Sechs Tage lang war die fünfköpfige Flüchtlingsfamilie samt Grossvater aus der ostukrainischen Stadt Charkiw mit ihrem Auto via Slowenien und Italien unterwegs, bis sie nach ihrer anstrengenden Flucht endlich in der Schweiz anlangte. Nach der Zwischenstation Flüchtlingsheim hat sie nun ein vorübergehendes Zuhause in einer Vier-Zimmer-Stadtwohnung in Zürich gefunden. Diese gehört dem Zürcher FDP-Stadtrat und früheren «Arena»-Moderator Filippo Leutenegger (69). Er hat damit sein öffentlich abgegebenes Versprechen eingehalten, Flüchtlinge bei sich aufzunehmen.
«Die Ukrainer sind am Donnerstag bei mir eingetroffen und haben nun ausgepackt und sich eingerichtet», sagt Leutenegger. «Am Abend habe ich für sie Pasta gekocht, weil sie erschöpft waren.»
Filippo Leutenegger zog in ein kleines Studio
Der Zürcher Stadtrat stellt seine Wohnung der Familie für die nächsten Monate kostenlos zur Verfügung. Er selber ist ausgezogen und wohnt nun in einem kleinen Studio nebenan. Seine Tochter (16), die zuvor mit ihm in der Wohnung lebte, macht derzeit einen Auslandaufenthalt – sie kehrt erst im Sommer zurück. Bis dahin dürfen «seine» Ukrainer in Leuteneggers Wohnung bleiben.
«Ich kümmere mich natürlich um die Familie», sagt der Stadtrat. Er ging bereits mit ihnen einkaufen, zeigte die Umgebung und gab ihnen Geld, um zu kaufen, was benötigt wird. «Es geht um kleine Dinge wie einen Föhn oder Shampoo.» Nun besorgt er noch eine Parkplatzkarte und schaut, dass die Buben (14 und 9) bald zur Schule gehen können.
Die Organisation übernimmt er von seinem kleinen Studio aus, wo nur ein Einzelbett, ein Tisch und ein Schrank stehen. «Aber das reicht mir, ich bin ja nur zum Schlafen da. Die Familie braucht dagegen Platz, eine Küche und einfach ihre eigenen vier Wände.» Er tue das aus Solidarität. «Und um mit gutem Beispiel voranzugehen.»
Wohnung des Grossvaters wurde zerbombt
Vom Kanton erwartet er keine Unterstützung. «Ich will auch gar nichts. Ich bin nur froh, wenn ich einer Familie einen guten Platz geben kann. Der Innenhof ist zum Spielen geeignet und es hat noch andere Kinder hier.»
Mit den Ukrainern spreche er englisch. «Sie sprechen zwar nur gebrochen Englisch, aber wir können uns unterhalten.» Die Familie habe ihm erzählt, dass ihre Stadt mehr oder weniger dem Erdboden gleichgemacht wurde. «Die Wohnung des Grossvaters, der auch dabei ist, wurde komplett zerbombt – sie steht nicht mehr.» Die Familie sei sehr dankbar, dass sie nun in Sicherheit ist. «Aber glücklich sind sie nicht: Sie sind aus einem Krieg geflüchtet, das ist immer schrecklich! Und sie vermissen ihre Heimat.»