Mit Hin- und Rückspiel duellieren sich Bern und Lugano an diesem Wochenende gleich zweimal. Es geht dabei nicht um die Vormachtstellung in der Liga, sondern um wichtige Punkte im Kampf um die direkte Playoff-Qualifikation. Unvergessen bleibt jedoch, als diese beiden Vereine in den 80er- und 90er-Jahren das Mass aller Dinge waren und ihre Duelle das ganze Land in den Bann zogen. Zu verdanken war dies John Slettvoll und Bill Gilligan.
Alles beginnt 1984. Der 39-jährige John Slettvoll wird neuer Trainer in Lugano – nach Jahren als Headcoach (u.a. bei Skelleftea) in der höchsten schwedischen Liga suchte er eine neue Herausforderung. Seine Verpflichtung nimmt Präsident Geo Mantegazza (95) persönlich in die Hand. «Bis nachts um drei Uhr sassen wir zusammen», erinnert sich Slettvoll an das erste persönliche Gespräch in Schweden zurück. Anschliessend reist er für weitere Gespräche nach Lugano. «Ich hatte meiner Frau versprochen, nichts zu unterschreiben. Doch als ich zurückkehrte, hatte ich trotzdem den bereits unterschriebenen Vertrag im Gepäck», erzählt die schwedische Trainerlegende mit einem Lächeln.
Gilligan kommt – Slettvoll kriegt Konkurrenz
Trotzdem rechnet Slettvoll mit einem eher kurzen Intermezzo im Südtessin, denn die Qualität des Schweizer Eishockeys überzeugt ihn zunächst überhaupt nicht. Doch es entsteht zwischen ihm und Lugano eine tiefe Verbundenheit, und so werden insgesamt 15 Jahre daraus. Der Nordländer beschert dem Klub die erfolgreichsten Jahre seiner Geschichte. Auf den ersten Meistertitel 1986 lässt er zwei weitere folgen, erhält den Übernamen «Magier», und sein Team wird zum «Grande Lugano».
Doch dann präsentiert der SC Bern 1988 den vierfachen österreichischen Meistertrainer Bill Gilligan als neuen Trainer. Mit dem damals 34-jährigen US-Amerikaner beginnt eine neue Zeitrechnung. «Ich hatte grosses Glück, dass ich diese Position übernehmen konnte, obwohl ich sehr jung war. Die Ausgangslage und das Timing waren optimal», so Gilligan. Mit ihm in Bern hat Lugano plötzlich einen Herausforderer. «Das war gut so, denn sonst wäre es uninteressant geworden. Diese neue Konkurrenzsituation war auch wichtig für die Entwicklung des Schweizer Eishockeys und hat die Nati besser gemacht», sagt Slettvoll. Der SCB holt mit Wundertrainer Gilligan den Titel 1989, Slettvolls Lugano schlägt 1990 zurück, Bern triumphiert 1991 und 1992.
Und alle schauen auf Gilligan und Slettvoll. Diese grossen, unterschiedlichen Trainerpersönlichkeiten. Hier der exzellente amerikanische Psychologe, dort der grosse schwedische Stratege. Die sich duellieren und auch mal fetzen. Unvergessen ist, wie sie 1989 in einer Drittelpause aneinandergeraten, fast handgreiflich werden. «Bill hat sich beim Schiedsrichter beschwert, und da habe ich ihn angegangen, er soll sich doch auf die Leistung seines Teams konzentrieren. Worauf er zu mir sagte, ob ich denke, dass ich der Mister Schweizer Eishockey sei», so Slettvoll, der heute lachen kann, wenn er daran zurückdenkt. Als Gilligan diese Ausführungen seines früheren Gegenspielers hört, muss auch er schmunzeln: «John hat das bessere Gedächtnis als ich, so genau kann ich mich nicht mehr erinnern. Aber es ist gut möglich, dass ich nicht sehr nett war.»
