewinnt», sagt der 52-Jährige zwischen Mannschaftscar und Zapfsäulen. Er hat nacheinander die Schweizer Coaches Thierry Paterlini (SCL Tigers, Fernduell um letzten Play-In-Platz), Jan Cadieux (Servette, erste Play-In-Runde) und Luca Cereda (Ambri, zweite Play-In-Runde) eliminiert. «Die Schweizer Trainer haben mich jetzt vermutlich nicht mehr so gerne», sagt Steinegger fast etwas verlegen. In den Playoffs übriggeblieben sind aus Schweizer Sicht nur noch er selbst und Luganos Luca Gianinazzi.
Steineggers Bilanz als Trainer ist unheimlich. Denn als er 2017 nach der Entlassung von Mike McNamara und vor der Amtszeit von Antti Törmänen schon mal für sechs Spiele einsprang, gewann er fünf davon. Sieben Jahre später nun also die nächste Erfolgsstory. Eigentlich kommt Sportchef Steinegger nicht mehr darum herum, auch nächste Saison auf den Trainer Steinegger zu setzen.
Nun gegen Crawford
«Wir werden nach der Saison dann anschauen müssen, wie es aussieht und weitergehen soll. Aber dass wir es geschafft haben, liegt nicht nur an mir – es sind alle, die mitziehen», lautet die Bestandsaufnahme von Steinegger. Trotzdem scheint sich da einer gerade mit seinem neuen Job anzufreunden. Noch vor zwei Wochen hörte sich das alles eine Spur defensiver an.
Für die nächsten zwei Wochen wartet auf Steinegger aber die ultimative Herausforderung. Der souveräne Quali-Sieger ZSC Lions mit seinem früheren, mit allen Wassern gewaschenen NHL-Coach Marc Crawford (63). «Ich freue mich darauf, wir werden diese Spiele geniessen», sagt Steinegger vor dem Viertelfinal-Duell.
Die Zürcher werden nach der 0:4-Schmach in der letztjährigen Halbfinal-Serie gegen Biel zweifellos geladen sein. Aber fürchten muss sich Steinegger trotzdem nicht. Bei zwei der vier Siege half er damals an der Bande aus. Einmal, weil Cheftrainer Törmänen wegen einer Krebs-Behandlung aussetzen musste. Einmal, weil Assistenzcoach Oliver David krankheitsbedingt ausfiel. Steinegger weiss also auch, wie man Crawford schlägt.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
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1 | HC Davos | 30 | 28 | 57 | |
2 | ZSC Lions | 26 | 31 | 55 | |
3 | Lausanne HC | 29 | 7 | 53 | |
4 | EHC Kloten | 30 | -2 | 50 | |
5 | SC Bern | 29 | 16 | 49 | |
6 | EV Zug | 28 | 19 | 46 | |
7 | SCL Tigers | 28 | 4 | 41 | |
8 | EHC Biel | 28 | 4 | 40 | |
9 | HC Fribourg-Gottéron | 29 | -6 | 39 | |
10 | HC Ambri-Piotta | 29 | -16 | 39 | |
11 | Genève-Servette HC | 26 | 1 | 36 | |
12 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 30 | -18 | 36 | |
13 | HC Lugano | 28 | -25 | 33 | |
14 | HC Ajoie | 28 | -43 | 23 |