Die umstrittene Talk-Szene mit Salomé Balthus
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Falschaussage bei «Schawinski»:Die umstrittene Talk-Szene mit Salomé Balthus

Eklat um Talk-Gast
Edel-Prostituierte nach Angriff auf Schawinski gefeuert

Eine Kolumne von Roger Schawinskis Talkgast, der Edelprostituierten Salomé Balthus, hat für sie gravierende Folgen: Weil sie sich auf ein nicht gesagtes Zitat stützte, ist sie nun ihren Kolumnisten-Job los.
Publiziert: 08.04.2019 um 17:56 Uhr
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Aktualisiert: 09.04.2019 um 11:05 Uhr
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Sorgte mit ihrer Kolumne für einen aufgebrachten Roger Schawinski: Talkgast und Kolumnistin Salomé Balthus.
Foto: SRF
Fabian Vogt und Tom Wyss

Schon wieder ein Eklat um Roger Schawinski (73). Letzte Woche sorgte der Moderator mit seinem Brüll-Duell mit Talkgast Markus Somm (54) und einem vorzeitigen Sendungsabbruch auf seinem Sender Radio1 für Schlagzeilen.

Sendungsabbruch wegen Eskalation bei «Roger gegen Markus»
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Wegen Somms neuer Kolumne:Sendungsabbruch wegen Eskalation bei «Roger gegen Markus»

Nun gibt es Drama wegen seiner SRF-Talksendung «Schawinski». Gast ist heute Salomé Balthus (34), ihres Zeichens Luxus-Prostituierte. Eingeladen wurde die Berlinerin, weil sie eine ungewöhnliche Karriere hinlegte: Als Studentin begann sie, sich für Sex bezahlen zu lassen. Mittlerweile hat die 35-Jährige ihren eigenen Escort-Service, philosophiert, schreibt und bezeichnet sich selbst als «Hetäre» (was der bildungssprachliche Begriff für Prostituierte ist).

«Hat Ihr Vater Sie als Kind sexuell missbraucht?»

Doch ihren Besuch bei Schawi prangerte Balthus in einer Online-Kolumne der deutschen Zeitung «Welt» (mittlerweile gelöscht) heftig an.  Die Sendung kommt heute um 22.55 Uhr auf SRF1, wurde aber im Vorfeld aufgezeichnet.

Wie kams? Zu Beginn der Sendung sei ihr ein Foto ihres verstorbenen Vaters gezeigt worden, beginnt Balthus ihren Artikel. In Kürze ist sein sechster Todestag. «Schawinski möchte von mir wissen, was mich am meisten schmerzt, wenn ich an meinen Vater denke. Es fällt mir nicht leicht, es in Worte zu fassen, zumindest mündlich, so spontan», schreibt Balthus. «Ich hatte die Fragen nicht im Vorfeld vorgelegt bekommen, konnte mich also nicht auf sie vorbereiten».

Nach der Frage sei es zudem bereits mit einem Videoclip von Alice Schwarzer weiter gegangen, die im deutschen Fernsehen erklärt habe, dass nahezu alle Prostituierten schon als Kinder sexuell missbraucht worden seien. Die anschliessende Frage Schawinskis habe sie dann derart verstört, dass ihr Seelenleben Schaden genommen habe, schreibt sie weiter. Die Frage lautete laut ihr: «Hat Ihr Vater Sie als Kind sexuell missbraucht?».

Ihr Vater, Reinhard Lakomy (†67), war Komponist, Pianst, Sänger und Arrangeur aus Magdeburg (D). Er gehörte nebst den Puhdys zu den Künstlern mit den meisten offiziellen Veröffentlichungen in der DDR. Lakomy ein Kinderschänder? Beweise für die Anschuldigung gebe es keine, schreibt Balthus.

Nach der Sendung habe sie sogar ihren Rückflug verpasst, weil sie sich auf dem Flughafen Zürich betrank. Ihre Erklärung: «Eindeutig ein Symptom für ein Missbrauchstrauma. Aber nicht gerade durch meinen Vater, sondern durch Schawinskis Late-Night-Show.»

Schawinski gibt den genauen Wortlaut wieder

Roger Schawinski weist die Vorwürfe von Balthus vehement zurück. Er sagt, der Gesprächsverlauf in der Sendung sei ein ganz anderer gewesen, und der Satz: «Hat Ihr Vater Sie als Kind sexuell missbraucht?» sei nie gefallen.

