Strichplatz-Amok Agron T. (20) vor Bezirksgericht Zürich
«Er benutzte das Auto wie eine Schusswaffe»

Am Montag stand Amok-Fahrer Agron T. (20) vor dem Zürcher Bezirksgericht. Der Vater einer fünfjährigen Tochter hat 2020 eine Polizistin überfahren und fast getötet. Vor Gericht macht er Erinnerungslücken geltend.
Publiziert: 17.01.2022 um 18:11 Uhr
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Aktualisiert: 17.01.2022 um 19:59 Uhr
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Seit Montag steht der junge Mann vor Bezirksgericht Zürich, der auf dem Zürcher Strichplatz eine Polizistin fast getötet hat.
Foto: Blick
Michael Sahli

Amok-Fahrer Agron T.* (20) überrollte im Februar 2020 mit einem Auto auf dem Zürcher Strichplatz eine Polizistin und tötete sie fast. Seit Montag steht der Vater einer fünfjährigen Tochter deswegen vor dem Bezirksgericht Zürich. Er behauptet: «Ich kann mich an vieles nicht mehr erinnern, was an dem Tag passierte.»

Der Schweizer, der über keine berufliche Ausbildung, dafür aber über mehrere Vorstrafen verfügt, wurde mit Handschellen ins Gerichtsgebäude geführt. Und beantwortete die Fragen des Gerichts teilweise schnippisch und widersprüchlich.

Am Tattag war er mit seiner damaligen Freundin (damals 16) und drei Kumpels unterwegs. Die Gruppe konsumierte einen Mix aus Kokain und Alkohol und fuhr auf den Strichplatz in Altstetten, der bekannt für seine «Verrichtungsboxen» ist. Warum, wisse er nicht mehr, so T. Aber: «Meine Freunde begannen, Fotos von den Frauen zu machen.» Schliesslich bemerkten Polizisten in Zivil die Teenager-Gruppe. Und wollten das Fahrzeug kontrollieren.

Nach der Tat suchte er nach Tickets in den Kosovo

«Ich bin erschrocken, bekam Panik», erzählt Agron T. vor Gericht, weil er keinen Fahrausweis hat und unter Drogen und Alkohol stand. T. behauptet im Verlauf der Untersuchung: Er habe zwar den Polizisten gesehen, der auf der Beifahrerseite stand, nicht aber dessen Kollegin auf der Fahrerseite. Oder alternativ: Er habe die Taschenlampe der Beamtin mit einer Waffe verwechselt und wollte deshalb flüchten. Eine andere Variante: Die Polizistin sei ihm quasi vor das Fahrzeug gesprungen.

Fest steht: T. setzte mit dem zuvor entwendeten Hyundai seines Vaters kurz zurück. Und drückte das Gaspedal dann voll durch. Ein Mitarbeiter der SIP (Sicherheit, Intervention, Prävention) stand hinter dem Auto und musste sich laut Anklage mit einem Sprung zur Seite retten. Auch eine Prostituierte brachte sich in Sicherheit. Die Polizistin wurde aber vom SUV erfasst, mitgeschleift und überrollt. Sie überlebte nur knapp und leidet unter bleibenden Folgen.

Die Mitinsassen bemerkten die Kollision deutlich. «Du hast sie überfahren», habe einer der Mitfahrer zum Angeklagten gesagt, heisst es im Polizeibericht. Aber daran will sich T. nicht erinnern. Von der Kollision habe er nichts mitbekommen, obwohl die Polizistin laut Unfallgutachten zuerst auf die Motorhaube knallte. Nach der Tat und anschliessender Flucht suchte T. im Internet nach Flugtickets für sich und seine Mutter in den Kosovo und schrieb einem Verwandten: «Ich will nicht ins Gefängnis.»

Urteil folgt am Dienstag

Genau dort will ihn die Staatsanwaltschaft aber sehen. Und zwar für 16 Jahre, unter anderem wegen versuchten Mordes. Denn der Angeklagte habe bemerken müssen, dass er die Polizistin mitschleifte. «Sein Fuss blieb trotzdem auf dem Gas», so der Staatsanwalt. «Er benutzte das Auto wie eine Schusswaffe, mir der man sich den Fluchtweg freischiesst.» Zudem raste er mehrmals mit über 100 Stundenkilometern durch die Stadt Zürich.

Der Verteidiger sieht in der Tat keinen versuchten Mord, sondern eine mehrfache Gefährdung des Lebens und eine fahrlässige schwere Körperverletzung. Und fordert sechs Jahre Gefängnis, aufgeschoben zugunsten einer stationären Massnahme, in der sein Mandant eine Lehre absolvieren soll. In seinem Schlusswort sagte der Angeklagte an die Adresse des Opfers: «Ich möchte mich entschuldigen.»

Das psychiatrische Gutachten diagnostiziert eine Persönlichkeitsstörung und eine Cannabisabhängigkeit mit hoher Rückfallgefahr für Gewaltdelikte. Das Urteil soll am Dienstag fallen.

*Name geändert

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