Leidenszeit wegen Gehirnerschütterung von Nati-Star Gaëtan Haas
«Ich wollte beweisen, dass es mir gut geht und habe mich selbst belogen»

Mehr als drei Monate ist es her, seit Gaëtan Haas letztmals spielen konnte. Der Nati-Star und Captain des EHC Biel hat eine schwere Gehirnerschütterung erlitten und dunkle Zeiten durchgemacht.
Publiziert: 13:32 Uhr
|
Aktualisiert: 15:09 Uhr
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Gaëtan Haas hat in dieser Saison erst fünf Spiele bestritten.
Foto: Getty Images

Auf einen Blick

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Grégory Beaud

Es war ein Ellbogencheck von Dario Allenspach (22), der ihn Sterne sehen liess. «In diesem Moment hatte ich nicht das Gefühl, dass es so schlimm sein könnte», erzählt Gaëtan Haas (32). Aber die Charge des Langnau-Stürmers hat Spuren hinterlassen. Die Diagnose war klar: Gehirnerschütterung. Und dass der Heilungsverlauf unberechenbar ist, das ist bekannt.

Der Captain des EHC Biel befindet sich mitten im Kampf mit sich selbst, die Ungeduld nagt an ihm. «Aber ich bin sicher, dass mir diese Erfahrung später helfen wird, sei es im Eishockey oder in meinem Alltag», sagt der 32-Jährige. Obwohl er gelassener geworden und heute bereit ist, zu akzeptieren, dass nicht alles so schnell geht, wie er es sich wünscht, war das nicht immer der Fall. Eine Reise nach Mallorca hat zur Wende geführt.

Blick: Gaëtan Haas, wie geht es Ihnen?
Gaëtan Haas: Im normalen Leben mittlerweile gut. Ich hatte Mitte November wirklich einen grossen Durchhänger. Mental ging es mir da nicht gut, aber jetzt ist es viel besser. Mein mentaler Zustand ist gut, mein Leben ausserhalb des Eishockeys läuft wieder mehr oder weniger. Auf sportlicher Ebene klemmt es noch, auch wenn ich Fortschritte mache. Ich fange an, positive Dinge zu sehen, sowohl kurz- als auch langfristig.

Woran lag es, dass es Ihnen nicht so gut ging?
Ich denke, ich habe mir am Anfang nicht genug Zeit für mich genommen. Ich wollte so schnell wie möglich zurück, so wie ich es in meiner Karriere immer getan habe. Ich habe gepusht und gepusht, bis ich gegen eine Wand gelaufen bin. Dort merkte ich, dass etwas nicht stimmt, dass selbst mein Alltag nicht mehr normal war. Ich musste Entscheidungen treffen und mir Hilfe von den richtigen Leuten holen. Ein oder zwei Wochen lang war es kompliziert, aber danach ging es mental wieder bergauf. Dank meiner Familie, meinem Team und meiner Frau habe ich wieder ein Gleichgewicht gefunden.

Gaëtan Haas Persönlich

Gaëtan Haas ist der Captain und die Integrationsfigur des EHC Biel und ein Schlüsselspieler der Nationalmannschaft. Der 32-jährige Seeländer ist ein zweifacher Silberheld, sowohl 2018 als auch zuletzt 2024 stand er mit der Nati im WM-Final. Von 2019 bis 2021 spielte Haas auch in der NHL, für die Edmonton Oilers bestritt er 95 Spiele, ehe er in die Schweiz zurückkehrte.

Gaëtan Haas ist der Captain und die Integrationsfigur des EHC Biel und ein Schlüsselspieler der Nationalmannschaft. Der 32-jährige Seeländer ist ein zweifacher Silberheld, sowohl 2018 als auch zuletzt 2024 stand er mit der Nati im WM-Final. Von 2019 bis 2021 spielte Haas auch in der NHL, für die Edmonton Oilers bestritt er 95 Spiele, ehe er in die Schweiz zurückkehrte.

