Drogen, versuchte Tötung, Freiheitsberaubung – die Vorwürfe der Zürcher Staatsanwaltschaft gegen 25 Mitglieder der Strassengang Bahoz wiegen schwer. Das Ass im Ärmel der Ermittler: Ein geständiger Kronzeuge, dessen Aufenthaltsort streng geheim ist. Und der für Einvernahmen extra mit einem schwer gepanzerten Helikopter ins Polizei- und Justizzentrum an die Güterstrasse im Zürcher Kreis 4 geflogen wird, wie die «Republik» berichtet.
Die Ermittlungen gegen Bahoz kommen überraschend. Offiziell gibt es die Kurden-Bande seit Ende 2017 in der Schweiz nicht mehr. «Die Kutten verschwinden, aber natürlich bleiben wir Freunde», sagten die damaligen Chefs, als Blick sie in einem Zürcher Café zum Interview traf. Ihre Mission, ihre Erzfeinde, die Osmanen Germania, aus der Stadt zu verdrängen, sei erfolgreich abgeschlossen gewesen. Mit Präsenzmärschen auf der Zürcher Langstrasse hatte die Gang 2016 nicht nur für Schlagzeilen, sondern auch für ein massives Polizeiaufgebot gesorgt.
Besuch in der Pöschwies
Blick hatte den Bahoz-Gründer Diego* (33) erst kürzlich in der Justizvollzugsanstalt Pöschwies besucht. Brisant: Er wusste schon damals von den Ermittlungen gegen die Bahoz-Bande!
Seit März 2020 ist der kurdischstämmige Zürcher in Haft. Im Mai 2022 wurde er zu vier Jahren Knast verurteilt – wegen strafbarer Vorbereitungshandlungen zu Raub, Drogendelikten und mehrfacher Sachbeschädigung.
Mehr zur Bahoz-Bande
Als Blick ihn trifft, ist der Besucherraum der Haftanstalt gut besetzt, am Nebentisch begrüsst sich ein Liebespaar, auf der anderen Seite bekommt ein Häftling Besuch von Frau und Nachwuchs. Diego bestreitet einige der Tatvorwürfe, hat Berufung gegen das Urteil eingelegt. Der Prozess vor dem Obergericht soll Ende des Jahres stattfinden.
Nachdem er seine Strafe abgesessen hat, wird er für zehn Jahre des Landes verwiesen – eine Horrorvorstellung für ihn. «Ich bin in der Schweiz geboren und aufgewachsen», sagt er. Zur Heimat seiner Eltern hat er keinen Bezug.
«Er wurde mehrfach ohne Personenschutz gesehen»
Die Ermittlungen gegen 25 angebliche Bahoz-Mitglieder beschäftigen ihn. Für das Gründungsmitglied ist klar: «Es kann niemand Bahoz sein, wenn ich ihn nicht kenne. Von 90 Prozent der Leute, gegen die jetzt ermittelt wird, habe ich noch nie etwas gehört.» Bahoz sei eine rein kurdische Gruppierung gewesen, «jetzt sehe ich auf einmal italienische, portugiesische oder sogar afrikanische Namen unter den Verdächtigen.»
Nachdem sich die Gruppierung Ende 2017 aufgelöst habe, hätten ein paar Jungs aus Dietikon ZH und Bülach ZH angefangen, Leute zu rekrutieren – und den Namen Bahoz benutzt.
Dazu gehört laut Diego auch der jetzige Kronzeuge der Staatsanwaltschaft. Ende 2018 sei dieser auf der Bildfläche erschienen. «Er spielte sich als neuer Boss auf», sagt Diego. Dass er jetzt im gepanzerten Heli zu seinen Einvernahmen geflogen wird, amüsiert das Gründungsmitglied, nicht nur wegen der massiven Kosten, die die Staatsanwaltschaft auf sich nehme. Sondern: «Er wurde mehrfach ohne Personenschutz an verschiedenen Plätzen in Zürich gesehen. Er soll sich sogar ohne Begleitung Kokain an der Langstrasse besorgt haben. Über die Überwachungsmassnahmen machte er sich gegenüber Kollegen nur lustig.»
*Name geändert
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