Nico Hischier, Ihre NHL-Saison ist erst fünf Spiele alt und voller Licht und Schatten. Wie geht es Ihnen?
Es geht mir schon besser als noch vor ein paar Wochen. Jetzt konzentriere ich mich darauf, so schnell wie möglich zurückkehren zu können. Es war keine einfache Zeit. Aber ich versuche immer, positiv zu bleiben, und bin froh, nun alles hinter mir zu haben.
Sie wurden vorletzte Woche im Gesicht operiert. Was war gebrochen?
Der Schädelknochen oberhalb meines Auges, also die Stirnhöhle.
Was ist genau passiert?
Der Schuss eines Mitspielers wurde abgelenkt und traf mich frontal voll und mitten ins Visier. Von der Wucht drückte es das Visier und den Helm wohl gegen die Stirn.
Welches Gefühl überwiegt – der Frust über die erneute Verletzung oder der Stolz übers Captain-Amt?
Schwer zu sagen. Natürlich macht es mich stolz und ist eine Ehre, dieses Amt zu übernehmen. Aber um es ausüben zu können, muss man spielen. Darum ist auch Frust da, dass ich schon wieder nicht spielen kann. Ich bin nach meiner Fussverletzung zurückgekommen, und nach fünf Partien passiert mir so etwas. Es ist noch keine Top-Saison für mich. Allerdings hatte ich in meiner Karriere noch nicht viele Verletzungen und versuche nun, daraus zu lernen. Denn so blöd es klingt, aber mit dem Bruch des Schädelknochens bin ich noch gut davongekommen.
Wie meinen Sie das?
Es hätte noch viel schlimmer ausgehen können. Zum Beispiel, wenn es ein Auge getroffen hätte und es zu Sehproblemen gekommen wäre. Ich bin auch froh, dass das Hirn keine Verletzungen davongetragen hat. Doch auch so hat mich die Diagnose erschreckt. Die Ärzte sagten mir, dass sie eine solche Verletzung im Hockey noch nie gesehen haben. Solche Treffer dürfen nicht unterschätzt werden. Erst kürzlich ist ja ein junger Russe gestorben, nachdem er von einem Puck getroffen worden war.
Wann haben Sie erfahren, dass Sie das Team als Captain anführen werden?
Wenige Stunden vor meinem Comeback nach der Fussverletzung, als ich kurz zum GM ging. Danach verkündete man es im Team-Meeting direkt vor dem Spiel.
Wen haben Sie danach als Erstes angerufen?
Die Devils haben es so geplant, dass ich noch genügend Zeit hatte, meine Eltern anzurufen.
Das hätten Sie ja sowieso getan ...
Ja, aber vielleicht hätte ich bis nach dem Spiel gewartet.
Sie sind 22 Jahre jung. Was zeichnet Sie aus, dass Sie von den Coaches mit diesem Amt betraut wurden?
Sie sagten mir, ich soll genau so bleiben, wie ich bin – sowohl in meinem Umgang mit den Teamkollegen neben dem Eis als auch in Bezug auf meine Leistungen auf dem Eis. Denn genau deshalb hätte ich mir dieses Amt verdient und solle mir nicht zu viele Gedanken machen.
Wie, denken Sie, haben Sie sich seit dem Draft persönlich entwickelt? Damals waren Sie 18.
Eine gute Frage (lacht). Ich bin offen gegenüber Menschen, die ich neu kennenlerne. Und ich habe keine Probleme, sie in eine Gruppe zu integrieren. Mit mir kann man Spass haben, aber ich weiss, wann es zählt und Hockey im Fokus ist. Und dass ich dann alles dafür tue, dass das Team gewinnt.
Haben Sie bei Ihrem Captain-Debüt eine Antrittsrede gehalten?
Nein, ich habe mich für das Vertrauen einfach bei meinen Teamkollegen bedankt, die sich alle für mich freuten.
Beschreiben Sie Ihren Einfluss aufs Team.
«Leading by example.» Ich will als gutes Beispiel vorangehen, auf dem Eis alles richtig machen. Auch die kleinen Dinge, weil sie in dieser Liga sehr wichtig sind. Und neben dem Eis möchte ich allen helfen und ein guter Teamkollege sein, der auch ein offenes Ohr hat für ihre Probleme jeglicher Art.
Könnten Sie auch mal impulsiv sein und auf den Tisch hauen?
Dafür braucht es viel bei mir. Aber wenns im Spiel mal nicht läuft, kann mich das schon ärgern. Dann habe ich auch keine Angst aufzustehen und etwas zu sagen.
Sie sagten einst in einem Interview, Berns Martin Plüss sei nebst Ihrem Devils-Vorgänger Andy Greene Ihr bester Captain gewesen. Warum?
