Lugano-CEO Werder im Krisen-Interview
«Es hat sicher ein paar Spieler, die nicht glücklich sind»

Peinliche Pleiten, nur Rang 13, die Fans streiken. Der HC Lugano ist im Krisenmodus, hält aber weiter an Trainer Luca Gianinazzi fest. Wie lange noch? CEO Marco Werder (52) nimmt zum Tiefflug Stellung.
Publiziert: 04.12.2024 um 12:37 Uhr
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Marco Werder ist seit 2019 CEO des HC Lugano.
Foto: TOTO MARTI

Auf einen Blick

  • «Was am Mittwoch nach dem Spiel sein wird, werden wir dann anschauen»
  • «Ob wir die Saison in den Sand gesetzt haben, wissen wir erst Ende Saison»
  • «Gianinazzi hat alle Qualitäten, um aus dieser Situation herauszukommen»
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Marcel AllemannReporter Eishockey

Marco Werder, was ist los mit dem HC Lugano? Wie kann man mit einer solchen Mannschaft derart tief fallen?
Es ist die Konsequenz aus verschiedenen Gründen. Wir sind gut in diese Saison gestartet und auch die Spielweise war okay. Danach kamen Verletzungen dazu und die schlimmsten für die Strategie, wie die Mannschaft aufgebaut ist, waren diejenigen der Goalies Schlegel und Van Pottelberghe. Von diesem Zeitpunkt mussten wir anfangen, zu flicken, und als wir am Flicken waren, fiel unser Spiel zusammen und als Nächstes ging das Selbstvertrauen verloren. Jetzt befinden wir uns in einer Negativspirale, aus der wir wieder herausfinden müssen.

In einer solchen Situation muss im Leistungssport jeweils der Trainer gehen. Doch Ihr haltet bis jetzt standhaft an Luca Gianinazzi fest. Weshalb?
Weil wir überzeugt sind, dass er ein guter Trainer ist. Als wir ihn als Trainer unter Vertrag genommen haben, war er 29-jährig. Und natürlich war uns bewusst, dass irgendwann eine Krise kommen wird. Jetzt ist sie da und wir versuchen, ihm zu helfen, aus dieser herauszukommen.

Einerseits bekommt Ihr Bewunderung, dass Ihr einen jungen Trainer derart stützt. Andererseits gibt es auch viel Kopfschütteln. Wie erleben Sie das persönlich?
Genauso, wie Sie es beschreiben. Aber für uns steht nicht im Zentrum, was von extern hereingetragen wird, sondern das, woran wir glauben, in welche Richtung wir diese Organisation weiterentwickeln wollen. Jetzt versuchen wir mal einen anderen Weg als den klassischen und schauen, wie wir uns da durchkämpfen und aus der Krise finden. Vielleicht ist das eine wertvolle Erfahrung.

Oder seid Ihr einfach stur? Letztlich zu stur?
Das wird sich dann herausstellen. Aber von etwas überzeugt zu sein, ist besser, als stur zu sein.

Marco Werder persönlich

Der 52-jährige Marco Werder ist der Sohn Deutschschweizer Eltern, aber im Tessin aufgewachsen. Der frühere Stürmer durchlief die Junioren-Abteilung des HC Lugano und schaffte es bis in die erste Mannschaft. 1993 zog er in die Deutschschweiz aus, wo er studierte und für Rappi sowie Chur spielte. Nach seinem Rücktritt als Spieler und seiner Rückkehr ins Tessin hat er in der Privatwirtschaft mehrere Firmen (Kommunikation, PR) gegründet und geführt. Seit 2019 ist er CEO des HC Lugano. In seiner Amtszeit ist der sich seit Oktober 2022 im Amt befindende Luca Gianinazzi der vierte Trainer nach Sami Kapanen, Serge Pelletier und Chris McSorley.

Der 52-jährige Marco Werder ist der Sohn Deutschschweizer Eltern, aber im Tessin aufgewachsen. Der frühere Stürmer durchlief die Junioren-Abteilung des HC Lugano und schaffte es bis in die erste Mannschaft. 1993 zog er in die Deutschschweiz aus, wo er studierte und für Rappi sowie Chur spielte. Nach seinem Rücktritt als Spieler und seiner Rückkehr ins Tessin hat er in der Privatwirtschaft mehrere Firmen (Kommunikation, PR) gegründet und geführt. Seit 2019 ist er CEO des HC Lugano. In seiner Amtszeit ist der sich seit Oktober 2022 im Amt befindende Luca Gianinazzi der vierte Trainer nach Sami Kapanen, Serge Pelletier und Chris McSorley.

