Irgendwie passt Hans Kossmann hinter der Trainerbank im Hallenstadion nicht so ganz ins gewohnte Bild. Die letzten Trainer der ZSC Lions standen allesamt für den Glanz der grossen Eishockeywelt: Die hartgesottenen Kanadier Bob Hartley und Marc Crawford mit der mondänen Ausstrahlung von Stanley-Cup-Gewinnern, gefolgt vom mehrfach dekorierten schwedischen Technik- und Taktiktüftler Hans Wallson.
Die Ansprüche sind hoch. Hans Kossmann hat aber keine Titel vorzuweisen, keine Spurenelemente von NHL oder Schweden. Bevor er am 29. Dezember 2017 bei den ZSC Lions als Trainer auf Zeit eingestellt wird, renoviert er in Kanada Häuser.
1985 kommt er als 23-Jähriger erstmals ins Land, nachdem ein Agent per Annonce in der «Swiss Canadian Revue» Eishockeyspieler mit Schweizer Wurzeln gesucht hatte.
Schlittschuhlaufen als Manko
In Genf geht nach drei Monaten das Geld aus, Kossmann kehrt nach Kanada zurück und plant eine Karriere als Geometer. Mit 18 erklärt er den Sport zur Nebensache und konzentriert sich auf die Schule. Die Möglichkeit, in der alten Heimat seines Vaters Eishockey zu spielen, verliert aber nie ganz den Reiz.
Bereits ein Jahr später kommt die nächste Anfrage. Diesmal ist es Andy Murray, eben beim EVZ als Trainer angestellt, der seinem Landsmann einen Job vermittelt. Beim Küssnachter SC in der zweiten Liga. Der Präsident des Klubs, der Gewürzhändler John Carl Fridlin aus Zug, verschafft Kossmann eine Wohngelegenheit und einen Arbeitsplatz in der Abfüllerei seines Unternehmens, ein paar Mal kann er auch mit dem EVZ trainieren.
Mit dem Sohn des Präsidenten, Peter Fridlin, spielt Kossmann ein paar Jahre später beim EHC Bülach. Fridlin als Torhüter, Kossmann als Stürmer. «Hans war auf dem Eis der gleiche ehrliche Arbeiter wie in der Abfüllerei.» Der Kontakt zwischen den beiden besteht heute noch.
Ein Filigrantechniker ist Kossmann nie. Mit dem Schlittschuhlaufen liefert er sich einen permanenten Abnützungskampf, eine Schwäche, die er durch Einsatz und typisch kanadische Abschlussstärke kompensiert. Für Bülach erzielt er in der NLB in 88 Spielen 64 Tore. In die höchste Liga schafft es Kossmann trotzdem erst, als er das für ihn tückische Schlittschuhlaufen bleiben lässt.
«Wunderbare Jahre» mit Vulkan McSorley
Seine Trainerlaufbahn beginnt in Ajoie und führt in über Luzern, Biel, Fribourg und Sierre schliesslich zurück nach Genf. Chris McSorley, eben als Schweizer Statthalter des US-Sportmultis «Anschutz Entertainment Group» bestellt, sucht für das Unternehmen Aufstieg einen Assistenten, der sich mit der Sprache, der Mentalität und den Gepflogenheiten im Schweizer Eishockey auskennt.
McSorley wird zur prägenden Figur in Kossmanns Trainerkarriere. Der zu Beginn sehr temperamentvolle McSorley ist regelmässig auf Kossmanns Sozialkompetenz angewiesen, damit die Spieler nicht reihenweise die Reissleine ziehen. Kossmann muss damals in der Garderobe regelmässig die Wogen glätten.
Vielleicht war es auch nur ein Spiel, das McSorley bewusst inszenierte. Kossmann ist in diesem Spiel der Gute. «Das waren wunderbare Jahre», sagt McSorley heute. «Hans ist ein gescheiter und beliebter Mann, der bei Bedarf auch Zähne zeigen kann.»
Kühl wie Wallson, aber angenehm
Die zeigt er während seiner ersten Station als Cheftrainer in Fribourg. Nach etwas mehr als drei erfolgreichen Jahren mit einer Finalteilnahme haben die launischen Westschweizer Dorfkönige genug vom harten Hans. Der Verwaltungsrat ignoriert die Befehlskette und gibt den Spielern alle Macht – Hans muss gehen. Einen Final sieht Fribourg seither nur noch aus der Ferne.
Auch bei Ambri ereilt ihn dieses Schicksal. In einer fast ausweglosen Situation und vom desolaten Sportchef Zanatta im Stich gelassen verpuffen Kossmanns Führungskünste im Ungefähren. Seine Trainerkarriere in der Schweiz scheint vorüber. Zu den Privilegierten zählt er da (noch) nicht, die sich permanent auf dem Karussell um die Klubs drehen, die einen Nothelfer suchen.
Vielleicht erinnert man sich in Zürich an ihn, weil er so ganz anders auftritt als der kühle Hans Wallson mit seinen taktischen Korsetten. Hans ist auch kühl, aber auf eine angenehme Weise. Er pflegt bei öffentlichen Auftritten die Zurückhaltung und stellt sich selbst nicht auf einen Sockel. «Manchmal sind die Trainer nicht so schlau, wie wir denken. Manchmal muss man es einfach der Mannschaft überlassen.» Gut für den, der diese Grösse besitzt.
Deutliche Worte
Zähne gezeigt hat er auch in Zürich. Als es im Januar nicht wie gewünscht läuft, bringt Kossmann das Wesentliche auf den Punkt: «Topshots wie Chris Baltisberger, Künzle, Kenins oder Suter müssen auch mal ein Spiel entscheiden. Die können nicht immer warten, bis es die Stars tun.»
Und das von einem, der 1986 in Zug noch Gewürze abfüllte.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | HC Davos | 22 | 24 | 43 | |
2 | Lausanne HC | 22 | 9 | 42 | |
3 | ZSC Lions | 20 | 18 | 40 | |
4 | EV Zug | 23 | 18 | 38 | |
5 | EHC Kloten | 22 | 3 | 36 | |
6 | SC Bern | 23 | 12 | 36 | |
7 | EHC Biel | 22 | -1 | 33 | |
8 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 23 | -8 | 31 | |
9 | HC Lugano | 20 | -11 | 28 | |
10 | HC Fribourg-Gottéron | 22 | -10 | 28 | |
11 | SCL Tigers | 20 | -4 | 26 | |
12 | Genève-Servette HC | 18 | -2 | 24 | |
13 | HC Ambri-Piotta | 20 | -14 | 24 | |
14 | HC Ajoie | 21 | -34 | 18 |