Wann hat man zum letzten Mal einen Spieler dermassen durchdrehen sehen? ZSC-Star Derek Grant (35) rastet bei der 2:4-Niederlage in Lausanne komplett aus, als er zwei Minuten vor Schluss realisiert, dass er auf die Strafbank muss, wo mit Nicolas Baechler bereits ein Zürcher sitzt. Er tobt, brüllt Headschiedsrichter Michaël Tscherrig an, knallt seinen Stock gegen das Plexiglas und wird dafür vorzeitig unter die Dusche geschickt.
Auf dem Weg dahin lässt der Kanadier seinem Frust weiter freien Lauf. An der Bande macht er seinen Stock zu Kleinholz, und dann donnert er seine Faust gegen das Plexiglas. Lausanne nutzt daraufhin die doppelte Überzahl zum vierten Treffer.
Doch was hat zur Explosion des Routiniers geführt? Unbestritten ist, dass Grant den Puck in Baseball-Manier aus der eigenen Zone geschlagen hat. Doch wo ist die Scheibe gelandet? Da gehen die Meinungen auseinander. «Wir sind davon ausgegangen, dass sie gar nicht draussen war, und wenn doch, bei der Spielerbank rausging», sagt ZSC-Trainer Marco Bayer. «Doch ich kann es nicht beweisen.»
«Zwei von vier haben es anscheinend gesehen»
Das Schiedsrichter-Quartett berät sich lange und kommt zum Schluss, dass der Puck übers Plexiglas geflogen ist. Die Schiris verhängen eine 2-Minuten-Strafe, was sie schlecht kommunizieren, sodass sich Grant wieder zum Boxplay aufstellt, ehe er von einem Unparteiischen darauf hingewiesen wird, dass er auf der Strafbank Platz nehmen muss.
Wie hatten die Schiedsrichter den Entscheid gegenüber ZSC-Captain Patrick Geering begründet? «Zwei von vier haben anscheinend gesehen, dass die Scheibe glasklar rausgeflogen ist. Ich habe es nicht genau gesehen. Ich dachte, sie sei auf die Spielerbank. Doch es geht weiter.»
Grant ist nicht der Einzige, dem die Nerven durchbrennen. Nach Spielschluss beschwert sich Sven Andrighetto dermassen intensiv bei den Schiedsrichtern, dass er mit einer Spieldauerdisziplinarstrafe belegt wird. Um sicherzugehen, dass nicht noch weitere Spieler ausflippen, eilt Sportchef Sven Leuenberger bei Spielschluss von der Medientribüne runter auf die Bank.
Glauser verhöhnt Opfer Kukan
Die Grant-Szene ist nicht die einzige, die die Lions in Wallung bringt. Da ist auch noch der Kniecheck von Andrea Glauser gegen Nati-Kollege Dean Kukan kurz vor Ende des zweiten Drittels. Der Lausanne-Verteidiger kann dabei von Glück reden, dass er nur mit zwei und nicht mit fünf Strafminuten (plus Restausschluss) belegt wird, nachdem sich die Schiedsrichter die Szene lange auf dem Video angeschaut haben.
Glausers Strafe bleibt ohne Konsequenzen. Théo Rochette, der später ein drittes Mal trifft, schiesst Lausanne nach einem Bock von Mikko Lehtonen in Unterzahl in Führung. Erst am Sonntag wird nachträglich eine Spieldauerdisziplinarstrafe gegen Glauser ausgesprochen, was ihn 2500 Franken Busse kostet.
In der Schlussphase geraten die beiden WM-Silberhelden von Prag noch aneinander, und Glauser verhöhnt den ZSC-Verteidiger, als er humpelnd davon geht und damit signalisiert, dass Kukan simuliert habe. Später kommt es auch noch zu einem Techtelmechtel zwischen Damien Riat und Kukan, das beiden eine 10-minütige Disziplinarstrafe einbringt. Die davor sehr zahme Serie der Löwen ist lanciert. Jetzt brodelt es.
«Sind gut beraten, wenn wir uns auf uns fokussieren»
Sind die Zürcher der Meinung, dass sie benachteiligt wurden? «Darauf möchte ich gar nicht eingehen. Es gab sicher die eine oder andere Szene, in der man anders hätte entscheiden können», sagt Geering. «Doch jetzt geht es darum, was wir aus diesem Spiel machen. Wir müssen das abschütteln und weitergehen. Es ist sicher bitter, aber wir haben auch nicht unser bestes Spiel gezeigt.»
Auch Trainer Bayer gibt sich ruhig und will das Thema Schiedsrichter nicht weiterbearbeiten. «Es ist der Playoff-Final. Hoffentlich sind Emotionen da», sagt er zu Grants Explosion. «Die Schiedsrichter-Entscheide müssen wir akzeptieren. Ich glaube, wir sind gut beraten, wenn wir uns auf uns fokussieren.» Und wie hat er die Glauser-Kukan-Szene gesehen? «Aus meiner Sicht war es Knie auf Knie. Kukan will noch ausweichen, weil er sich ja schützen will», sagt er unaufgeregt.
Am Dienstag geht die Serie in Zürich weiter. Jetzt brennt der Final.