Rottweiler attackiert Spaziergängerin und lässt sie schwer verletzt zurück
1:11
Resozialisierung nützte nichts:Dieser Rottweiler attackierte 2019 eine Spaziergängerin

Rottweiler griff Seniorin an
Darum wurde der Hund nicht weggenommen

Problem-Hund Slobo geht mehrfach auf Menschen los. Immer wieder beisst er zu. Ein Wesenstest ergibt, dass der Rottweiler eine tickende Zeitbombe ist. Trotzdem dürfen die Besitzer das Tier behalten, bis es zur Attacke in Horgen ZH kommt. Das Veterinäramt erklärt sich.
Publiziert: 08.06.2022 um 10:29 Uhr
|
Aktualisiert: 08.06.2022 um 13:16 Uhr
1/12
Rottweiler-Rüde Slobo tötete im Oktober 2019 beinahe eine Seniorin in Horgen ZH. Auch davor war er bereits mehrfach auf Menschen losgegangen.
Foto: zVg
Johannes Hillig

Er hätte beinahe einen Menschen getötet. Unvermittelt ging Rottweiler Slobo im Oktober 2019 auf Miriam Z.* (77) los, als die Seniorin für einen Spaziergang in Horgen ZH in Richtung Zürichsee unterwegs war. Der Rüde sprang der alten Dame in den Rücken und biss zu. Mehrfach! Statt zu helfen, flüchtete Halterin Dragica B.* (34) mit Slobo und liess die blutende 77-Jährige ohnmächtig zurück.

Sie und ihr Ex-Mann Radan B.* (35) hätten sich deswegen am Dienstag vor dem Bezirksgericht Horgen verantworten müssen. Er erschien, sie nicht. Der Prozess wurde nun verschoben.

Inzwischen wurde der Problem-Hund eingeschläfert – doch das hätte schon vor der Horror-Attacke geschehen sollen. Denn der Rottweiler-Rüde war schon in der Vergangenheit immer wieder auf Menschen losgegangen. Dementsprechend war Slobo auch dem Zürcher Veterinäramt bekannt, wie die Behörde auf Anfrage von Blick bestätigt.

Warum wurde Slobo nicht weggenommen?

Nach ersten Meldungen wurde der Kampfhund, wie es üblich ist, einem Persönlichkeitstest unterzogen. «So erfolgte die Beurteilung auch hier und es wurde entsprechend gehandelt», sagt Kantonstierärztin Regula Vogel zu Blick. Was genau darunter zu verstehen ist, führt das Amt nicht aus.

Fakt ist: Der Rottweiler durfte bei den Besitzern bleiben – und das trotz mehrerer Vorfälle. Aber warum? Auf Details in diesem Fall kann die Kantonstierärztin wegen des laufenden Verfahrens nicht eingehen.

Nur so viel: «Wir weisen darauf hin, dass das Veterinäramt nur ihm bekannte und auch nachweisbare Vorfälle für den Entscheid beiziehen kann, ob Massnahmen wie die Wegnahme eines Hundes verfügt werden dürfen.»

Therapie im Ausland als letzte Rettung

Statt Slobo einschläfern zu lassen, brachten seine Halter das Tier nach Ungarn zu einer deutschen Hundetrainerin. Antonia K.* macht auf ihrer Internetseite vollmundige Versprechungen. Sie habe die beste Quote, was Resozialisierungen angehe – und zwar in ganz Europa. Jedem Hund habe sie noch helfen können. So auch dem Rottweiler.

Dass Slobo tatsächlich im Ausland geheilt wurde und in der Schweiz lediglich rückfällig wurde, glauben Hunde-Experten nicht. Darunter Hans Schlegl, der seit 30 Jahren als Polizeihunde- und Rettungshundefachexperte tätig ist. Er unterzog den Rottweiler vor der Therapie einem Wesenstest. Sein Fazit: Der Rottweiler ist gefährlich. «Eine tickende Zeitbombe», sagte er zu Blick.

Veterinäramt wusste nichts von der Resozialisierung

An einen Therapie-Erfolg glaubt auch Oliver Weber (50) aus Rothenfluh BL nicht. Er ist Verhaltensexperte für Hundepsychologie und arbeitet seit mehr als 20 Jahren mit Hunden und ihren Haltern. Eine Resozialisierung ist schwierig. Es klinge zwar gut, den Hund für eine bestimmte Zeit abzugeben, und das Problem sei dann erledigt. Dem sei aber nicht so.

«Nach meinem Training hat er sich wieder anfassen lassen»
0:40
Antonia K.*:«Nach meinem Training hat er sich wieder anfassen lassen»

Ob dieses Resozialisierungsprogramm in der Schweiz überhaupt anerkannt worden wäre, ist fraglich. Das Veterinäramt hatte keine Kennntis über den Inhalt davon. Kantonstierärztin Vogel zu Blick: «Verfügt das Veterinäramt verhaltenstherapeutische Massnahmen für einen Hund, so legt es die zu erreichenden Ziele, das Reporting und die Anforderungen an die Fachperson im Einzelnen fest.»

Das war bei Slobo nicht der Fall. Wieder zurück in der Schweiz zeigte sich: Der Rottweiler hatte sich nicht verändert – und das musste eine Seniorin beinahe mit ihrem Leben bezahlen.

* Namen geändert

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?