Auf einen Blick
- Mutter spricht erstmals über Unfalltod ihres Sohnes
- Trauer bleibt nach anderthalb Jahren intensiv und allgegenwärtig
- Sie verlor schon einmal einen Sohn
Kurz vor Weihnachten 2022 erschütterte ein schrecklicher Verkehrsunfall die Stadt Zürich. Ein Kindergärtler (†5) wurde nur wenige Meter von seinem Zuhause entfernt auf dem stark befahrenen Escher-Wyss-Platz von einem Lastwagen überfahren. Passanten fanden den kleinen Bub leblos auf der Strasse. Das Kind starb. Rund 20 Monate nach dem Unglück spricht die Mutter in der «SRF Sternstunde der Nacht» erstmals öffentlich über das Unglück.
Die heute 47-Jährige war beim Arzt, als sie vom Unfall ihres Sohnes erfuhr. «Das ist kaum zu beschreiben, es war traumatisch. Ich erhielt einen Anruf. Ich erinnere mich, dass ich sofort losgeschrien habe.» Sie habe sofort gespürt, dass etwas Schlimmes passiert sei. Danach sei sie sofort zum Unfallort gerannt.
«Ich agierte wie ein wildes Tier»
«Ich war ausser mir», erzählt sie. «In meiner Erinnerung habe ich anderthalb Stunden nur geschrien. Es war sehr kalt, aber mir war viel zu heiss. Ich habe den Mantel und den Rucksack abgeworfen, agierte wie ein wildes Tier.» Es habe zwar eine Psychologin vor Ort gehabt, die auf sie eingeredet habe, zunächst konnte sie das Geschehene jedoch nur schwer ertragen. «Hilfreicher waren Freundinnen und Nachbarn, mein Lebensgefährte. Und ein Polizist, der mich einfach nur festgehalten und nicht versucht hat, mich zu beschwichtigen – das drang eher zu mir durch als Worte», erzählt die Frau.
Die Mutter beschreibt das Gefühl vom Tod des eigenen Kindes, «als würde einem ein Teil des Herzens aus dem Leib gerissen». Danach folgte erstmals «Ohnmacht, Schrecken und unglaublicher Schmerz». In dieser Zeit brauche es vor allem Menschen im Umfeld, die einem helfen, den Alltag zu bewältigen. «Bei einem plötzlichen Tod kommt der Verstand nicht mehr hinterher. Man lebt wie in verschiedenen Zeiten und Wirklichkeiten.»
Die Trauer um ihren Sohn sei auch nach anderthalb Jahren nicht milder geworden. «Sie ist immer noch sehr intensiv.» Dies werde wahrscheinlich auch immer so bleiben. «Vor allem morgens oder auf der Strasse, wenn ich im Verkehr unterwegs bin, denke ich an den Tag des Unfalls. Die Bilder verfolgen mich.»
Nicht ihr erster Verlust
Es ist nicht das erste Mal, dass die Fünffach-Mutter einen schweren Verlust ertragen muss. Ihr zweiter Sohn starb unvorhergesehen einen Tag nach der Geburt. Jeder Todesfall und jede Trauer seien wieder anders, schildert die Mutter. «Man sagt manchmal, eigene Kinder zu verlieren, sei am schlimmsten.» So erlebe sie selbst es auch. «Ich denke, das hat zu tun mit der bedingungslosen Liebe, die wir unseren Kindern entgegenbringen. Und mit unserer Fürsorgeverantwortung.» Als Mutter fühle es sich fast so an, als würde einem das Kind, mit dem man leiblich verbunden war, erneut aus dem Leib gerissen – «aber nicht um zu leben, sondern um zu sterben», beschreibt sie.
Die Mutter betont, dass sie und ihr Mann immer Eltern von fünf Kindern bleiben werden. Die Liebe sei stärker als der Tod. Mit dieser Gewissheit könne man auch wieder die Kraft haben, sich aufzurichten. Aber auch so etwas brauche Zeit, «und es gibt in der Trauer immer wieder Phasen, in der ein solches ‹Aufrichten› nicht geht».
Stadt greift durch – nun gilt Zone 30
Ab dem 15. Mai 2024 wurde die bestehende Tempo-30-Zone «Röntgen» erweitert. Neu gehören auch der Escher-Wyss-Platz, Teilstücke der Hardstrasse, der Hardturmstrasse sowie des Sihlquais, die Wipkingerbrücke und die Zöllystrasse zur temporeduzierten Zone.
Doch damit ist es noch nicht getan. Die Stadt will die Verkehrssicherheit obendrein durch Fussgängerstreifen vor einem Kindergarten an der Heinrichstrasse, sowie mit einer «Achtung Schule»-Markierung an der Limmatstrasse erhöhen. 2028 wird dann voraussichtlich ein Strassenbauprojekt geplant, bei dem unter anderem auch die Sicherheit für Passanten erhöht werden soll.