Darum gehts
Blick: Welche Fragen stellen Ihnen Ihre beiden Töchter unentwegt?
Andres Ambühl: Das sind so viele – wieso, warum, weshalb. Ich rede den ganzen Tag. Die Fragen wiederholen sich im Zwei-Minuten-Takt. Aber das ist auch gut so. Wenn man keine Fragen stellt, lernt man nichts.
Welche Gedanken gehen Ihnen auf dem Hunde-Spaziergang durch den Kopf?
Allerlei. Über den Sport, alles andere im Leben. Aber vor allem geniesse ich, was ich in der Natur gerade sehe. Jetzt hört man schon wieder die Vögel pfeifen, das ist auch hübsch.
Und wenn Sie auf der Jagd sind?
Ähnliches wie auf dem Hunde-Spaziergang. Wenn es irgendwo knackt im Wald, hat man das Gefühl, ein Tier kommt. Manchmal stimmt es, manchmal ist es nur ein Eichhörnchen. Draussen passiert immer irgendetwas, es ist interessant.
Was macht Sie so richtig hässig?
Wenn Leute nicht ehrlich sind. Wenn ein Spieler nicht vollen Einsatz gibt.
Welche Traditionen in Ihrem Leben sind Ihnen wichtig?
Unser Nationalfeiertag, der 1. August, ist für mich wichtig. Auch andere schweizerische Traditionen wie Schwingfeste. Ich schaue sie am TV. Wenn eines in der Nähe ist und ich Zeit habe, gerne auch live. Das Ur-Schweizerische ist schön und ich finde es wichtig, dass wir diesen Traditionen Sorge tragen.
Für welche TV-Serie kamen Sie als Kind freiwillig von draussen heim?
Wir hatten lange nur zwei TV-Sender, da lief nicht so viel im Fernsehen und wir verbrachten viel Zeit draussen. Als ich etwas älter wurde, schaute ich Action-Serien wie das «A-Team» oder Krimis.
Sind Sie ein strenger Vater?
(Grinst) Jein. Meine Frau würde jetzt wahrscheinlich sagen, ich sei zu lieb. Das stimmt vermutlich teilweise sogar. Aber wenn es um die wirklich wichtigen Dinge im Leben geht, dann bin ich sehr streng. Anstand und Manieren müssen meine Töchter haben, da achte ich drauf. Wenn ich etwas nicht so eng sehe, lasse ich ihnen auch mal etwas durchgehen. Das Grundfundament muss stimmen, den Rest kriegt man irgendwie hin. (schmunzelt)
Nach Eishockey – was ist Ihr nächstes grosses Talent?
Ich habe ja nie viel anderes gemacht. Aber ich denke, wenn ich nicht Hockeyspieler geworden wäre, wäre es wohl logisch gewesen, dass ich zu Hause mit Bauern angefangen hätte. Oder etwas mit Holz, Zimmermann oder Schreiner – das hätte mich auch interessiert. Mit den Händen zu arbeiten und das Holz riechen zu können.
Welcher war der schwierigste Moment Ihrer Karriere, hat Sie aber gleichzeitig menschlich weitergebracht?
Schwierig zu sagen. Ich hatte in meiner Karriere viel Glück, selten grosse Verletzungen und spielte immer in erfolgreichen Teams. Aber das Jahr in Nordamerika (2009/10, AHL, Hartford Wolf Pack, die Red.) verlief sicher nicht so, wie ich mir das gewünscht und erhofft hätte. Trotzdem hat es mich menschlich weitergebracht, weil ich mich durchbeissen musste.
Welches Hilfsmittel für die Garderobe oder das Hockey generell müsste noch erfunden werden?
Nichts, mittlerweile gibt es ja so viele Sachen. Manchmal habe ich das Gefühl, schon zu viel. Mir fehlt nichts, wir haben alles, was wir brauchen. Und falls mal nicht, organisieren es unsere super Materialwarte bestimmt.
Was ist das für ein Gefühl, wenn Menschen ein T-Shirt mit Ihrem Gesicht tragen?
Es zeigt eine Wertschätzung dafür, was ich bis jetzt erlebt habe und erreichen durfte. Ich schätze es sehr, dass es Leute gibt, die diese Shirts tragen. Das freut mich wirklich. Ich bin auch dankbar, denn eigentlich mache ich nichts, ausser dass ich ein bisschen Hockey spiele.
Wer war als Kind Ihr Idol?