Wie hat es sich bemerkbar gemacht, dass Ihr Alltag nicht mehr normal war?
Ich habe zu früh wieder angefangen. Nach einer Woche zu Hause war ich schon wieder auf dem Fahrrad. Ich bin wieder aufs Eis gegangen und habe allein während drei Wochen mit dem Assistenztrainer gearbeitet. Ich wollte mir selbst beweisen, dass es mir gut geht, aber die Symptome waren da und ich glaube, dass ich mich selbst belogen habe. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht einmal mehr, was es bedeutete, ein normales Leben zu führen. Ich stellte mir ständig Fragen: Kann ich gut sehen? Habe ich Kopfschmerzen? Bin ich davon müde? Ich war von diesen Fragen besessen und kam nicht weiter.

Können Sie heute wieder definieren, was es bedeutet, ein normales Leben zu führen?
Ja, wenn du dir diese Fragen nicht mehr stellst, geht es dir besser. Ich habe viel an mir gearbeitet. Ich stelle mir diese Fragen nicht mehr im Alltag. Aber wenn ich Sport treibe, kommen sie wieder, denn das ist Teil des Protokolls: Die Physiotherapeuten fragen dich immer, ob die Symptome nach einer bestimmten Übung stärker werden.

Gab es einen Moment, in dem Sie sich gefragt haben, ob Sie je wieder spielen können?
Absolut, diese Frage habe ich mir gestellt. Aber ich habe gelernt, dass sie nichts nützt, solange man sie nicht beantworten kann. Kevin Lötscher, den ich angerufen habe, hat mir etwas sehr Wichtiges und Richtiges gesagt: Solange du nicht vor vollendete Tatsachen gestellt wirst, warum stellst du dir diese Frage? Das zieht dich nur runter. Ich habe damit aufgehört und seitdem geht es mir besser.

Sie haben den Moment erwähnt, als Sie mental zusammengebrochen sind. Können Sie uns mehr davon erzählen?
Das war ein Tag, an dem ich in die Eishalle kam und sagte: «Ich muss gehen, sonst wird es schlimm enden.» Da habe ich eine unglaubliche Unterstützung von allen bekommen. Niemand hat mir Fragen gestellt. Alle haben gesagt: «Okay, hau ab». (lacht) An diesem Freitag fuhren meine Frau und ich nach Sevilla, um dort das Wochenende zu verbringen. Ich war wie ein Geist, aber es hat mir geholfen. Danach fuhr ich wieder weg, für drei Tage allein. Das war eine Premiere für mich. Mein Mentaltrainer, der auch Psychiater ist, hat mich dazu gedrängt, obwohl mir das zunächst nicht gepasst hat. Während dieser drei Tage beachtete ich mein Handy nicht, dachte nach, rief Menschen an, die mir wichtig sind, und las Kevins Lötschers Buch «Eiszeit: Der Spieler bist du.» Das hat mir geholfen, mich neu zu fokussieren.

Wo sind Sie für diese drei Tage hingefahren?
Nach Mallorca. Es war ein bisschen improvisiert. Ich habe einen Ort gewählt, an dem ich vor zwei Jahren schon einmal mit meiner Frau war, um nicht völlig im Ungewissen zu sein. Die drei Tage taten mir sehr gut. Ich beschloss, mich so weit wie möglich von allem abzuschotten, um mit mir selbst allein zu sein. Als ich zurückkam, intensivierte ich die Sitzungen mit meinem Mentaltrainer.

Heute sagen Sie, dass Sie das Ende des Tunnels sehen. Was bedeutet das konkret?
Wenn ich an den Zustand denke, in dem ich mich vor zwei Monaten befunden habe, sehe ich, dass ich schon einen weiten Weg zurückgelegt habe. Mich im normalen Leben wohlfühle, meine Prioritäten überdenke. Früher habe ich zwar an meine Gesundheit gedacht, ihr aber nicht wirklich den Platz eingeräumt, den sie verdient. Jetzt weiss ich, dass es ohne Gesundheit keinen Sinn macht, zurückzukommen. Ich habe weniger Symptome und kann wieder etwas mehr Sport treiben. Ich nähere mich langsam dem Zeitpunkt, an dem ich wieder allein auf dem Eis stehen kann.

Haben Sie ein Datum für Ihre Rückkehr?
Nein, damit habe ich aufgehört. Am Anfang habe ich das ständig getan, aber das hat nur Druck ausgelöst. Niemand hat mich unter Druck gesetzt, zurückzukommen, aber ich wollte dem Team helfen und meine Rolle als Captain ausüben. Schliesslich merkte ich, dass ich mich selbst zu sehr unter Druck setzte.

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