Trotzdem war der gegenseitige Respekt stets gross. Und deshalb will Slettvoll, als er 1992 im Nebenamt die Nati übernimmt, unbedingt Gilligan als Co-Trainer. «Dadurch habe ich Bill dann auch als Menschen enorm schätzen gelernt. Wir haben das als Duo auf Augenhöhe zusammen gemacht», sagt der Schwede. «Wir hatten viel gemeinsam, einen ähnlichen Humor und auch viel zusammen gelacht. Ich habe nur gute Erinnerungen an John», ergänzt Gilligan. Sensationell zieht die Nati mit dem spektakulären Gespann in der damaligen Tschechoslowakei in die WM-Halbfinals ein.
Der gemeinsame Abstieg als Fleck im Reinheft
Ein Jahr später dann der Schock. Die Nati steigt an der WM in Deutschland ab. Dieses Mal mit vertauschten Rollen, Gilligan als Headcoach und Slettvoll als Co-Trainer. «Die Kommunikation zwischen uns war beim zweiten Mal nicht optimal, da haben wir beide keine gute Arbeit gemacht», sagt Slettvoll. Und Gilligan? «Die Schuld dafür nehme ich voll auf mich. Einige Entscheidungen, die ich als Headcoach getroffen habe, waren nicht gut. John kann da nichts dafür.» Diese Schmach ist für beide so etwas wie der Fleck im Reinheft. Miteinander im Reinen sind sie, wie ihre heutigen Aussagen zeigen, trotzdem.
So unterschiedlich Gilligan und Slettvoll sind, so haben sie auch viele Gemeinsamkeiten. Was sie auch selbst immer wieder betonen. Beide sind in die Schweiz gekommen und haben das hiesige Eishockey revolutioniert. Beide sind inzwischen wieder dorthin zurückgekehrt, wo sie ursprünglich hergekommen sind. Slettvoll ins nordschwedische Umea, Gilligan nach Beverly bei Boston. Und beide sind mittlerweile zwar längst im Pensionsalter, aber noch immer in bester Verfassung, sehen viel jünger aus als 79 (Slettvoll) und 69 (Gilligan).
«Dass ich stets mit jungen Leuten arbeiten konnte, hat mich jung gehalten», sagt Gilligan. So hält er es auch heute noch – gelegentlich kümmert er sich an einer Schule um schwer erziehbare Kinder. «Ich sage immer, dass ich alt geboren wurde», erklärt Slettvoll derweil scherzhaft, der sich durch Sport und andere Aktivitäten fit hält. «Heute habe ich vier Stunden Schnee geschaufelt», berichtet er. In der Schweiz war er zuletzt im Dezember, als er vom HC Lugano in die Hall of Fame aufgenommen wurde. «Das war fantastisch», sagt er begeistert. Gilligans letzte Reise in die Schweiz liegt schon mehrere Jahre zurück, «doch ich habe gerade kürzlich gesagt, dass ich bald mal wieder kommen möchte – bevor es dann irgendwann zu spät ist».
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Lausanne HC | 31 | 12 | 59 | |
2 | ZSC Lions | 28 | 31 | 58 | |
3 | HC Davos | 32 | 25 | 58 | |
4 | SC Bern | 31 | 18 | 55 | |
5 | EHC Kloten | 32 | -1 | 54 | |
6 | EV Zug | 30 | 20 | 49 | |
7 | SCL Tigers | 30 | 4 | 44 | |
8 | EHC Biel | 30 | 2 | 42 | |
9 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 32 | -11 | 42 | |
10 | HC Ambri-Piotta | 31 | -18 | 41 | |
11 | HC Fribourg-Gottéron | 31 | -12 | 39 | |
12 | Genève-Servette HC | 28 | -3 | 36 | |
13 | HC Lugano | 30 | -23 | 36 | |
14 | HC Ajoie | 30 | -44 | 26 |