Beatrice T.* erlebte einen sexuellen Missbrauch im Kindesalter. Seither ist die Zürcherin traumatisiert. Fast 40 Jahre danach, will T. in einem geschützten Rahmen Nähe zu Männern lernen.
Sie entscheidet sich für die Surrogat-Partner-Therapie, eine Körpertherapie mit einem Partnerersatz. Das geht schief: Datenschutzpanne und nicht anberaumter Ersttermin. Und: Die Mittvierzigerin fühlte sich hintergangen, da sie nicht von Anfang an informiert wurde, Teil der schriftlichen Arbeit des Ersatzpartners zu sein.
Warum Beatrice T. diesen «Verrat» derart schlimm empfand, erklärt Helke Bruchhaus-Steinert (65), Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. «Dass sich Frau T. in der Surrogat-Partner-Therapie benutzt fühlte, ist eine subjektive Wahrnehmung», sagt die Expertin zu Blick. «Für traumatisierte Menschen ist Kontrolle und Selbstbestimmung sehr wichtig. Die Sache scheint von Anfang an nicht günstig gelaufen zu sein. Die Patientin fühlte sich überrumpelt. Sie empfand das Gefühl von ‹mit mir passiert was› – statt ‹ich habe es in der Hand›.»
«Surrogat-Partner-Therapie ist keine Psychotherapie»
«Sie fühlte sich während der Therapie in die Missbrauchs-Situation in der Kindheit zurückversetzt», sagt Bruchhaus-Steinert. Aber: «Indem sie die Therapie abgebrochen hat, hat sie sich die Führung zurückgeholt.»
Grundsätzlich verteufeln will Bruchhaus-Steinert die Surrogat-Partner-Therapie nicht. «Es ist eine Enttabuisierung, die ich begrüsse.» Aber: «Durch den Begriff ‹Therapie› kann es suggerieren, eine medizinische Therapie zu sein – was es jedoch nicht ist.» Stattdessen sei es ein «erlebnisorientiertes Angebot – wie im Europa Park auf die Achterbahn gehen, um das Kribbeln zu fühlen.»
Daher rät Bruchhaus-Steinert Menschen mit sexuellem Missbrauchstrauma zu einer Psychotherapie.
* Name geändert