«Im Eishockey kann man sich seinen Abgang nicht aussuchen und meistens endet es mit einer Niederlage», hatte Beat Forster gegenüber Blick am 3. März gesagt. Sein Abgang erfolgt in der Tat mit einer Niederlage. Das 0:4 gegen die ZSC Lions ist am Freitagabend der letzte Atemzug einer fantastischen Karriere, die ihn in 23 Jahren Profi-Eishockey, unter anderem zu 1171 NL-Spielen, sechs Meistertiteln, sechs WM-Teilnahmen und 2006 an die Olympischen Spiele in Turin geführt hat.
Als es zu Ende ging, stand der Koloss von einem Mann fast etwas verloren da und weinte hemmungslos. «Ich hatte mir vorgenommen, dass genau dies nicht geschieht, aber ich hatte keine Chance. Die Tränen kamen schon in den letzten Sekunden des Spiels», so der 41-Jährige. Als er später darüber spricht, hat er sich zwar wieder etwas gefangen, aber wegen der vielen Emotionen hat er noch immer wässrige Augen und stammelt: «Ich bin einfach nur dankbar für alles!»
Das Hockey-ABC erlernt hat der aus einer Schwinger-Familie stammende Appenzeller beim SC Herisau. Doch schon mit 16 zog es ihn zum HC Davos, er absolvierte die Sportmittelschule. Bereits ein Jahr später debütierte Forster in der NLA, wusste sofort zu gefallen und verschaffte sich auch Respekt. Eines der ersten Bilder von ihm, das haften bleibt, ist, wie er in den Playoffs 2001 einen späteren Weggefährten mit einem krachenden Crosscheck aus dem Weg räumt: seinen heutigen Biel-Vorgesetzten und damaligen SCB-Captain Martin Steinegger.
Die Flucht aus Zürich
Forster wurde schon in jungen Jahren zum tragenden Element der goldenen HCD-Generation von Arno Del Curto, sicherte sich einen Stammplatz in der Nati und heimste seine ersten beiden Meistertitel ein, ehe er 2005 zu den ZSC Lions wechselte. Dort musste er dann erfahren, dass es auch bei ihm nicht immer nur steil nach oben gehen kann. Das erste Jahr in Zürich war schwierig, der Verein in einem von Trainer-Wechseln geprägten Chaos und auch Forster wurde kritisiert, weil er die hohen Erwartungen nicht erfüllte. Doch der stämmige Verteidiger biss sich in die Aufgabe und die Organisation rein und war dann zwei Jahre später eine der Schlüsselfiguren beim Meistertitel, seinem persönlich Dritten.
Im Jahr darauf kam es mitten in der Saison zum Eklat, Forster wollte plötzlich nicht mehr für den ZSC spielen und heim nach Davos – er kündigte seinen Vertrag fristlos. «Flucht aus Zürich» titelte der Blick damals. Es wurde viel Geschirr zerschlagen und Forster musste sich einiges anhören. Heute sagt er darüber: «Ich stehe zu meinem Entscheid, aber man hätte es anders angehen können. Im Nachhinein ist man immer schlauer.»
Harte Schale, weicher Kern
Zurück in Davos feierte Forster mit dem HCD drei weitere Meistertitel, ehe er sich mit 34 definitiv aus dem Bündnerland verabschiedete und beim EHC Biel anheuerte. Um seine Karriere noch zwei, drei Jahre ausklingen zu lassen, dachten viele. Doch es wurden sieben daraus. Sein letztes grosses Ziel, auch noch mit Biel Meister zu werden, hat Forster verpasst. Erhobenen Hauptes kann er trotzdem gehen, weil er bis zum Schluss eine Schlüsselfigur geblieben und nie zu einem Mitläufer geworden ist.
Trotzdem hatte er in seinen letzten Monaten als Hockeyprofi nicht nur Spass. Dass Ende Februar der von ihm sehr geschätzte Petri Matikainen gehen musste, er noch eine Trainerentlassung miterleben muss, schmerzt ihn. «Letztendlich gehört es zum Business. Aber dahinter steckt auch ein menschliches Schicksal», sagt er dazu. Worte, die zu ihm passen.
Denn der Hockey-Koloss, vor dem sich viele Gegenspieler fürchteten und der diese durch seine Bärenkräfte wie Bud Spencer einst in seinen Filmen durch die Luft wirbeln lassen konnte, wenn er Lust dazu hatte, hat auch eine sehr sensible und weiche Seite. Diese zeigte sich nicht nur durch sein Tränenmeer am Freitagabend, man spürt sie auch in jedem Gespräch mit ihm.
Der belastende «Fall Nilsson»
In unschöne Schlagzeilen geraten ist er trotzdem immer wieder. Nicht nur wegen seiner speziellen Flucht aus Zürich. Auch als ein Zusammenstoss mit ihm 2018 die Karriere von ZSC-Stürmer Robert Nilsson beendete. «Es wird mir jetzt noch mulmig, wenn ich daran zurückdenke. Wenn ein Gegenspieler so liegenbleibt, nachdem er mit dir den letzten Kontakt hatte, dann belastet dich das», sagte Forster vor einem Jahr zu Blick. Das Schicksal will es nun so, dass ausgerechnet ein Spiel gegen die ZSC Lions, mit denen er nicht nur schöne Berührungspunkte hatte, sein letztes war.
Auf Unverständnis stiess einst auch, dass Forster bereits mit 25 seinen Rücktritt aus der Nati gegeben hat. «Als das zweite Kind auf der Welt war, da rückte für mich einfach die Familie in den Vordergrund. Ich war nicht mehr bereit, 13 Wochen im Jahr mit der Nati unterwegs zu sein und in dieser Zeit zu verpassen, wie meine Kinder aufwachsen», begründet dies der dreifache Vater, für den seine Familie stets im Zentrum aller Entscheidungen stand.
In Zukunft im Trainerstaff
Nun geht er also, der Bud Spencer des Eishockeys. Aber nur als Spieler. Forster wird nächste Saison ein Teil des Bieler Trainerstaffs sein und soll sich dort primär um die Entwicklung der jungen Spieler kümmern. Diesen angenommen hat er sich als Lehrmeister schon zu Aktivzeiten immer gern, oft stellten ihm die Trainer deshalb den Youngster im Team als Verteidiger-Partner zur Seite. Biels Sportchef Martin Steinegger weiss genau, was er auch in Zukunft an Beat Forster hat. Obwohl seine erste Begegnung mit ihm 2001 schmerzhaft war.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | HC Davos | 29 | 31 | 57 | |
2 | ZSC Lions | 26 | 31 | 55 | |
3 | Lausanne HC | 28 | 2 | 50 | |
4 | SC Bern | 28 | 18 | 49 | |
5 | EHC Kloten | 29 | -5 | 47 | |
6 | EV Zug | 28 | 19 | 46 | |
7 | EHC Biel | 28 | 4 | 40 | |
8 | HC Ambri-Piotta | 28 | -11 | 39 | |
9 | HC Fribourg-Gottéron | 29 | -6 | 39 | |
10 | SCL Tigers | 27 | 1 | 38 | |
11 | Genève-Servette HC | 26 | 1 | 36 | |
12 | HC Lugano | 27 | -22 | 33 | |
13 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 29 | -20 | 33 | |
14 | HC Ajoie | 28 | -43 | 23 |