Eric Blum hat Zivilklage gegen Fabrice Herzog eingereicht. Das wurde letzte Woche publik. Was denkt man in der Branche über den von Blum eingeschlagenen Weg? Blick hat bei ehemaligen Spielern Expertisen eingeholt.
Jonas Hiller (40), ex-NHL-Goalie und Chef der Spielervereinigung SIHPU
«Das ist eine komplexe Thematik, die wir auch in der Spielervereinigung diskutieren. Wie schaffen wir es zusammen mit der Sportjustiz und den Klubs, den Strafenkatalog so zu gestalten, dass es gar nicht erst zu wiederholten schweren Fouls des gleichen Spielers kommt? Welchen Umgang pflegen wir mit Wiederholungstätern? Brauchen wir schärfere Sperren mit gleichzeitigem Lohnausfall anstelle der Bussen? Dabei gibt es viele Faktoren, die berücksichtigt werden müssen. Da sind die Interessen der Spieler, die geschützt werden müssen. Da sind die Interessen der Klubs, die ihre Spieler möglichst auf dem Eis sehen möchten. Es sind teilweise Versicherungen in diese Konflikte involviert. An erster Stelle steht wie gesagt der Schutz der Spieler, aber wir müssen auch die Interessen des Sports berücksichtigen. Es darf nicht so weit kommen, dass auch Dutzendfouls plötzlich vor dem Zivilrichter landen.»
ZSC-Legende Andreas «Zesi» Zehnder (56)
«Es ist schlimm und tragisch, wenn es einen Spieler so erwischt wie Eric Blum. Ich war Teamkollege von Andrew McKim bei den ZSC Lions als der Vorfall mit Kevin Miller geschah, bei McKim ging danach gar nichts mehr. Ich frage mich allerdings, was auf uns zukommt, wenn in Zukunft zivile Instanzen über Eishockeyspieler richten. Könnte ich einem Nachwuchsspieler noch guten Gewissens empfehlen, Hockeyprofi zu werden? Die Urteile der Sportgerichte sind oft weder nachvollziehbar noch konstant, aber aufgrund dieser Urteile entscheiden später zivile Richter über einen Sportprofi. Im Fall von Wiederholungstätern müssten die Sportgerichte längere Strafen und höhere Bussen aussprechen, ab einer bestimmten Schwere der Vergehen könnte man dann vielleicht externe Experten beiziehen. Im Gegenzug müssten sich die Spieler dann quasi verpflichten, auf den zivilen Weg zu verzichten. Der Fall Blum/Herzog öffnet dem zivilen Weg Tür und Tor, nicht nur bei den Profis, sondern auch in unteren Ligen.»
Eric Blum klagt gegen Fabrice Herzog vor einen Zivilgericht – normalerweise landen diese Fälle aber vor dem Strafrichter. Blick hat bei Strafrechtsexpertin Prof. Dr. Nora Markwalder nachgefragt.
Frau Markwalder, das Foul eines Eishockeyprofis landet vor Gericht. Wie deuten Sie das als Strafrechtsexpertin?
Grundsätzlich nimmt man an, dass Sportverletzungen kein Juristenfutter sind. Im Kontaktsport gibt es eine andere Toleranz als im öffentlichen Leben. Wenn man sich Wucht und Dynamik im Eishockey vor Augen hält, erstaunt es aber schon, dass nicht mehr Fälle vor einem Strafgericht landen. Es gibt wohl so eine Art von stillschweigender Übereinkunft, das nicht zu tun, man nimmt in Kauf, dass Verletzungen bei diesem Sport dazu gehören. Aber man kann nie ausschliessen, dass ein Sportler vor Gericht geht.
Wann ist die Grenze zwischen Sport- und Strafrecht überschritten?
Aus der Sicht des Strafrechts existiert diese Grenze nicht, eine Strafanzeige kann prinzipiell immer erfolgen. Das Gesetz gilt für alle.
Also könnte schon aufgrund einer Strafe wegen Beinstellens eine Strafanzeige erfolgen?
Im Prinzip ja, vor allem wenn eine Verletzung passiert. Bei einer solchen Anzeige würde ein Staatsanwalt wahrscheinlich entscheiden, das sei ein klarer Fall und die Anzeige deshalb nicht weiter behandeln. Sollte er sich aber nicht ganz sicher sein, vielleicht weil die Situation nicht ganz klar ist, wird er trotzdem ein Verfahren eröffnen. Bei einer Strafanzeige muss grundsätzlich immer ermittelt werden. Damit wäre der Schaden für den Beschuldigten schon angerichtet, mindestens aus Sicht der Öffentlichkeit, da wird man ja laufend sensibler. Ist ein Sportler betroffen, wird die Presse darüber berichten, der Fall wird publik».
