Weil Antetokounmpo ein komplizierter Nachname ist und die Amerikaner pragmatische Sportfans sind, hat der neue Rekordmann in der NBA einen einfachen Übernamen: «The Greek Freak», den Freak aus Griechenland, rufen sie Giannis Antetokounmpo (26).
Das mag ein bisschen faul sein, aber es trifft es nicht schlecht. Denn was der Greek Freak leistet, scheint manchmal nicht von diesem Planeten zu sein. Die Ball-Technik eines erstklassigen Guards kombiniert er mit der Wucht eines Old-School-Centers. Wo Antetokounmpo aufläuft, ist Spektakel garantiert, in den letzten Saison macht er seine Milwaukee Bucks praktisch im Alleingang zum Titelkandidaten.
Zweimal besser als LeBron James
Das Verrückte: Erst mit 13 Jahren begann der Sohn nigerianischer Einwanderer, in Athen Klub-Basketball zu spielen. 13 Jahre später ist der 2,11 Meter lange Power Forward der Bucks der effizienteste Spieler der Liga, Herz und Seele seines Teams, vierfacher All-Star und einmal bester Defensivspieler des Jahres. Zweimal sticht er zuletzt Superstar LeBron James (35) als wertvollsten Spieler der Liga (MVP) aus.
Der verdiente Lohn folgt diese Woche. Antetokounmpo hat soeben den fettesten Vertrag in der NBA-Geschichte unterschrieben: 228,2 Millionen US-Dollar wird er über fünf Jahre verdienen.
Er verkaufte auf der Strasse billigen Ramsch
Es ist das nächste Kapitel einer wahnwitzigen Biografie: Als Kind und Jugendlicher musste der Grieche durch die Hölle. Er lebte die ersten 18 Jahre seines Lebens ohne Papiere, immer zu wenig zu essen, immer hungrig. Die Eltern mussten ums Überleben kämpfen, mit seinen drei Brüdern teilte er sich ein Zimmer, half mit, ein bisschen Geld zu verdienen. Auf der Strasse verkaufte er billige Sonnenbrillen, Handtaschen, DVDs – das Geschäft vieler afrikanischer Einwanderer in Griechenland war auch das Geschäft seiner Eltern. Ein mieses Geschäft. «Unser Kühlschrank war oft leer», sagte er einst der «New York Times». «An manchen Tagen sind wir unsere Sachen nicht losgeworden. Dann haben wir kein Geld gehabt, um uns etwas zu essen zu kaufen.»
Basketball spielte er die längste Zeit auf den Strassen und in den Parks von Athen. Die Turnschuhe musste er sich eine Zeit lang mit Bruder Thanasis (28) teilen. Für zwei Paar reichte das Geld der Familie nicht. Die Wende kam an dem Tag, an dem Spiros Velliniatis durch das Sepolia-Quartier unterhalb der Akropolis lief und Ausschau hielt nach hoffnungsvollen Strassen-Basketballern. «Als ich Giannis spielen sah war es, als ob mich der Blitz getroffen hätte.»
«Wenn Mozart nichts zu essen hat, was geben Sie ihm?»
Velliniatis nimmt sich des Mega-Talents an, hilft auch abseits des Parketts, zum Beispiel mit Essen. «Wenn Sie Mozart vor sich haben und der hat nichts zu essen, was geben Sie ihm?», fragte der Coach einst. «Die Antwort ist nicht: eine Violine. Die Antwort ist ein Laib Brot.»
Längst ist Antetokounmpo auf dem Parkett ein grosser Virtuose. In der Heimat wird er geliebt, für viele Einwanderer aus Afrika verkörpert er die Hoffnung, es in Griechenland zu etwas bringen zu können – und vor allem dereinst akzeptiert zu werden. Einzig die Rassisten der rechtsextremen Partei «Goldene Morgenröte», von 2012 bis 2019 im griechischen Parlament vertreten, stören sich noch daran, dass ein afrikanisch-stämmiger Star in der Basketball-Nati für Furore sorgt.
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Das verrückte Kugelschreiber-Geschenk
In Übersee reisst die Euphorie um den Greek Freak derweil nicht ab. Die Hängepartie, ob Antetokounmpo seinen Vertrag verlängert, oder allenfalls nächsten Sommer seine Mannschaft verlässt, hielt die NBA-Öffentlichkeit monatelang auf Trab.
Bis Milwaukee-Teamkollege Khris Middleton (29) die Initiative ergriff: Als Geburtstagsgeschenk legte er dem Superstar am 6. Dezember 19 Kugelschreiber in den Garderobenspind, einen von jedem Teamkollegen. Die Botschaft: Bitte zügig den neuen Vertrag unterschreiben. Middleton: «Ich hoffe, er freut sich und benutzt sie auch.»
Diese Woche wird Middletons Wunsch wahr: Antetokounmpo verlängert. Ob das Geschenk einen Einfluss hatte? Den Bucks wirds egal sein.