Sie wollen zusammenstehen «bis zum letzten Tropfen Blut»: die Anhänger der türkischen Gruppierung Osmanen Germania. Die nationalistische Gang ist die am schnellsten wachsende Rockerbande Europas – mit mehreren Hundert Mitgliedern auch in den Kantonen Basel, Zürich, St. Gallen und Schaffhausen.
In den sozialen Netzwerken glühen die stiernackigen Männer für ihr Idol Recep Tayyip Erdogan, den türkischen Machthaber, der seine Gegner mit aller Härte bekämpft. Gnadenlos wie er wollen auch die Osmanen sein. Ihren Anhängern raten sie: «Wenn sie hinter dir stehen – gib ihnen Schutz. Wenn sie gegen dich stehen – keine Gnade.»
Keine Gnade für Feinde: Kurden, Linke und Sympathisanten des türkischen Predigers Fethullah Gülen. Alle, die sich gegen Erdogan stellen.
Verbindungen in den türkischen Machtapparat
Seit der Gründung der Osmanen im Jahr 2015 vermuten Szene-Beobachter, dass die Rocker direkte Verbindungen in den türkischen Machtapparat haben. Dokumente aus deutschen Sicherheitskreisen bestätigen das jetzt erstmals. Dabei wird auch klar: Die Schweiz spielt im Kampf der Osmanen eine zentrale Rolle.
Von hier aus sollen die Rocker sogar versucht haben, Waffen nach Deutschland zu schaffen. In einem vertraulichen Bericht des nordrhein-westfälischen Innenministeriums an den Landtag heisst es: «Es bestehen Kontakte zwischen den Führern der Osmanen Germania und Beratern von Staatspräsident Erdogan.»
Diese Kontakte knüpften die Türkenrocker auch in der Schweiz. Ein Foto zeigt die beiden Osmanen-Präsidenten zusammen mit Metin Külünk, einem Abgeordneten der Erdogan-Partei AKP, in einer Bar in Zürich. Laut Insidern soll an diesem Treffen im Jahr 2016 die Strategie der Gruppe besprochen worden sein.
Handgranate vor Sisha-Bar
Was die Aufgabe der Osmanen ist, geht aus dem Bericht des deutschen Innenministeriums hervor. Dort heisst es: «Die Sachverhalte lassen erkennen, dass türkische Behörden die Aktivitäten der Osmanen Germania als Terrorbekämpfung bewerten – also gegen die PKK, linksextremistische Türken und die Gülen-Bewegung – und diese unterstützen.»
Wie militant die Osmanen ihre von Ankara auferlegte Aufgabe umsetzen, zeigen zahlreiche Vorfälle in Deutschland. Im August 2016 etwa haben Mitglieder der Gruppierung in Saarbrücken eine Handgranate vor einer kurdischen Shisha-Bar gezündet. Nur durch Glück gab es keine Toten.
Der Anschlag galt der verfeindeten Rockergruppe Bahoz, kurdisch für Sturm, ein Zusammenschluss von Erdogan-Gegnern, deren einziges Ziel in der Bekämpfung der Osmanen liegt.
Bahoz ist auch in der Schweiz aktiv. Vor kurzem haben sie ihren Namen geändert, weil die Polizei hinter ihnen her ist. Laut Anne-Florence Débois, Sprecherin des Bundesamts für Polizei (Fedpol), gab es auch hierzulande Auseinandersetzungen. «Uns sind mehrere Vorfälle in der Schweiz bekannt, in die beide Gruppen verwickelt waren», sagt sie.
Dabei handle es sich vor allem um Gewaltdelikte und Sachbeschädigungen. In einem internen Bericht warnt das Fedpol vor einem «ernst zu nehmenden Konflikt- und Gewaltpotenzial».
Vereinslokale in Deutschland von Polizei gestürmt
Seit einigen Monaten gehen die deutschen Behörden nun hart gegen die türkischen Rocker vor. In mehreren Bundesländern stürmten Polizisten Vereinslokale und Wohnhäuser der Osmanen. Dabei beschlagnahmten sie Waffen, Munition und Drogen.
Seit der Gründung der Gruppierung gibt es Anzeichen, dass deren Mitglieder versuchen, ein Waffenarsenal aufzubauen. Recherchen zeigen: Einer dieser Versuche konnten Ermittler in letzter Minute verhindern. Wie aus einer Anfrage der Linken-Abgeordneten Sevim Dagdelen im Deutschen Bundestag hervorgeht, wurde an der deutschen Grenze im Februar 2015 ein Kleintransporter der Osmanen aus der Schweiz abgefangen.
In der Antwort auf die Anfrage bestätigte die Bundesregierung, dass der Vorfall Gegenstand von Ermittlungen sei. Im Kofferraum des Transporters: Maschinenpistolen vom tschechischen Typ Skorpion.
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