Frau Markwalder, das Foul eines Eishockeyprofis landet vor Gericht. Wie deuten Sie das als Strafrechtsexpertin?
Grundsätzlich nimmt man an, dass Sportverletzungen kein Juristenfutter sind. Im Kontaktsport gibt es eine andere Toleranz als im öffentlichen Leben. Wenn man sich Wucht und Dynamik im Eishockey vor Augen hält, erstaunt es aber schon, dass nicht mehr Fälle vor einem Strafgericht landen. Es gibt wohl so eine Art von stillschweigender Übereinkunft, das nicht zu tun, man nimmt in Kauf, dass Verletzungen bei diesem Sport dazu gehören. Aber man kann nie ausschliessen, dass ein Sportler vor Gericht geht.
Wann ist die Grenze zwischen Sport- und Strafrecht überschritten?
Aus der Sicht des Strafrechts existiert diese Grenze nicht, eine Strafanzeige kann prinzipiell immer erfolgen. Das Gesetz gilt für alle.
Also könnte schon aufgrund einer Strafe wegen Beinstellens eine Strafanzeige erfolgen?
Im Prinzip ja, vor allem wenn eine Verletzung passiert. Bei einer solchen Anzeige würde ein Staatsanwalt wahrscheinlich entscheiden, das sei ein klarer Fall und die Anzeige deshalb nicht weiter behandeln. Sollte er sich aber nicht ganz sicher sein, vielleicht weil die Situation nicht ganz klar ist, wird er trotzdem ein Verfahren eröffnen. Bei einer Strafanzeige muss grundsätzlich immer ermittelt werden. Damit wäre der Schaden für den Beschuldigten schon angerichtet, mindestens aus Sicht der Öffentlichkeit, da wird man ja laufend sensibler. Ist ein Sportler betroffen, wird die Presse darüber berichten, der Fall wird publik».
Was würde es für den Sport bedeuten, wenn schon leichte Fouls auf dem Schreibtisch des Staatsanwalts landen?
Dann würde der Sport wahrscheinlich verunmöglicht.
Wie kann die Sportjustiz aus Ihrer Perspektive als Strafrechtsexpertin mit Wiederholungstätern verfahren?
Der Sport definiert durch seine Regeln, was man darf und was nicht. Was tut man, wenn die Verbandstrafen nichts bewirken? Es bleiben nur längere Sperren oder der Gang vor den Strafrichter.