Darum gehts
- Brian Keller gewinnt Boxkampf in 38 Sekunden. Ehemaliger Profiboxer kritisiert Showcharakter
- Kampf hatte wenig sportliche Bedeutung und war eher ein Unterhaltungsevent
- Schaukämpfe werden in der Schweiz immer beliebter, füllen regelmässig Hallen
Es war ein kurzes Spektakel. Nach nur 38 Sekunden traf Brian Keller (29) seinen Gegner Claude Wilfried (32) am Samstag mit einem linken Haken, so dass der Ringrichter den Kampf frühzeitig abbrach: Technischer K.O. in der ersten Runde!
Der ehemalige Profiboxer Stefan Angehrn (60) sagt zu Blick: «Brian hat im Kampf alles richtig gemacht.» Vom Drumherum ist er weniger begeistert: «Das war ein Showkampf. Weit weg von ‹meinem› Sport.»
Die wichtigsten Antworten zu Brians Box-Debüt im Überblick.
Kaum sportliche Bedeutung
Zwei Boxdebütanten trafen am Samstag aufeinander. Der Judoka Wilfried und der Boxneuling Keller. Angehrn macht deutlich, dass der Kampf mit professionellem Boxen noch wenig zu tun hatte: «Es war eher ein Unterhaltungsevent», sagt die ehemalige Weltnummer 1. «Das Ganze war weit entfernt von einem professionellen Boxkampf. Es fehlte an Struktur, Technik und offizieller Kontrolle. Ein erfahrener Boxer hätte so einen Kampf normalerweise ganz anders geführt.» Brian verfüge aber über Kraft und trainiere auch viel und gut: «Ich sehe seine Videos in den sozialen Medien. Man sieht: Er orientiert sich ganz klar an Mike Tyson.»
Unerfahrener Gegner
Angehrn sagt: «Der Gegner war zwar massiv grösser, hatte aber keine Chance gegen jemanden, der auch nur ansatzweise boxen kann.» Es sei klar, dass der Gegner nicht aus dem Boxsport komme. Zur Einordnung: Wilfried kommt ursprünglich aus dem Judo, einer Kampfkunst, die ohne Schläge auskommt. «So ein Vergleich hat aus meiner Sicht wenig sportlichen Wert.» Man müsse sich aber keine Illusionen machen, relativiert Angehrn: «Auch im etablierten Boxen beginnt man seine Karriere mit Aufbaugegnern. Brian hat eigentlich alles richtig gemacht: schwachen Gegner ausgesucht, schnell gewonnen – und hoffentlich auch ein bisschen Geld verdient.»
Unerfahrener Ringrichter
Der schnelle Abbruch des Kampfes überraschte Angehrn. Normalerweise gäbe es einen klaren Ablauf bei einem Knockdown oder wenn sich der Gegner nach einem Wirkungstreffer vom Kontrahenten wegdrehe: «Zählen, in die Ecke schicken, Luft holen lassen. Gut möglich, dass auch der Ringrichter wenig Erfahrung hatte.»
Die Box-Szene rümpft die Nase
Innerhalb der etablierten Szene werde der Kampf grösstenteils belächelt. «Viele hatten schon im Voraus gewettet, dass der Kampf keine Minute dauern würde. In den offiziellen Box-Verbänden wird so ein Event kaum ernst genommen. Es ist fast so, als hätte er nie stattgefunden», erklärt Angehrn.
Er sieht aber auch Chancen für Keller: «Er hatte jetzt einen geilen Auftritt in einem Hauptkampf. Die Medien haben ihn unterstützt, aber auch viel Druck aufgesetzt. Wir werden jetzt mal schauen, was es für die Zukunft bringt.»
Beliebte Schaukampfszene in der Schweiz
Wer denkt, dass solche Schaukämpfe selten seien, irrt, sagt Angehrn: «Ich weiss zum Beispiel, dass die Stadthalle Dietikon mit solchen Show-Events regelmässig gefüllt wird.» Auch stammten die Kampflizenzen teilweise von fragwürdigen und kleinen Kampfsportverbänden, was der Beliebtheit beim Publikum aber keinen Abbruch tue.
Boxen als Weg aus der Gewaltspirale
Bis heute fragen sich viele Menschen: Ein Gewalttäter als Boxer, kann das gut gehen? Wenn das Training richtig angegangen werde, mache das Sinn, sagt Angehrn: «Boxen kann Disziplin, Respekt und Struktur vermitteln. Wer sich wirklich auf den Sport einlässt, kann enorm davon profitieren. Wer aber ernsthaft im Boxen etwas erreichen will, muss jahrelang konsequent und unter professioneller Anleitung trainieren.»
Wie geht es für Brian weiter?
Bereits in drei Wochen steht Keller für den nächsten Showkampf im Ring. Er trifft am 17. Mai in Bielefeld auf den ehemaligen Rapper Sinan G – ein ganz anderes Kaliber! Sein Gegner hat bereits mehrere Kämpfe und Siege auf dem Buckel und geht als klarer Favorit in den Kampf.