Was würde es für den Sport bedeuten, wenn schon leichte Fouls auf dem Schreibtisch des Staatsanwalts landen?
Dann würde der Sport wahrscheinlich verunmöglicht.
Wie kann die Sportjustiz aus Ihrer Perspektive als Strafrechtsexpertin mit Wiederholungstätern verfahren?
Der Sport definiert durch seine Regeln, was man darf und was nicht. Was tut man, wenn die Verbandstrafen nichts bewirken? Es bleiben nur längere Sperren oder der Gang vor den Strafrichter.
Eric Blum klagt gegen Fabrice Herzog vor einen Zivilgericht – normalerweise landen diese Fälle aber vor dem Strafrichter. Blick hat bei Strafrechtsexpertin Prof. Dr. Nora Markwalder nachgefragt.
Frau Markwalder, das Foul eines Eishockeyprofis landet vor Gericht. Wie deuten Sie das als Strafrechtsexpertin?
Grundsätzlich nimmt man an, dass Sportverletzungen kein Juristenfutter sind. Im Kontaktsport gibt es eine andere Toleranz als im öffentlichen Leben. Wenn man sich Wucht und Dynamik im Eishockey vor Augen hält, erstaunt es aber schon, dass nicht mehr Fälle vor einem Strafgericht landen. Es gibt wohl so eine Art von stillschweigender Übereinkunft, das nicht zu tun, man nimmt in Kauf, dass Verletzungen bei diesem Sport dazu gehören. Aber man kann nie ausschliessen, dass ein Sportler vor Gericht geht.
Wann ist die Grenze zwischen Sport- und Strafrecht überschritten?
Aus der Sicht des Strafrechts existiert diese Grenze nicht, eine Strafanzeige kann prinzipiell immer erfolgen. Das Gesetz gilt für alle.
Also könnte schon aufgrund einer Strafe wegen Beinstellens eine Strafanzeige erfolgen?
Im Prinzip ja, vor allem wenn eine Verletzung passiert. Bei einer solchen Anzeige würde ein Staatsanwalt wahrscheinlich entscheiden, das sei ein klarer Fall und die Anzeige deshalb nicht weiter behandeln. Sollte er sich aber nicht ganz sicher sein, vielleicht weil die Situation nicht ganz klar ist, wird er trotzdem ein Verfahren eröffnen. Bei einer Strafanzeige muss grundsätzlich immer ermittelt werden. Damit wäre der Schaden für den Beschuldigten schon angerichtet, mindestens aus Sicht der Öffentlichkeit, da wird man ja laufend sensibler. Ist ein Sportler betroffen, wird die Presse darüber berichten, der Fall wird publik».
Was würde es für den Sport bedeuten, wenn schon leichte Fouls auf dem Schreibtisch des Staatsanwalts landen?
Dann würde der Sport wahrscheinlich verunmöglicht.
Wie kann die Sportjustiz aus Ihrer Perspektive als Strafrechtsexpertin mit Wiederholungstätern verfahren?
Der Sport definiert durch seine Regeln, was man darf und was nicht. Was tut man, wenn die Verbandstrafen nichts bewirken? Es bleiben nur längere Sperren oder der Gang vor den Strafrichter.
Timo Helbling (40), ex-NHL und NL-Verteidiger, MySports-Experte
«Ich bin überrascht, dass es erst jetzt wieder zu so einem Fall kommt, wenn man bedenkt, wie es sich mit den Hirnerschütterungen entwickelt hat. Kein Spieler will diese Verletzung erleiden, weil ein Rest Ungewissheit besteht, dass es das künftige Leben beeinträchtigen kann. Zudem ist es ein grosses Thema für die Versicherungen und Klubs. Somit ist es eine logische Folge, dass schwere Fälle auch mal gerichtlich angeschaut werden. Wenn man durch die Symptome eingeschränkt ist, ist es verständlich, dass man die Situation zu lösen versucht. Aber ich finde es eine sehr komplexe Sache. Und ich denke nicht, dass es einreissen wird mit solchen Fällen.»