Auf einen Blick
Am Freitag verlor Tristan Scherwey (33), die Identifikationsfigur des SCB, nach der Niederlage gegen Zug (1:5) die Nerven. «Ich werde dich in der Stadt finden, ich werde dich finden. Schon am Zibelemärit warst du nahe», sagte er gemäss Rapport zu einem der Unparteiischen. Dabei muss es sich um den Berner Profi-Head Micha Hebeisen (36) gehandelt haben, da sich Scherwey in seiner Stellungnahme zuhanden des Einzelrichters explizit bei diesem entschuldigte. Er sei über sich selber enttäuscht, dass er sich diesen Aussetzer erlaubt habe.
Für seinen Fehltritt, der als Drohung eingestuft wurde, erhielt Scherwey zwei Spielsperren, wobei er eine bereits abgesessen hat.
Der Auslöser für den Unmut Scherweys dürfte ein Entscheid früh im ersten Drittel gewesen sein. Dabei hatten Hebeisen und sein finnischer Partner Mikko Kaukokari nach dem Video-Review entschieden, EVZ-Captain Jan Kovar nur mit zwei statt fünf Strafminuten für einen Crosscheck ins Gesicht von Scherwey (siehe Video oben) zu belegen. Der Tscheche, der vorzeitig unter die Dusche gehört hätte, schoss darauf zwei Tore.
Tapola legte sich mehrfach mit Schiedsrichtern an
Zusätzlich für Aufruhr sorgte ein Restausschluss gegen SCB-Verteidiger Louis Füllemann. Trainer Jussi Tapola reklamierte darauf nicht zum ersten Mal in dieser Saison heftig. Ob er dabei den Unparteiischen den Vogel zeigte oder nur Kovars Schlag gegen den Kopf mit einer Geste untermalen wollte, bleibt Interpretationssache.
In Davos (2:3) hatte Tapola getobt, als Kaukokari, der vor zwei Jahren schon vom damaligen ZSC-Coach Marc Crawford beschimpft worden war, Scherwey für einen Bandencheck gegen Yannick Frehner eine 5-Minute-Strafe aufgebrummt hatte.
Auch am Samstag in Fribourg (1:2 n.V.) lagen die Nerven zuweilen blank. So prügelte Abwehrchef Patrik Nemeth auf Simon Seiler ein, nachdem ihn der Gottéron-Verteidiger in den Schwitzkasten genommen hatte.
Schon vor Scherwey hatten sich diese Saison SCB-Spieler mit Unparteiischen angelegt. Mitte Dezember wurde Stürmer Thierry Schild (20) für ein Spiel gesperrt, weil er nach der Pausensirene bei einer Auseinandersetzung mit Fribourg-Stürmer Lucas Wallmark einen Linesman gestossen hatte.
Moser bekam eine Spieldauerdisziplinarstrafe nach Spielschluss
Nach dem gleichen Spiel, in dem die Berner in der Endphase einen Zwei-Tore-Vorsprung verspielt und in der Verlängerung 3:4 verloren hatten, handelte sich Ex-Captain Simon Moser (35) noch eine Spieldauerdisziplinarstrafe wegen «unsportlichem Verhalten gegenüber Offiziellen» ein. Und der erboste Goalgetter Waltteri Merelä musste zurückgehalten werden, weil er den Schiedsrichtern die Meinung geigen wollte. Der Grund für den Zorn? Dem Overtime-Tor von Ryan Gunderson war ein Zweikampf an der Bande zwischen Christoph Bertschy und SCB-Flügelrakete Marco Lehmann vorangegangen. Nichts Wildes. Doch Moser sagte: «Marco hat geblutet. Es muss also etwas gewesen sein.»
Vier Spiele in Serie hat der SCB nun verloren. Und schon bei den ersten Partien des Jahres konnte Tapola mit den Leistungen nicht zufrieden sein. Der Finne trimmt sein Team darauf, sich im Hinblick auf die Playoffs zu steigern. Doch derzeit haben die Berner Ruhe und Souveränität verloren. Sie halten sich nicht nur mit den Schiedsrichtern und Gegnern auf, sondern leisten sich zu viele Fehler im Umgang mit dem Puck.
Die Unruhe im Team könnte auch mit der Ausländer-Situation zu tun haben. Im November wurde bekannt, dass Nemeth (zu Fribourg) und NL-Topskorer Austin Czarnik (zu Lausanne) den Klub Ende Saison verlassen werden. Als Nachfolger des US-Stürmers wurde Klotens Miro Aaltonen für zwei Jahre unter Vertrag genommen. Inzwischen ist der Finne in einer Dopingkontrolle hängengeblieben, wurde vorsorglich gesperrt und gab zu, dass er im Ausgang verbotene, aber nicht leistungsfördernde Substanzen zu sich genommen hatte. Sein Vertrag in Kloten wurde darauf vorzeitig aufgelöst. Ob der SCB von seiner Verpflichtung Abstand nimmt, wird sich weisen, wenn das Urteil von Swiss Sport Integrity vorliegt.
SCB bekommt es jetzt zweimal mit Lausanne zu tun
Im November kehrte auch Stürmer Dominik Kahun nach einem Handbruch von einer zweimonatigen Pause zurück, und mit Verteidiger Lukas Klok wurde ein Ersatz für Anton Lindholm (Saisonende) geholt. Seither musste Tapola meist wieder einen Ausländer auf die Tribüne schicken. Siebenmal erwischte es Nummer-1-Goalie Adam Reideborn, sodass der künftige Ambri-Keeper Philip Wüthrich zum Zug kam, zweimal dessen schwedischer Landsmann Victor Ejdsell und je einmal Kahun und Klok. Dies sowie die Verletzung von Nati-Stürmer Lehmann und die Sperren gegen Czarnik (Stockstich), Schild und Scherwey haben immer wieder zu Umstellungen geführt.
Die unruhige Phase und das Tief könnten dem SCB auch helfen, im Hinblick auf die Playoffs weiterzuwachsen. Doch gleichzeitig beträgt der Vorsprung auf Platz 7 und Fribourg nur noch sieben Punkte und man trifft am Mittwoch und am Freitag zweimal auf Leader Lausanne, wo die Nerven erneut strapaziert werden könnten. Ein Strichkampf bis zum Ende könnte im explosiven Umfeld des SCB nach bisher positivem Saisonverlauf für Zündstoff sorgen.