Mich hat Martins Routine immer beeindruckt. Er kam immer zur gleichen Zeit in die Kabine, war neben dem Eis sehr professionell. Dass ich als Junior nach Bern kam und sah, wie ein solcher Spieler auch neben dem Eis arbeitet, um auf dem Eis gut zu sein, ist eine bleibende Erinnerung.
Nico Hischier (22) stammt aus Naters VS. Mit 15 wechselt er vom EHC Visp zum SC Bern, wo er sein NL-Debüt gibt. In der nordamerikanischen Junioren-Liga entwickelt sich der Center bei den Halifax Moosehead weiter. 2017 wird er im NHL-Draft von den New Jersey Devils als erster Schweizer zur Nummer 1 gewählt und debütiert in der gleichen Saison. Als Rookie schafft Hischier auf Anhieb 52 Skorerpunkte (20 Tore).
2019 unterschreibt der Walliser einen Siebenjahresvertrag über 50,75 Millionen US-Dollar. Vor seinem Comeback nach einer Fussverletzung wurde Hischier vor wenigen Wochen zum Devils-Captain ernannt. Er ist nach Mark Streit (NY Islanders) und Roman Josi (Nashville) erst der dritte NHL-Schweizer mit dem C auf der Brust – und aktuell der jüngste Captain in der NHL.
Nico Hischier (22) stammt aus Naters VS. Mit 15 wechselt er vom EHC Visp zum SC Bern, wo er sein NL-Debüt gibt. In der nordamerikanischen Junioren-Liga entwickelt sich der Center bei den Halifax Moosehead weiter. 2017 wird er im NHL-Draft von den New Jersey Devils als erster Schweizer zur Nummer 1 gewählt und debütiert in der gleichen Saison. Als Rookie schafft Hischier auf Anhieb 52 Skorerpunkte (20 Tore).
2019 unterschreibt der Walliser einen Siebenjahresvertrag über 50,75 Millionen US-Dollar. Vor seinem Comeback nach einer Fussverletzung wurde Hischier vor wenigen Wochen zum Devils-Captain ernannt. Er ist nach Mark Streit (NY Islanders) und Roman Josi (Nashville) erst der dritte NHL-Schweizer mit dem C auf der Brust – und aktuell der jüngste Captain in der NHL.
Ist es in der NHL auch gang und gäbe, dass der Captain sein Team mal zum Essen einlädt oder für alle etwas organisiert?
Ja, ein Einstandsessen gehört sich für einen Captain schon. Und auch wenn man einen neuen Vertrag unterschreibt, sollte man etwas fürs Team machen. Beides konnte ich coronabedingt noch nicht tun. Vielleicht lege ich es zusammen, sobald es wieder möglich ist und die Restaurants offen sind.
Wünschen sich nicht alle ein Raclette oder Fondue von Ihnen?
Das wäre eine gute Idee!
Haben Sie sich bei Nashville-Captain und Landsmann Roman Josi Ratschläge geholt?
Noch nicht, er hat mir aber zu meiner Ernennung gratuliert. Von den früheren Devils-Captains habe ich in einer Videobotschaft einige Tipps bekommen.
Greene hat Ihnen mal mit auf den Weg gegeben, dass es in der NHL keine schlechten Tage gibt. Teilen Sie diese Meinung?
Sicher, das ist ein gutes Zitat von ihm. Man kann sich zum Beispiel in Niederlagenserien auch mal schlecht fühlen. Aber man sollte das Gesamtbild nicht aus den Augen verlieren: Ich spiele in der NHL. Das ist nicht selbstverständlich. Darum sollte man jeden Tag geniessen, trotz Hochs und Tiefs. Jeder von uns weiss, dass es in der Karriere nicht immer nur aufwärtsgeht. Ich versuche, immer dankbar zu sein für das Privileg, in dieser Liga spielen zu können.
Haben Sie als Captain nun mehr Kontakt mit Coach Lindy Ruff?
Ich bin kaum alleine bei ihm, sondern wir gehen als Leadergruppe in die Meetings. Da sind sechs, sieben Spieler dabei. Das finde ich gut so. Denn wenn man etwas diskutieren möchte, hilft es, wenn man mehrere Meinungen hört und dadurch einen besseren Entscheid treffen kann.
Wie stehen Sie nun diese erneute Verletzungspause durch?
Ich beginne mit einem langsamen Aufbautraining, denn nach der OP durfte ich neun Tage lang überhaupt nichts tun. Zu Hause versorgt mich meine Mutter, sie konnte trotz der vielen Corona-Bestimmungen glücklicherweise einreisen. So geniesse ich das Hotel Mama noch etwas.