Die Bilder versetzen die Schweiz in Aufruhr: Koffer, die sich zu Hunderten am Flughafen Zürich stapeln. Passagiere, die darum stundenlang in Schalterhallen rumstehen, teilweise tagelang auf ihr Gepäck warten müssen. Aus Sommerferien wird so Ferien-Frust.
Verantwortlich für die Gepäckabfertigung in Zürich ist Swissport. Das Unternehmen, von Blick mit Bildern und Aussagen Betroffener konfrontiert, sagt zuerst, es gebe keinerlei Probleme. Später gibt man zu, Ressourcen-Engpässe zu haben, verursacht durch die weltweiten Flugprobleme. Mitarbeiter müssten Nachtschichten einlegen, um das Gepäck-Chaos in den Griff zu kriegen. Zudem teilt man mit, seit Dezember in der Schweiz über 900 neue Stellen geschaffen zu haben, was dem grössten Stellenaufbau der Geschichte entspräche. Was verschwiegen wird: dass dies offenbar zu Bedingungen geschieht, die für die Arbeitnehmer äusserst unvorteilhaft sind.
Management soll Vertrag unterzeichnen
So sieht es jedenfalls die Gewerkschaft Vpod. Sie hat deshalb zum Protest aufgerufen. Am Samstag sollen sich die Swissport-Mitarbeiter am Flughafen Zürich versammeln, um beim Management vorzusprechen. Der Vorwurf: Aufgrund der Corona-Krise seien die Mitarbeiter bereit gewesen, ihren Teil dazu beizutragen, das Unternehmen durch Krisenmassnahmen zu retten. Nun aber sei die Krise vorbei und Swissport weigere sich, die Arbeitsbedingungen, die vor der Krise herrschten, wieder einzuführen, obwohl dies vereinbart gewesen sei. Stattdessen wolle das Unternehmen die Einsparungen beibehalten. «Aus diesem Grund haben die Arbeitnehmerverbände die bestehende Krisenvereinbarung gekündigt und lösen sich somit perspektivisch von der Friedenspflicht», heisst es in einer Mitteilung von Vpod.
Ziel des Protests vom Samstag ist, dem Management einen Vorvertrag auszuhändigen, dessen Unterzeichnung gefordert wird. Dieser beinhaltet:
- die Verpflichtung, dass Swissport die Arbeitsbedingungen, welche vor der Krise gegolten haben, wieder einführt
- Split Touren (Touren mit mehreren langen Pausen pro Tag) auf eine pro Monat reduzieren
- Aufnahme des Teuerungsausgleichs in den GAV
- mehr Freitage für die Mitarbeitenden
- Ausarbeitung eines erweiterten Gewinnbeteiligungsmodells für die Mitarbeitenden
Ob der Protest Erfolg hat und das Management den Demonstrierenden nachgibt, können Sie bei Blick verfolgen. Blick TV und Blick berichten von der Demonstration, die um 10 Uhr beginnt.
Das sagt Swissport zu den Vorwürfen
Swissport sagt zu den Demonstrationen: «Die Krise ist in der Airlinebranche ist noch lange nicht vorbei, nach wie vor ist das Flugvolumen geringer als vor der Pandemie und die Unternehmen schreiben Minuszahlen.» Es stimme auch nicht, dass sich Swissport weigere, Arbeitsbedingungen, die vor der Krise herrschten, wieder einzuführen.
Und weiter: «Ein Rückfall auf den Gesamtarbeitsvertrag (GAV) 19 hätte nach Beendigung der Krise gemäss gemeinsamer Definition automatisch stattgefunden. Durch die einseitige Kündigung des GAV inklusive Zusatzvereinbarung durch die Gewerkschaften erfolgt nun kein Rückfall auf den GAV 19.»
Die Gesamtheit der Forderungen der Gewerkschaft seien für Swissport «schlicht nicht finanzierbar und tragen zudem den aktuellen Gegebenheiten in der Luftfahrt mit extremen Produktionsspitzen und Unregelmässigkeiten nicht Rechnung.»
Swissport habe seit der Pandemie bis zum heutigen Tag «Minuszahlen in mehrstelliger Millionenhöhe und einen Gewinneinbruch von zeitweise bis zu 90 Prozent in den letzten beiden Jahren zu verzeichnen gehabt». Man habe den Sozialpartnern bisher verschiedenste Angebote unterbreitet, diese seien jedoch ohne Gegenvorschlag von den Gewerkschaften abgelehnt worden. Deshalb würden die Verhandlungen nach der Sommerpause im August weitergeführt. (vof)