In Zuger Altersheim
Corona-Ausbruch trotz Impfung

Schützt die Impfung weniger gut als gedacht? In einem Zuger Pflegeheim infizierten sich neun Bewohner mit dem Coronavirus. Rätselhaft: Fünf von ihnen hatten bereits beide Impfdosen.
Publiziert: 30.03.2021 um 10:49 Uhr
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Aktualisiert: 30.03.2021 um 12:46 Uhr
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Der Zuger Kantonsarzt und Präsident des Verbands der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte Schweiz, Rudolf Hauri, zeigt sich überrascht.
Foto: keystone-sda.ch

Es ist bereits der zweite Corona-Ausbruch in dem Zuger Altersheim. Bereits im Dezember infizierten sich fünf Bewohner und zwei Mitarbeiter. Zwei der Erkrankten starben. Anderthalb Monate später rechnet aufgrund der inzwischen zur Verfügung stehenden Impfung niemand mehr mit Ansteckungen. Trotzdem kommt es am 11. Februar dazu: Ein Bewohner erkrankt schwer an Covid-19 und muss ins Spital. Acht weitere Bewohner, die mit ihm Kontakt hatten, werden positiv getestet, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet.

Dass fünf der Infizierten vollständig geimpft sind, wirft Fragen auf. Schützt die Corona-Impfung weniger gut als gedacht? Sind ältere Menschen schlechter geschützt? Die betreffenden Bewohner bekamen zwei Wochen vor dem Test die zweite Dosis des RNA-Impfstoffs von Pfizer/Biontech. Sie sollten daher weitgehend immun sein.

Fast die Hälfte hat sich angesteckt

Möglich ist, dass die Impfung schwere Verläufe verhindert hat. Denn die meisten Infizierten fühlten sich nicht krank. Zwei der Geimpften verspürten allerdings leichte Symptome wie Erschöpfung oder Fieber.

Der Vorgang sei «bemerkenswert», heisst es in einem Untersuchungsbericht im Auftrag der Zuger Gesundheitsdirektion, der dem «Tages-Anzeiger» in anonymisierter Form vorliegt. Demnach hat sich beim Ausbruch von den elf Geimpften auf dem Stockwerk fast die Hälfte angesteckt. «Die Impfung hat die Bewohnerinnen und Bewohner nicht signifikant vor einer Infektion geschützt», schreiben die beiden Ärzte, die den Bericht verfasst haben.

Beim Ausbruch vom Februar stecken sich auch drei Mitarbeiter an. Ihre Rolle bei der Verbreitung des Virus ist unklar. Rudolf Hauri, Zuger Kantonsarzt und Präsident des Verbands der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte Schweiz, ist überrascht: «Der Ausbruch kam unerwartet.» Bislang sind erst Ausbrüche in Alters- und Pflegeheimen bekannt, die stattfanden, während die Impfungen noch liefen oder kurz nachdem die zweite Dosis verabreicht worden war.

Ähnlicher Fall in Deutschland

Ein ähnlicher Fall wie in Zug ist allerdings in Deutschland bekannt geworden. Im Landkreis Osnabrück kam es unter vollständig geimpften Bewohnern während eines Monats zu immer neuen Ansteckungen mit mehrheitlich milden oder asymptomatischen Verläufen.

Eine Erklärung für den Zuger Ausbruch ist laut Kantonsarzt Hauri, dass «ein Grossteil der Bewohnerinnen und Bewohner schon zu einem früheren Zeitpunkt angesteckt wurde». Im besagten Bericht wird jedoch auch auf einen anderen Ansatz hingewiesen. Untersuchungen deuten demnach darauf hin, dass bei Personen ab 80 weniger Antikörper gebildet werden als bei Jüngeren. Trotzdem: «Die Impfung hat sicher schwere Verläufe und Todesfälle verhindert», sagt Hauri.

Weitergabe des Virus trotzdem möglich

Christian Münz, Viren-Immunbiologe an der Universität Zürich, hat eine weitere mögliche Erklärung: Eine RNA-Impfung sorgt für Sars-CoV-2-Antikörper im Blut und im Gewebe, jedoch nicht in den Schleimhäuten. Das bedeutet, Geimpfte können das Virus zwar effizient bekämpfen und so eine Erkrankung verhindern. «Das Virus kann bei Immunisierten aber dennoch den Rachenraum infizieren.» Weil diese Infektionen jedoch asymptomatisch verlaufen, werden sie wohl häufig nicht bemerkt.

Daniel Speiser, Immunologe an der Universität Lausanne, bestätigt das: «Von den RNA-Impfstoffen ist bekannt, dass der Schutz davor, die Infektion weiterzugeben, weniger gross ist als der rund 95-prozentige Schutz vor einer Erkrankung.» Dennoch würden die Impfungen vermutlich mehr als die Hälfte der Infektionen verhindern. (noo)

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