Er biss zu. Immer wieder. Am Ende tötete Rottweiler Slobo im Oktober 2019 beinahe die Seniorin Miriam Z.* (77), als sie in Horgen ZH bloss spazieren gehen wollte. Unvermittelt griff der Rüde die alte Dame von hinten an. Halterin Dragica B.* (34) liess die blutende Seniorin zurück.
Sie und ihr Ex-Mann Radan B.* (35) hätten sich deswegen am Dienstag vor dem Bezirksgericht Horgen verantworten müssen. Die Angeklagte kam aber nicht. Der Prozess wurde nun verschoben.
Inzwischen wurde der Problem-Hund eingeschläfert. Das hätte bereits vor der Horror-Attacke geschehen sollen. Wegen anderer Vorfälle war Slobo einem Wesenstest unterzogen worden. Und zwar von Hans Schlegl, der seit 30 Jahren als Polizeihunde- und Rettungshundefachexperte tätig ist. Für ihn war klar: Der Rottweiler ist gefährlich. «Eine tickende Zeitbombe», sagte er vor dem Prozess zu Blick.
Deutsche Hundetrainerin sollte letzte Rettung sein
Vor dem Angriff auf die Seniorin gab es schon einen Termin, um den Rüden einzuschläfern. Doch Dragica B. tauchte nicht auf. Das Paar brachte Slobo ins Ausland. Die letzte Rettung: eine Therapie. Eine Resozialisierung sollte den Problem-Hund bändigen. Dafür fuhren die Schweizer zur deutschen Hundetrainerin Antonia K.* nach Ungarn.
Ihre Internetseite verspricht viel. Sie habe die beste Quote, was Resozialisierungen angehe – und zwar in ganz Europa. Sie habe noch jedem Hund helfen können. So auch Slobo.
Gerade seine Therapie und Wandlung dokumentiert Antonia K. im Internet mit verschiedenen Videos. Auch diesen Problem-Hund habe sie erfolgreich rehabilitiert. Wieder zurück in der Schweiz, zeigte sich: Slobo hatte sich nicht verändert. Er griff eine fremde Spaziergängerin an, biss sie fast zu Tode.
«Sobald der Hund bei mir weggeht, geht auch meine Verantwortung weg»
Aber wie kann das sein? Laut Antonia K. hat die Therapie nicht versagt. «Die Resozialisierung hat funktioniert», stellt sie in einem Video-Statement klar. Als der Rottweiler zu ihr kam, habe der Halter ihn nicht anfassen können. Nach ihrer Therapie sei das möglich gewesen.
Und überhaupt habe Slobo deutliche Fortschritte gemacht. Das Problem sei nicht ihre Methode gewesen, sondern die Besitzer. Das Paar hätte nicht auf sie gehört und Ratschläge missachtet.
Zurück in der Schweiz, sei Slobo wieder misshandelt worden und so wieder in alte Muster zurückgefallen. Die Hundetrainerin sei von den Besitzern enttäuscht und schockiert über deren Verhalten. Besonders, dass die alte Frau schwer verletzt zurückgelassen wurde. Der Rottweiler hätte nicht ohne Maulkorb aus dem Haus gehen dürfen. Und sie stellt klar: «Sobald der Hund bei mir weggeht, geht auch meine Verantwortung weg.» Welche Qualifikationen Antonia K. hat, wird auf ihrer Internetseite nicht ersichtlich. Eine Anfrage von Blick lässt sie unbeantwortet.
«Eine Resozialisierung ist sehr komplex»
Dass Slobo tatsächlich im Ausland geheilt wurde und in der Schweiz lediglich rückfällig wurde, glaubt Hans Schlegl nicht. «Ich habe zwei Videos gesehen, wie dort gearbeitet wird. Ich habe vieles gesehen, doch was dort gemacht wurde, kann nichts Positives bewirken», sagt der Hunde-Experte zu Blick.
An einen Therapie-Erfolg von 100 Prozent, den Antonia K. verspricht, glaubt auch Oliver Weber (50) aus Rothenfluh BL nicht. Er ist Verhaltensexperte für Hundepsychologie und arbeitet seit mehr als 20 Jahren mit Hunden und ihren Haltern. Eine Resozialisierung ist schwierig. Es klinge zwar gut, den Hund für eine bestimmte Zeit abzugeben, und das Problem sei dann erledigt. Dem sei aber nicht so.
Weber zu Blick: «Eine Resozialisierung eines Hundes mit einer solchen Vergangenheit ist sehr komplex, kosten- und zeitintensiv und beinhaltet zwingend, dass auch mit den Hundehaltern intensiv gearbeitet wird.» Ohne dass sich auch der Halter ändere, könne eine Resozialisierung nicht funktionieren. Im Fall von Slobo ist genau das passiert und hat eine Seniorin beinahe das Leben gekostet.
* Namen geändert
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