Ist das Wort «Mohr» rassistisch?
Zürich will Häusernamen ändern, Heimatschutz wehrt sich

Die Stadt Zürich will die Häusernamen «Zum Mohrenkopf» und «Zum Mohrentanz» überdecken lassen, mit Verweis auf Rassismus. Dagegen wehren sich die Zürcher Heimatschutz-Organisationen. Sie argumentieren damit, dass das Wort «Mohr» keineswegs rassistisch sei.
Publiziert: 12.07.2022 um 16:15 Uhr
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Aktualisiert: 12.07.2022 um 16:28 Uhr
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Diesen Häusernamen will die Stadt Zürich abdecken.
Foto: Archäologie 2020
Fabian Vogt

Ist der Hausname «Zum Mohrenkopf» rassistisch? Wie sieht es mit «Zum Mohrentanz» aus? Die Stadt Zürich sagt in beiden Fällen: «Ja, diese Namen sind rassistisch.» Darum will sie die entsprechenden Gebäudeinschriften abdecken. Die entsprechende Baubewilligung war bereits erteilt.

Doch nun haben sich der Heimatschutz der Stadt und derjenige des Kantons Zürich zusammengetan und Rekurs gegen den Entscheid eingelegt. Zwar sei auch für die Organisationen Rassismus nicht zu tolerieren, wie sie in einer Mitteilung schreiben, die Blick vorliegt. Die Stadt Zürich habe aber bei ihrem Entscheid, die Inschriften abdecken zu lassen, den historischen Kontext nicht einmal ansatzweise geprüft. «Die Inschriften rufen nicht im Entferntesten zu Hass gegenüber Minderheiten oder Fremden auf», heisst es in der Stellungnahme.

Vielmehr würden die Namen der Häuser an die frühen Beziehungen zwischen zürcherischen Kaufleuten und Mauren, also zu Kulturen in Nordafrika und im Nahen Osten, erinnern. «Sie können auch nicht als herabwürdigend gegenüber Menschen aus diesen Weltregionen gedeutet werden, sonst könnte man nicht von maurischen Kultureinflüssen in Südspanien sprechen, und Mauretanien könnte nicht so heissen.»

Werden KZ anders bewertet als Kolonialisierungs-Gräueltaten?

Die Stadt Zürich entschied im April 2021, «im öffentlichen Raum sichtbare Zeichen mit Bezug zu Rassismus und Kolonialismus» zu entfernen, auch wenn sie Teil der Stadtgeschichte seien. Denn sie würden heute «Direktbetroffene mit bestehendem Rassismus konfrontieren und können der Gesamtbevölkerung eine unhinterfragte Normalität suggerieren».

Ausschlaggebend seien «zahlreiche Schreiben aus der Bevölkerung», die forderten «drei Inschriften und ein Wandbild mit Bezug zu Anti-Schwarzen-Rassismus und Kolonialismus im Niederdorf zu entfernen», teilte der Stadtrat damals mit. Die Stadt folgte damit den Empfehlungen einer extra dafür einberufenen Arbeitsgruppe. Deren Leiter sagte der «NZZ» damals in einem ähnlichen Zusammenhang, es komme jeweils nicht darauf an, welche Intention der Maler gehabt habe, als er das Bild anfertigte. Entscheidend sei die heutige Wirkung, und diese sei rassistisch.

Die Heimatschutz-Organisationen argumentieren nun, die Entfernung der Schriftzüge liesse sich nicht mit höheren Rechtsgütern rechtfertigen. Rathäuser, Schlösser und Richtplätze würden häufig an schrecklichste Praktiken und Verletzungen der Menschenrechte erinnern und Konzentrationslager zu Gedenkstätten umfunktioniert. Dies müsse «auch für das ungeheuerliche Unrecht gelten, welches im subsaharischen Afrika oder während der Kolonialisierung in Ländern der Dritten Welt den Menschen angetan wurde». Spuren dieser Vergangenheit gelte es nicht zu beseitigen, sondern aufzuarbeiten.

Abdeckungen wieder wegzunehmen sei ein Problem

Zudem seien die geplanten Abdeckungen keineswegs reversibel, wie der Stadtrat behauptet habe, schreibt der Heimatschutz weiter. Die Schriftzüge mit einer Steinplatte abzudecken oder mit Japan- oder synthetischem Faserpapier zu überstreichen, könne nicht die Lösung sein. So eine Abdeckung müsste möglichst dicht angebracht werden, was wiederum bedeute, dass sie später nicht ohne weiteres entfernt werden könne und das Gebäude möglicherweise beschädigt werde.

Der Zürcher Heimatschutz und der Stadtzürcher Heimatschutz empfehlen deshalb das Anbringen einer Schrifttafel an den betreffenden Häusern statt einer Überdeckung der problematischen Bezeichnungen. Damit lasse sich der Name in seinen historischen Kontext stellen.

«Dieses Vorgehen ist viel eher geeignet, Rassismus zu begegnen, als ein schamhaftes Abdecken des Schriftzuges und damit eine Politik des Totschweigens», lautet das Fazit.

QR-Code als Lösung?

Wie die «NZZ» berichtet, gehen die Pläne der Stadt in dieselbe Richtung. An den Hauswänden der betroffenen Häuser sollten Plaketten mit QR-Codes befestigt werden. Diesen könnten Interessierte mit dem Handy scannen und würden erfahren, welche Inschriften früher an dem Haus angebracht waren und wieso diese verschwunden sind.

Ob sie verschwinden, ist nach dem Rekurs ungewiss. Darüber entscheiden wird das kantonale Baurekursgericht.

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