Es waren einmal zwei Freunde. So könnte manche Geschichte beginnen. Bei jener des neuen ZSC-Spielers Rudolfs Balcers (26) ist es das erste Kapitel des Hockey-Märchens eines jungen Letten. Und er erzählt sie gerne – auch weil es ihm wieder vor Augen führt, wie seine Karriere dadurch verlaufen ist.
Rudolfs Balcers und Maksims Ponomarenko (26). Das sind die Namen der beiden Freunde, die gemeinsam aufwuchsen und Hockey spielten in Liepaja, einer Hafenstadt an der Ostsee im Westen Lettlands. Die Teenager hatten keine grosse Perspektive, um in ihrer Heimat Profi-Spieler zu werden, «es war eine schwierige Situation», sagt Balcers dazu nur.
Ponomarenkos Vater arbeitete damals als Fischer in Norwegen und sagte den Jungs, dass es da Klubs mit guten Nachwuchs-Abteilungen gebe. Die beiden Junioren fragten kurzerhand bei Lorenskog nach, ob es für sie eine Möglichkeit gebe, dort zu spielen. Der Vorschlag des Klubs: Das U14-Team von Lorenskog nahm 2011 am bekannten Riga Hockey Cup, einem grossen Nachwuchsturnier, teil. Balcers und Ponomarenko durften bei ihnen probehalber auflaufen. Das Duo hinterliess offenbar einen bleibenden Eindruck.
Denn wenig später packten die beiden Teenager ihre Siebensachen und zogen nach Norwegen. «Zunächst wohnten wir bei einem Teambetreuer, bis Max’ Familie nachkam», erinnert sich Balcers. «Wir waren so jung, dachten einfach, es wäre ein cooles Abenteuer.» Auch seine eigenen Eltern wanderten für seinen Hockey-Traum nach Norwegen aus.
Vom Draft überrascht
Balcers blieb nur zwei Saisons in Oslo bei Lorenskog, ihn zog es danach weiter nach Stavanger zum bekanntesten Klub des Landes. Bereits als 17-Jähriger debütierte er bei den Oilers in der Eliteserien und absolvierte zwei Matches. Ein Jahr später dann praktisch die ganze Saison – innerhalb von vier Jahren wurde aus dem lettischen Teenie ein Hockey-Profi. Während Ponomarenko auch heute noch in Norwegen spielt, nahm die Karriere seines Freundes Balcers Schwung in eine andere Richtung auf.
Der Draft. Dieses Kapitel seiner Geschichte sorgt beim Flügelstürmer immer noch für ungläubiges Kopfschütteln. «Ich weiss heute noch nicht, wie die Scouts überhaupt auf mich aufmerksam wurden», sagt er, vermutlich aber an der U18-WM. Dass die NHL schon immer sein Traum gewesen ist, dieser Plattitüde bedient sich der offenherzige Balcers nicht. «Klar habe ich NHL-Spiele geschaut, aber hey, ich spielte in Norwegen.» Noch nicht viele NHL-Spieler seien dort entdeckt worden.
Deshalb kam der Anruf für ihn im Sommer 2015 total überraschend. «Ich war mit meiner Freundin Ingrid und deren Familie in Spanien in den Ferien, als mein Handy klingelte und ich die Nummer eines Landes sah, aus dem ich noch nie angerufen worden bin.» Am Apparat: Der General Manager der San Jose Sharks, der ihm stolz mitteilte, dass man ihn in der fünften Runde gedraftet habe. Balcers brach die Ferien ab und reiste nach Nordamerika.
Die Kehrseite der NHL
Doch der sympathische Lette lernte auch die Kehrseite der glamourösen NHL kennen. Ihm setzte der Umgang mit ihm zu. «Die letzten Jahre waren hart. Es fühlte sich einfach nur wie ein Business an.» Nach einer Saison in der AHL bei den San Jose Barracuda und einem guten Camp der Sharks wurde ihm am Telefon mitgeteilt, dass er als Teil des grossen Erik-Karlsson-Trades nach Ottawa (51 Spiele) wechseln muss. «Das war ein Schock. Ich hörte viel von Trades, dachte aber nicht, dass es mich mal betrifft.»
Die Sharks (102 Spiele) holten ihn 2021 nochmals zurück, nur um ihn nach seiner besten Saison auf die Waivers zu setzen, wo ihn sich 2022 die Florida Panthers schnappten. Die letzte Saison habe für ihn nur etwas Gutes gehabt: «Die WM-Bronzemedaille mit Lettland. Mein Karriere-Highlight.»
Doch auch sein Abstecher nach Ottawa hatte etwas Positives. Dort spielte er unter Marc Crawford (62), der zuerst Assistenz- und 2019 dann Headcoach der Senators war. Und heute sein Coach in Zürich sowie der Hauptgrund ist, dass er bei den ZSC Lions gelandet ist. Hier hat Balcers den Tritt schon bestens gefunden. «Ich bin glücklich mit meiner Leistung.» Aber? «Ich habe noch so viel Potenzial.»
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | HC Davos | 29 | 31 | 57 | |
2 | ZSC Lions | 26 | 31 | 55 | |
3 | Lausanne HC | 28 | 2 | 50 | |
4 | SC Bern | 28 | 18 | 49 | |
5 | EHC Kloten | 29 | -5 | 47 | |
6 | EV Zug | 28 | 19 | 46 | |
7 | EHC Biel | 28 | 4 | 40 | |
8 | HC Ambri-Piotta | 28 | -11 | 39 | |
9 | HC Fribourg-Gottéron | 29 | -6 | 39 | |
10 | SCL Tigers | 27 | 1 | 38 | |
11 | Genève-Servette HC | 26 | 1 | 36 | |
12 | HC Lugano | 27 | -22 | 33 | |
13 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 29 | -20 | 33 | |
14 | HC Ajoie | 28 | -43 | 23 |