Der russische NHL-Stürmer Pavel Bure.
Was haben Sie als Kind angestellt, wovon Ihre Eltern noch nichts wissen?
(Überlegt) Ich habe schon viel Seich gemacht, aber früher oder später kam immer alles ans Tageslicht. Manchmal hat mich auch das schlechte Gewissen gepackt und ich habe es ihnen erzählt. So versuche ich das auch bei meinen Töchtern. Wenn man etwas anstellt, soll man hinstehen und es erzählen, anstatt es zu verheimlichen oder zu leugnen. Das muss man lernen. Darum denke ich, dass ich meinen Eltern alles gesagt habe.
Haben Sie den Kühen auf dem Bauernhof Ihrer Eltern Namen gegeben?
Natürlich, alle Tiere hatten einen Namen. Jedes von uns Kindern hatte seine eigenen Kühe. Bekamen sie dann ein Kälbchen, durften wir den Namen wählen. Ich erinnere mich, dass ich eine Ronja hatte. Und Ricka war meine Lieblingskuh.
Welchen Moment Ihres Lebens würden Sie gerne noch einmal erleben?
Die Geburt meiner Töchter. Das waren hübsche Momente, die man ja nicht allzu oft im Leben erlebt.
Andres Ambühl mit 20 und 40 – die prägnantesten Unterschiede?
Ich bin erfahrener, weil ich mehr erlebt habe. Natürlich bin ich reifer und gehe gewisse Dinge im Leben ruhiger an und sehe sie anders. Aber nur weil ich 20 Jahre älter bin, glaube ich nicht, dass ich mich stark verändert habe. Vielleicht habe ich solche Interviews vor 20 Jahren noch schlechter gemeistert als jetzt. (lacht)
Welchen Ratschlag haben Sie für junge Spieler parat?
Sie dürfen nicht vergessen, dass Hockey ein Spiel ist und sie es geniessen sollen. Und wenn es mal nicht läuft, sollen sie sich zurückerinnern, weshalb sie angefangen haben, Hockey zu spielen. Nämlich, weil man Spass daran hatte. Es ist ein Spiel und soll es auch bleiben.
Die Sonnen- und Schattenseiten eines Lebens im Rampenlicht?
Man hat mehr Medientermine oder man erkennt einen auf der Strasse. Aber ich sehe das nicht als Schattenseiten. Ich darf so viele hübsche Dinge erleben.
Was werden Sie nach Ihrer Spielerkarriere nachholen?
Mit Skifahren habe ich letztes Jahr ein bisschen angefangen. Davor fuhr ich 20 Jahre nicht. Aber ob ich etwas nachholen muss, darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Ich werde bestimmt mehr Zeit haben für Unternehmungen, auf die ich vor Matchtagen verzichten musste. Oder mehrtägige Ausflüge und spontan auch mal einen Tag länger bleiben. Und die Zeit mit meiner Familie noch mehr geniessen.
Was bewundern Sie an Ihren Eltern?
Als ich noch jünger war als jetzt (lacht), holten sie mich mitten in der Nacht in der Eishalle ab und mussten am Morgen sehr früh wieder auf dem Hof arbeiten. Sie machten für uns vier Kinder alles, das wir brauchten. Sie haben uns viel ermöglicht und Gutes mit auf den Weg gegeben, dafür bin ich ihnen dankbar.
Und was an Ihrer Frau?
Ihre Unterstützung. Wenn ich weg bin, für eine WM auch mal mehrere Wochen, stemmt sie zu Hause alles alleine. Dafür bin ich auch sehr dankbar. Ohne sie ginge es nicht.
Was lernt man, wenn man mit drei Schwestern aufwächst?
Ich wusste, wie Mädchen ticken. Und jetzt habe ich selber zwei Töchter. Aber ich fand es nicht ganz so schlimm, denn ich bin ja der Älteste, da konnte ich sagen, was läuft. (grinst)
Sie haben bestimmt eine Ihrer Schwestern ins Tor gestellt, wenn Sie Hockey spielen wollten?
Natürlich, es waren halt nur Mädchen und keine Jungs da. Aber schminken liess ich mich von ihnen nie.
Was bedeutet Freundschaft für Sie?
Meistens hat man viele Freunde, aber richtige Freundschaften vielleicht mit vier oder fünf von ihnen. Es ist wichtig, dass man ausserhalb der Familie Menschen hat, die einem zuhören und helfen können, indem sie eine andere Perspektiven geben.