Als Matt Rempe zum ersten Mal von den New York Rangers für ein NHL-Spiel aufgeboten wird, nimmt der Trip vom Farmteam Hartford in die rund 180 Kilometer entfernte Metropole ein frustrierendes Ende. Rempe, 21 Jahre jung, verpasst das Spiel, weil er sich kurz vor Anpfiff eine leichte Blessur zuzieht und aussetzen muss.
Doch der Stürmer sollte nochmals eine Chance erhalten. Diesmal nicht im Madison Square Garden, der Heimstätte der Rangers, die schon genug Stoff für Eishockey-Träume bieten würde, sondern im für die Outdoor-Spiele hergerichteten MetLife-Stadium in New Jersey. Am 18. Februar steht Rempe vor knapp 80'000 Zuschauern zum ersten Mal als NHL-Spieler auf dem Eis. Statistisch gesehen hat er noch keine Sekunde absolviert, da wandert er bereits auf die Strafbank.
Auch Jonas Siegenthaler machte mit Rempe Bekanntschaft
Rempe ist ein Anachronismus. Spieler wie ihn gibt es eigentlich gar nicht mehr. Teams verpflichten heute keine Profis mehr, die sich bei ihrer Premiere noch vor dem ersten Puck-Einwurf ihren Gegenspieler krallen und ihn wie wild mit den Fäusten bearbeiten. Doch genau so hat Matt Rempe die Herzen der Rangers-Fans im Sturm erobert.
Fünf Spiele später ist Rempe die neue Attraktion der Liga. Die Rangers denken derzeit nicht daran, den Rookie zurück ins Farmteam zu schicken. Und der Youngster dankt es seinem Team mit weiteren Prügeleien und harten Shifts: Gegen die New Jersey Devils streckt der 2,01-m-Hüne gleich zwei Spieler nieder. Einer davon ist der Schweizer Verteidiger Jonas Siegenthaler (26), der von Rempe einen fiesen Faustschlag kassiert.
Einen Abend später liefert sich Rempe eine fast 40-sekündige Schlägerei mit Philadelphias Haudegen Nicolas Deslauriers (33), nur um in der darauf folgenden Partie in Columbus vom Kanadier Mathieu Olivier in einem Duell so richtig verprügelt zu werden.
«Er hat schon seine Spuren hinterlassen»
Was bei so viel Kampflust untergeht: Matt Rempe, dessen Grosseltern einst aus Deutschland nach Kanada ausgewandert waren, bringt eigentlich ein begehrtes Gesamtpaket mit in die NHL. Neben seiner Physis und seinem Tempo zeigt der Angreifer auch Skorer-Qualitäten. Gegen Philadelphia ist der Neuling gar für das siegbringende Tor zuständig.
«In der NHL gibt es so viele Profis, die kurz auftauchen und dann wieder verschwinden. Er hingegen hat jetzt schon seine Spuren hinterlassen», schwärmt Ex-Profi Colby Armstrong (41) nach den ersten Auftritten von Rempe. «Er wird nicht zurückstecken, und das ist toll.»
Böse Erinnerungen werden wach
Ganz so euphorisch sehen das indes nicht alle. Für die gegnerischen Teams ist Matt Rempe schon jetzt zur Zielscheibe geworden. Wer austeilen kann, muss auch einstecken, so das Motto. Und was die Faustkämpfe angeht, kommt der renommierte kanadische Eishockey-Journalist Mark Spector (58) zu einem deutlichen Verdikt: «Dieser Junge sollte das nicht jeden Tag machen. Denn wenn er es tut, wird er eine kurze Karriere haben.»
Beispiele dafür, was Spector meint, gibt es (zu) viele. Ex-Profis wie Derek Boogaard (†28), Rick Rypien (†27) oder Steve Montador (†35) machten in der NHL vor allem mit ihren Schlägereien von sich reden. Die «Enforcer» oder «Goons» wurden von den Fans zwar bejubelt. Sie alle bezahlten es aber mit schweren Spätfolgen ihrer zahlreichen Kopfverletzungen – und letztlich mit ihrem Leben.
Nächstes Spiel – nächster Kampf?
In New York hat man in diesen Tagen für solcherlei Kritik kein offenes Ohr. Die Rangers spielen so dominant wie seit Jahren nicht mehr (Platz 2 in der Eastern Conference). Und mit Matt Rempe ist jetzt noch eine gehörige Portion Durchschlagskraft neu zum Team gestossen.
Die nächste Partie bestreitet das Team in der Nacht auf Donnerstag. Dann kommts in New York zum Wiedersehen mit Columbus. Da hat Matt Rempe ja noch eine Rechnung offen.