Er gilt als wilder Hund, als bunter Vogel und als einer der grössten NBA-Stars seiner Zeit: Dennis Rodman ist dieses Jahr 60 geworden und noch immer kann sich die Sportwelt keinen wirklichen Reim machen auf den Mann, der fünf NBA-Titel holte, einst im Rausch Carmen Electra heiratete, zwischenzeitlich in der Alkohol-Reha landete, in einem Brautkleid seine Memoiren vorstellte und in Nordkorea ab und zu Diktator Kim Jong-un besucht. Im Magazin «GQ» versucht sich der beste Rebounder einer Generation zu erklären.
Rodman über seine wildeste Zeit:
«In Las Vegas konnte man wetten, in welchem Jahr ich sterben würde», erinnert er sich an den Beginn der 2000er. «Du gehst in ein Casino und kannst sagen: ‹10:1, dass Dennis Rodman dieses Jahr stirbt.›» Es ist die Zeit, in der Rodman behauptet, mit 2000 Frauen Sex gehabt und sich dreimal den Penis gebrochen zu haben. Er verdient sechsstellige Beträge damit, dass er an Partys auftaucht und mitfeiert. Das geht so weit, dass sein alter Coach bei den Chicago Bulls sich Sorgen um Rodman macht. «Phil Jackson hat mir gesagt: ‹Dennis, ich will nicht, dass du stirbst.›»
Rodman über seinen Aufstieg in der NBA:
Der 2,01-m-Mann merkt rasch, dass Einsatz allein nicht reicht, um gegen die Besten der Welt zu bestehen und Allzeit-Grössen wie Larry Bird, Magic Johnson und James Worthy in der Defensive Paroli bieten zu können. «Ich musste mich hinsetzen und mich konzentrieren, konzentrieren, konzentrieren», sagt er über seine frühen Jahre in Detroit. Er ist ein einsatzwilliger Fan-Liebling, gewinnt zwei Titel, bevor er 30 ist. Seine Stärke: Er antizipiert, was gleich passieren wird. «Irgendwann wusste ich, wie Spieler reagieren würden, bevor sie es taten.» Sieben Jahre lang wird er die Liga in Rebounds anführen.
Rodman über seine Suizidgedanken:
1993 fällt alles auseinander. Chuck Daly, für Rodman in Detroit Trainer und Vaterfigur in einem, ist weg. Die Stabilität in Rodmans Leben damit auch. Es fehlt nicht viel, und der Texaner hätte sich erschossen. Er schläft vor dem Stadion im Auto ein, eine Schusswaffe auf dem Schoss. Bis ihn die Polizei weckt. «Sie hatten ihre Pistolen gezogen und all den Scheiss», erinnert sich Rodman. Danach schliesst er sich für fast zwei Monate daheim ein. «Als ich wieder rauskam, war ich der neue Dennis.»
Rodman über Tattoos, Piercings und Frauenkleider
Rodman verlangt einen Transfer. Er wird nach San Antonio geschickt. Es ist die Zeit, in der er anfängt, sich die Haare zu färben, sich tätowieren und piercen zu lassen. «In San Antonio habe ich angefangen, in Schwulen- und Dragclubs zu gehen. Ich habe angefangen, Drag-Queens zu den Spielen mitzubringen.» Was heute immer noch für Aufsehen sorgen würde, gilt Anfang der 90er als undenkbar. Hätte es das Internet in seiner heutigen Form schon gegeben, es wäre explodiert. Er frage sich manchmal: «Wie wäre es gewesen, wenn ich schwul gewesen wäre damals? 1993, 1994? Wäre ich in der NBA gewesen?» Erste Erfahrungen mit Frauenkleidern machte er schon als Kind. Er hatte keinen Vater, der verliess die Familie, als er drei Jahre alt war, und soll insgesamt 29 Kinder gezeugt zu haben. Dafür hatte er Schwestern. «Die haben mich immer verkleidet», sagt er. «Vielleicht habe ich mich später daran erinnert, dass ich mich gut gefühlt habe, ein Kleid zu tragen.»
Rodman über seinen legendären Auftritt im Hochzeitskleid:
Es ist 1996, Rodman stellt in New York seine Autobiographie «Bad As I Wanna Be» vor. Die Idee, das im Hochzeitskleid zu tun, hat er schon, dann bestärkt ihn Aerosmith-Sänger Steven Tyler. «Ich war im Fitnesscenter auf einem Gerät, neben mir war Tyler.» Als er ihm die Idee schildert, regiert Tyler begeistert: «Oh Gott, das ist so geil. Tu es, tu es, tu es.» Rodman tuts – und sorgt für einen denkwürdigen Moment.
Rodman über Nordkorea:
2013 taucht Rodman plötzlich in Nordkorea auf. Dabei war er gar nicht die erste Wahl von Diktator Kim Jong-un. Der habe zuerst nach Michael Jordan gefragt, dann nach Scottie Pippen. Beide sagten ab. «Dann hat er mich angefragt. Ich sagte: Okay, ich machs, ich gehe. Ich ahnte ja nicht, worauf ich mich einlasse.» Er habe nicht gewusst, dass Nordkorea ein autoritäres Regime sei, in dem Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind. «Ich wusste nichts davon, bis ich dort war. Da habe ich gesagt: ‹Oh shit.› Niemand hat mich darauf vorbereitet.» Nicht, dass ihn das daran hindern würde, Kim dennoch als Freund zu sehen und mit ihm die Nordkoreaner. «Sie haben mir die Präsidentensuite im besten Hotel des Landes gegeben. Ich hatte Köche, Bedienstete. Sie behandeln mich wie einen der ihren.»
Rodman über das Altern:
Mit seinen vier Kindern muss er sich noch versöhnen. «Das werde ich irgendwann tun.» Und sonst? «Mit 60 habe ich mir gedacht: ‹Scheisse, was bleibt von mir übrig? Wie kann ich meinen Geist aktiv halten? Wie bereite ich mich darauf vor, zu sterben?› Das ist das einzige, was mir noch bleibt: Friedlich zu sterben.» (eg)