Fünf Mal schlug er mit der Faust gegen den Kopf. Ein Polizist in Vollmontur haute eine junge Frau, die am Boden lag. Dabei handelte es sich um die Schaffhauserin Liv (19). Die Szene wurde an einer unbewilligten Frauen-Demo Anfang März in Zürich aufgenommen.
Das Handyvideo sorgte mächtig für Kritik. Und jetzt schaltet sich auch die Staatsanwaltschaft ein. Gegen den Prügel-Polizisten läuft ein Strafverfahren. «Im Rahmen dieses Verfahrens werden nun der genaue Sachverhalt und die im Raum stehenden Straftaten geklärt», sagt Erich Wenzinger von der Zürcher Oberstaatsanwaltschaft zur «NZZ».
Gegen Polizei-Opfer wird ebenfalls ermittelt
Liv wollte damals nur einer Frau zur Hilfe eilen. «Wir waren komplett friedlich», betonte die junge Schaffhauserin im Gespräch mit Blick. Dann habe die Polizei begonnen, die Demonstrierenden einzukesseln und zurückzudrängen. Eine Aktivistin sei auf den Boden gedrückt worden. Die 19-Jährige rannte zu ihr, um der Frau zu helfen. Im nächsten Moment wurde sie an der Stirn gepackt, zu Boden gedrückt und geschlagen. Allerdings: In einer Medienmitteilung hielt die Stadtpolizei später fest, die Demonstrantin habe den Polizisten in drei Finger gebissen.
Dass Liv den Polizisten gebissen haben soll, daran konnte sie sich nicht erinnern. «Bevor ich auf dem Boden lag, ist das zu hundert Prozent nicht passiert. Als ich runtergedrückt wurde, stand ich so unter Schock, dass es vielleicht aus dem Affekt und vor Schmerzen passiert sein könnte», erklärte sie gegenüber Blick. Wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte wird auch gegen die 19-Jährige ermittelt.
Schläge stehen so im Lehrbuch
Die Polizei rechtfertige nach dem brutalen Einsatz das Vorgehen. Die Stellungnahme sorgte abermals für heftige Reaktionen. Wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte sei es zu einer Festnahme gekommen, schrieb der Stadtrat. «Während dieser Festnahme hat die am Boden liegende Frau den Polizisten in drei Finger gebissen. Dieser wendete in der Folge nach eigener Aussage zwei Ablenkungsschläge gegen den Kopf der Frau an.»
Solche «Ablenkungstechniken» seien gemäss Stadtrat unter Umständen notwendig, wenn sich Menschen massiv zur Wehr setzen. Die Technik von Ablenkungsschlägen ist denn auch Teil der Polizeiausbildung für Situationen, in denen eine erhebliche Bedrohung vorliegt.
Unterdessen hat man bei der Stadtpolizei reagiert: Ablenkungsschläge gegen den Kopf seien nur noch in Notwehrsituationen zulässig. (jmh)