Agron T.* (20) hat im Februar 2020 auf dem Zürcher Strichplatz eine Polizistin (40) mit dem Auto überfahren und sie dabei fast getötet (Blick berichtete). Am Montag musste er sich vor dem Zürcher Bezirksgericht verantworten. Das Gericht hat ihn unter anderem der mehrfachen, teilweise versuchten schweren Körperverletzung und der qualifizierten Verletzung der Verkehrsregeln schuldig gesprochen. Bei versuchtem Mord hiess es dagegen – Freispruch. T. muss nun für elf Jahre und drei Monate hinter Gitter. Der Staatsanwalt hatte 16 Jahre gefordert. Der Beschuldigte hat das Urteil regungslos zur Kenntnis genommen.
«Ich weiss nicht, was in Ihrem Kopf vorging. Wenn Sie es jetzt noch nicht begriffen haben, hoffe ich, Sie begreifen es nach elf Jahren», sagte der Richter zu Agron T. nach der Urteilsverkündung. «Anscheinend lernen Sie es nur auf die harte Tour. Ich hoffe, Ihre Kollegen lernen es, wenn sie jetzt sehen, was mit Ihnen passiert.»
Mit Auto von Papi Prostituierte gefilmt
Am 28. Februar 2020 rollt der arbeitslose Schweizer mit drei Kumpels und seiner damaligen Freundin auf dem Strichplatz in Altstetten ein. Das Auto, einen Hyundai-SUV, hatte er zuvor seinem Vater entwendet. Selber besass Agron T. nicht einmal den Lernfahrausweis. Die Ex-Freundin (damals 16 Jahre alt) sagt später aus, sie seien alle «voll drauf» gewesen, hätten Kokain, Alkohol und Cannabis konsumiert. Und: Die zugedröhnten Teenager fotografieren und filmen die Prostituierten. Diese melden die seltsame Gruppe den anwesenden Zivilpolizisten.
Zusammen mit ihren Kollegen will sich die später schwer verletzte Polizistin das verdächtige Fahrzeug genauer ansehen. Und tritt dazu an die Fahrerseite. Agron T. ruft laut der Aussage seiner Ex: «Verpisst euch!» – und drückt das Gaspedal voll durch.
Polizistin wurde 16 Meter mitgeschleift und dann überrollt
Die Kollegen der Polizistin können sich mit einem Sprung zur Seite retten, sie wird erfasst, knallt auf die Motorhaube und geht zu Boden. Ihr Bein hat sich aber im Radkasten verkeilt, sie wird knapp 16 Meter mitgeschleift. Als sich ihr Bein endlich vom Vorderrad löst, hat das Auto bereits eine Geschwindigkeit von 40 km/h. Die Polizistin wird vom Hinterrad noch mal überrollt.
Lange schwebt sie zwischen Leben und Tod. Und trägt schwere Gehirnschäden davon: «Sie hat wohl bleibend, mindestens aber jahrelang Kopfschmerzen, neurologische Einschränkungen mit eingeschränkter Leistungsfähigkeit, Vergesslichkeit und Überempfindlichkeit bei Lärm und sichtbaren Narben bei den Verletzungsstellen», heisst es in der Anklageschrift. Dazu verlor sie ihren Geruchssinn. Sie könne wohl nie mehr ihrem Beruf an der Front und ihren Freizeitbeschäftigungen (Schwimmen, Fahrradfahren, Spaziergängen mit Hunden) nachgehen. Mittlerweile sei sie immerhin in der Lage, ein Teilzeitpensum im Innendienst zu absolvieren, heisst es von der Stadtpolizei.
Familie von Agron T. schweigt zur Tat
Für Agron T. war es nicht das erste Mal, dass er mit dem Auto seines Vaters unterwegs war. Und es war auch nicht das erste Mal, dass er den Tod von Mitmenschen in Kauf genommen haben soll, so die Anklage: Mehrmals fuhr er mit halsbrecherischer Geschwindigkeit, teilweise über 110 Stundenkilometer durch die Stadt.
Der Staatsanwalt sah in der Amokfahrt unter anderem mehrfachen versuchten Mord, mehrfache Gefährdung des Lebens und qualifizierte grobe Verletzung der Verkehrsregeln. Die Familie von Agron T. will sich zum Fall nicht äussern.
*Name geändert