Kritiker sagen, dass Ihr diese Saison mutwillig in den Sand setzt und nichts unternehmt.
Die Mannschaft ist zum heutigen Zeitpunkt nicht dort, wo sie sein sollte. Das sind wir uns bewusst und macht uns nicht glücklich. Aber grundsätzlich muss man sich irgendwann aus verschiedenen Möglichkeiten für einen Weg entscheiden. Und mit dem Glauben an diesen versuchen, diese Saison zurechtbiegen zu können. Ob wir so die Saison in den Sand gesetzt haben oder nicht, lässt sich dann Ende Saison beurteilen, aber nicht zum jetzigen Zeitpunkt.

Demnach darf Gianinazzi am Mittwoch auch das Heimspiel gegen Rappi verlieren, ohne dass er Konsequenzen zu befürchten hat?
Was am Mittwoch geschieht, schauen wir am Mittwoch an. Am Mittwoch haben wir einen Match und unser Fokus gilt diesem und daneben versuchen wir in der Gegenwart zu leben. Was nach dem Spiel sein wird, werden wir zu jenem Zeitpunkt anschauen. Aber grundsätzlich gilt: Wenn wir uns für einen Plan entschieden haben, dann versuchen wir auch, an diesem festzuhalten.

Und wenn diese Woche alles schiefläuft? Kommt es dann während der Nati-Pause zur branchenüblichen Neubeurteilung der Situation?
Sie fragen mich Sachen! Nochmals: Wir haben einen Trainer, der ist bei uns gross geworden und derzeit 31 Jahre alt ist. Wir werden unser Möglichstes tun, um ihm zu helfen, diese Krise zu bewältigen, damit er mit seiner Mannschaft wieder auf den richtigen Weg kommt.

Wie sieht diese Hilfe denn aus? Von Aussen gewinnt man den Eindruck, dass Ihr tatenlos zuschaut, wie Lugano untergeht.
Dass dem nicht so ist, kann ich garantieren! Es ist sehr viel Arbeit in diesen Tagen. Es gibt sehr viele Gespräche, sehr viele Analysen, sehr viele Sachen, bei denen wir schauen, was wir besser machen können und wie wir helfen können.

Weshalb sind Sie so sehr von Luca Gianinazzi überzeugt?
Aus vielen verschiedenen Gründen. Erstens ist er ein Hockey-Angefressener, der über ein riesiges Hockey-Know-How verfügt. Weiter ist er sehr lernfähig, kennt unseren Klub in- und auswendig, genauso wie die Kultur um unseren Klub. Das sind alles Qualitäten, die ihm helfen werden, aus dieser Situation herauszukommen. 

Man hört aber auch munkeln, dass er einen Teil der Mannschaft in der Garderobe schon verloren habe.
Das sagen Sie.

Haben Sie eine andere Wahrnehmung?
Ich habe dieses Gefühl nicht. In unserer Mannschaft hat es sicher ein paar Spieler, die nicht glücklich sind, so wie das in jeder Mannschaft der Fall ist. Aber das ist auch schon alles.

Und was macht Ihr mit diesen Spielern? Diese werden oft gerade in solchen Situationen zum Problem.
Solche Dinge sollten teamintern gelöst werden. Für mich, von meinem Büro aus, ist das noch relativ schwierig, zu sehen, was da genau abgeht. Aber auch daran arbeiten wir, dass es in der Garderobe so funktioniert, dass die Spieler es in Ordnung bringen, wenn sie das Gefühl haben, dass jemand nicht das tut, was er tun sollte. So, wie es in jeder gesunden Garderobe ist. 

Gleichzeitig steigt aber auch der Druck von Aussen. Die Fans haben im letzten Heimspiel gegen Fribourg aus Protest gegen die Leistungen 10 Minuten gestreikt und ihr musstet wegen der Missstimmung die geplante Ehrung für Régis Fuchs kurzfristig absagen. Das sind doch unhaltbare Zustände!
Es ist unangenehm, ganz klar. Vor allem für unsere Fans. Wir sind nicht zufrieden mit unserer derzeitigen Position, ganz bestimmt nicht. Aber wir müssen mit solchen Dingen auch umgehen können.

Was erhalten Sie für Feedback von den Sponsoren?
Viele sind enttäuscht, das ist klar und dies ist auch ihr gutes Recht. Zu einem grossen Teil verstehen sie aber die Richtung, die wir eingeschlagen haben und wir bekommen auch Unterstützung dafür, dass wir am Plan festhalten.

National League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
HC Davos
HC Davos
29
31
57
2
ZSC Lions
ZSC Lions
26
31
55
3
Lausanne HC
Lausanne HC
28
2
50
4
SC Bern
SC Bern
28
18
49
5
EHC Kloten
EHC Kloten
29
-5
47
6
EV Zug
EV Zug
28
19
46
7
EHC Biel
EHC Biel
28
4
40
8
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
28
-11
39
9
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
29
-6
39
10
SCL Tigers
SCL Tigers
27
1
38
11
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
26
1
36
12
HC Lugano
HC Lugano
27
-22
33
13
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
29
-20
33
14
HC Ajoie
HC Ajoie
28
-43
23
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