SRF gibt auf BLICK-Anfrage die wörtlichen Zitate der Sendung wieder. Diese sei «live on tape», sprich: integral aufgenommen worden und werde ohne Schnitt gesendet:

  • Einspieler Schwarzer: «Wir wissen aus den Lebensläufen, dass eine überwältigende Mehrheit von den Frauen, die ‹freiwillig› in der Prostitution sind, das heisst, die nicht von Schleppern aus Bulgarien gebracht werden oder von ihren Familien hierhingeschickt werden und immer anschaffen müssen … dass die noch häufiger als im statistischen Durchschnitt in der Kindheit sexuellen Missbrauch erfahren haben.»
  • Roger Schawinski: «Ist das bei Ihnen auch der Fall gewesen? Oder würden Sie es mir gestehen, wenn es so wäre?»
  • Salomé Balthus: «Ich nehme an, wenn ich jetzt Nein sage, was ich tue, kommt bestimmt als Nächstes jemand, der behauptet, ich hätte es verdrängt. Ich könnte Ihnen dieselbe Frage stellen, Herr Schawinski.»
  • Schawinski: «Welche Frage?»
  • Balthus: «Diese Frage, ob man als Kind missbraucht worden ist, ob man verdrängte Traumata hat … »
  • Schawinski: «Aha, nee, aber … Sie sagen, Sie können sich nicht daran erinnern?»
  • Balthus: «Es ist nicht der Fall. Ich glaube, ich kenne genügend Leute, die mir das auch sagen würden, wenn das der Fall wäre.»

Fehler hat für Balthus gravierende Folgen

Schawinski beschwerte sich bei der «Welt». Und die Redaktion reagierte prompt: Der Artikel verschwand aus dem Netz – und «Welt»-Chefredaktor Ulf Poschardt feuerte die Kolumnistin umgehend. «Nach Einsichtnahme in das Transkript der noch nicht gesendeten Sendung haben wir heute Morgen festgestellt, dass die zentrale Passage der neuen Kolumne von Salomé Balthus unzutreffend ist», sagt Oliver Michalsky, Chefredaktor von «Welt digital», zu BLICK. Die Roger Schawinski zugeschriebene Frage «Hat Ihr Vater Sie als Kind sexuell missbraucht?», sei von diesem nicht gestellt worden. «Frau Balthus baute aber darauf die gesamte Kolumne auf. Dies können wir nicht tolerieren, denn so ein Vorgehen entspricht nicht unseren journalistischen Leitlinien. Deswegen haben wir den Artikel gelöscht und auch die Zusammenarbeit mit Frau Balthus beendet. Bei Herrn Schawinski haben wir uns per Mail entschuldigt», so Michalsky.

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Die restlichen Balthus-Kolumnen, die unter dem Begriff «Das Kanarienvögelchen» laufen, sind weiterhin online.

«Ich denke, die Frage sollte genau so verstanden werden»

Und was sagt die geschasste Kolumnistin zu Schawis Aussagen? «Die Transkription zeigt nicht, dass es unmittelbar vor dem Schwarzer-Einspieler um meinen Vater ging, und meine Kindheit, die so stark von ihm geprägt war», sagt sie zu BLICK. «So, dass ich die Frage von Herrn Schawinski natürlich im Bezug auf meinen Vater verstehen muss. Es ist doch auch das Naheliegendste, dass es der Vater war, wenn es eben noch um ihn ging, und prominente Künstler ohnehin öfter diesem Verdacht ausgesetzt sind als Normalbürger. Ich denke auch, die Frage sollte genau so verstanden werden.» 

Es sei ihr in ihrer Kolumne darum gegangen, dass ihr und ihresgleichen oft und immer wieder solche Dinge unterstellt würden. «Dass wir ein kindliches Missbrauchstrauma hätten, das uns dazu bringt, so anders zu leben als andere. Es funktioniert dann als perfide Stigmatisierung.» Auch sei es ihr darum gegangen, «die Art der Gesprächsführung zu erläutern, zu der Herr Schawinski mich zwang: durch schnelle Fragen, von einem Thema zum nächsten springend, den Gast nicht zum Nachdenken kommen lassend, ihn provozierend und verhörend. Sollte mir dabei ein Fehler unterlaufen sein, und sei es im Nachhinein in der Erinnerung, so ist es auch die Auswirkung dieser Situation, in die er mich brachte.»

Es sei die Strategie von Prostitutionsgegnern, Sexarbeiterinnen als verhaltensgestört zu brandmarken. «Schawinski griff das dann öffentlich auf und trieb mich damit bewusst in die Enge», sagt sie.

Als BLICK mit Salomé Balthus sprach, wusste sie noch nichts vom Ende ihrer Kolumne.

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