Zug bestätigt Wegzüge wegen Russland-Sanktionen
«Das ist in mehreren Fällen passiert»

Der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler kritisiert den «vorauseilenden Gehorsam» gegenüber den USA und der EU. Und fordert vom Bundesrat eine andere Sanktionspolitik.
Publiziert: 31.07.2022 um 15:08 Uhr
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«Swiss Finish»: Heinz Tännler 2019 am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest.
Foto: keystone-sda.ch
Reza Rafi

Herr Tännler, Sie kritisieren die Russland-Sanktionen. Warum?
Heinz Tännler: Wir haben im Kanton Zug diverse Fälle von Institutionen beziehungsweise Firmen, die zwar nicht direkt auf der Sanktionsliste sind, aber in Bezug mit einer sanktionierten Person stehen und uns um Hilfe bitten, weil sie weiterarbeiten wollen, aber blockiert sind. Ich stelle manchmal einen gelinde gesagt unbeholfenen Umgang in der Umsetzung der Sanktionen fest. Wir melden dies zuerst beim Seco, was einen langwierigen Prozess auslöst. Bis nach drei oder vier Wochen ein Entscheid kommt, kann eine Firma bereits in den Seilen hängen. Und wenn das Seco dann endlich eine Unbedenklichkeitserklärung ausstellt, was auch öfter vorkommt, machen die Banken meistens nicht mit, aus vorauseilendem Gehorsam gegenüber den USA und der EU.

Also sind die Chancen der Betroffenen gering?
In letzter Konsequenz heisst es dann: Ich kann die Zahlungen nicht vornehmen, ich muss umstrukturieren und mich aus der Schweiz verabschieden.

Ist das in Ihrem Kanton schon vorgekommen?
Das ist in mehreren Fällen passiert. Wie viele das genau sind, kann ich aus Datenschutzgründen nicht sagen. Aber wenn eine Firma wegzieht, kann das mehrere Hundert Arbeitsplätze betreffen.

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In der Ukraine führt Russland einen fürchterlichen Krieg. Haben Sie kein Verständnis für die Sanktionen?
Natürlich. Um es klar zu sagen: Ich habe keinerlei Sympathien für den Aggressor im Kreml, der den Angriffskrieg gegen die Ukraine führt. Aber wir übernehmen tel quel die Sanktionen der EU, der Briten und der USA, ohne sie auch nur einen Jota auf unsere Verhältnisse anzupassen. Was wir fordern, sind Sanktionen nach Schweizer Art, mit einem Swiss Finish sozusagen. Wie es jetzt läuft, setzt die Schweiz ihre Rechtsstaatlichkeit aufs Spiel.

Haben Sie Ihr Anliegen beim Bund deponiert?
Ich habe mit dem Bundesrat bereits in einzelnen Fällen Kontakt gehabt, worauf man mir jeweils zugesichert hat, zu reagieren. Aber der Bundesrat muss seine Sanktionspolitik grundlegend anpassen. Das Wichtigste dabei ist, dass wir unsere Rechtsstaatlichkeit, eine der wichtigsten Tugenden der Schweiz, nicht aufs Spiel setzen dürfen.

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