Darum gehts
Nach der 3:2-Führung in der Halbfinal-Serie gegen Davos sprach er die Worte: «Fertig mit dem Scheissdreck, jetzt fahren wir nach Davos und machen den Sack zu!» Für diese klare Ansage wurde ZSC-Stürmer Willy Riedi (27) gefeiert – auch von Blick. Darauf angesprochen, dass am Donnerstag auch im Final die Gelegenheit da ist, die Serie zu beenden, entgegnet der Zürcher: «Beim letzten Mal hat es Glück gebracht. Also sage ich es nochmal – fertig Scheissdreck, jetzt fahren wir nach Lausanne und machen den Sack zu!»
Doch wer ist dieser Willy Riedi eigentlich, der in diesen Playoffs auf und neben dem Eis begeistert? Mit seinen schon fünf Playoff-Toren derzeit der drittbeste ZSC-Torschütze hinter den Stars Sven Andrighetto (9) und Denis Malgin (7) ist? Und mit seinen halblangen Haaren, seinem Bart und seiner physischen Spielweise auf dem Eis verwegen daherkommt?
Fitnesscoach, Ernährungsberater, bald Wirtschaftsstudent
Erstmals im ZSC-Dunstkreis aufgetaucht ist er in der bittersten Stunde des Erfolgsklubs in der Neuzeit. Als die Mannschaft 2019 unter Arno Del Curto die Playoffs verpasste, die bedeutungslose Platzierungsrunde bestreiten musste und dort einige Junge der GCK Lions wie Riedi die Chance erhielten, sich zu zeigen. Zur Stammkraft wurde er jedoch erst dreieinhalb Jahre später. Quasi auf den letzten Drücker, bevor es ihn vermutlich aus der Organisation mit dem riesigen Reservoir rausgespült hätte. Denn ein Ausnahmetalent war er nicht, ein Aufgebot für ein Junioren-Nationalteam erhielt er nie.
Vielleicht hat er auch deshalb seinen Werdegang neben dem Hockey stets vorangetrieben. Er liess sich zum Fitnesscoach und Ernährungsberater ausbilden, zuletzt absolvierte er die Berufsmittelschule, die er im Januar erfolgreich abgeschlossen hat. Im Sommer wird er mit einem Fernstudium beginnen. «Ich bin noch etwas unschlüssig in welchem Bereich, aber da es nicht so viele Optionen gibt, um ein Studium mit dem Hockey vereinbaren zu können, wird es vermutlich auf Wirtschaft hinauslaufen», sagt er dazu.
Besser das Hirn benutzen als ins Handy gaffen
Seinen Antrieb, so viel in seine berufliche Karriere zu investieren, begründet Riedi so: «Ich bin jetzt 27 und irgendwann kommt auch etwas nach dem Hockey. Es tut sicher gut, das Hirn noch für etwas anderes zu brauchen und nicht bloss daheim herumzusitzen und in den Knochen zu gaffen.»
Durch seine Ausbildung im Fitness- und Ernährungsbereich macht sich Riedi auch im Off-Ice-Bereich viele Gedanken zu Optimierungen. Einst schwor er darauf, vor Spielen Haferflocken zu sich zu nehmen. Doch mittlerweile hat er ein anderes Ernährungsritual vor dem Match: Zwei Reihen schwarze Schokolade mit Honig – dazu kommen noch Früchte. «Honig hat viel Zucker und gute Dinge, die Energie geben. Schwarze Schokolade hat viele gesunde Fette und ist gut für die Durchblutung des Hirns», begründet Riedi sein spezielles Ritual rund zwei Stunden vor dem Spiel. Zwischendurch mag der Zürcher aber auch mal sündigen, sein Lieblingsessen ist und bleibt Cordon bleu: «Ein Cordon bleu pro Woche – das muss sein!»
«Wenn man auf die Punkte schaut, zerbricht man»
Dass er nun in den Playoffs zu reichlich Toren und Skorerpunkten kommt, will Riedi nicht überbewerten. «Ich schaue nicht auf meine Punkte, die sind zweitrangig. Wenn man dies tut, zerbricht man. Ich konzentriere mich darauf, mein Bestes zu geben – und somit auf den Weg, und nicht das Resultat», sagt Riedi schon fast philosophisch. Er bekomme derzeit auch mehr Eiszeit als früher, «dadurch steigt automatisch die Chance, mehr Punkte zu machen». Zudem sei er gerade auch in einer Rolle, in der die Leine etwas länger sei: «Wenn man da keinen Scheissdreck macht, kommen auch die Punkte und das Selbstvertrauen.»
So spricht er, dieser Willy Riedi. Immer direkt und ehrlich. Teilweise zwar etwas ungehobelt, aber gleichzeitig auch tiefgründig und smart. Und vielleicht steigt im Raum Zürich seinetwegen nun auch der Konsum von schwarzer Schokolade und Honig.