Darum gehts
- Berggasthaus Alpenblick bekommt neuen Pächter, Ex-Fernsehkoch zieht Wirt über den Tisch
- Joel Kraaz, berüchtigter Ex-Starkoch, zieht Wirte mit Vorschuss-Abzocke über den Tisch
- Kraaz wurde 2021 zu 140 Tagessätzen à 30 Franken bedingt verurteilt
Das Berggasthaus Alpenblick in Arni UR hat bald einen neuen Pächter. Der langjährige Wirt Oswald Ehrler (71) packt gerade seine Siebensachen. Im März, seinem letzten Monat auf dem 1370 Meter über Meer liegenden Hotel, hat ihm aber der berühmte Ex-Fernsehkoch Joel Kraaz (38) den süssen Abgang verdorben. «Der hat mich so was von über den Tisch gezogen», sagt der erfahrene Wirt. «Er kassierte Vorschuss und tauchte nie auf. Jetzt weiss ich, er war für diese Masche schon lange bekannt.»
Oswald Ehrler suchte für den Monat März einen Koch, weil sein eigener aus gesundheitlichen Problemen aufhören musste. Ehrler wollte nicht selbst einspringen. «Ich bin leidenschaftlicher Fasnächtler, das ist ein schlechter Zeitpunkt für Extraarbeit», sagt er zu Blick. Und weil das bereits einmal sehr gut geklappt hatte, durchsuchte er den «Gastro-Express», ein Online-Marktplatz für Jobs im Restaurant- und Hotelbereich. «Ich habe da mal einen sehr guten Koch gefunden, der blieb ganze dreieinhalb Jahre», so Ehrler. Doch dieses Mal ging es schief.
Ehrler klickte auf ein Inserat unter einer Chiffrenummer, Name stand keiner dabei. «Joel Kraaz antwortete mir innerhalb einer Stunde mit einer E-Mail», erinnert sich der Wirt. «Er benutzte da seinen richtigen Namen. Er schickte mir einen sehr professionell gestalteten Vertrag. Und verlangte eine Anzahlung von 870 Franken. Es klang alles sehr plausibel, es gab keinen Grund für Misstrauen», sagt Oswald Ehrler. Er habe auch mehrmals mit ihm über Whatsapp telefoniert.
Kraaz ist einschlägig vorbestraft
Jetzt weiss der Wirt es besser. Joel Kraaz ist in der Gastroszene berühmt-berüchtigt. Er ist einschlägig vorbestraft. Kraaz’ letzte Verurteilung stammt vom 17. Februar 2021. Das Luzerner Kantonsgericht sprach ihn des Betrugs an einem Wirt schuldig. Kraaz erhielt eine bedingte Geldstrafe von 140 Tagessätzen à 30 Franken mit einer Probezeit von vier Jahren. Aber bereits ein Jahr später meldete sich erneut ein Wirt bei Blick, der von Kraaz mit der gleichen Masche über den Tisch gezogen worden war. Beim Zürcher Wirt Reto Bauert ging es sogar um einen ganzen Monatslohn, den er ihm vorausbezahlt hatte, ohne dass Kraaz aufgetaucht war. Es wurden darauf mehrere Artikel über die Masche des ehemaligen Starkochs publiziert.
Es kam, wie es kommen musste, Kraaz meldete sich am frühen Morgen des ersten Einsatzes ab. Er schrieb: «Ich hatte eine schlechte Nacht hinter mir und hohes Fieber. Es ist unmöglich, dass ich heute beginnen kann.» Er habe die ganze Nacht erbrechen müssen. Kraaz bot an, den Vorschuss zurückzuzahlen. Doch nichts passiert. Oswald Ehrler sagt wütend: «Auf das Geld warte ich noch heute.» Der Wirt hatte Glück im Unglück: «Ein Koch hatte meinen Facebook-Eintrag gelesen, er sprang spontan ein, ich konnte trotz Joel Kraaz Fasnacht feiern.»
Keine Kontosperrung möglich
Kraaz kann ohne Schwierigkeiten auf «Gastro-Express» ein weiteres Inserat schalten, sagt der Inhaber des Onlineportals, Maurus Ebneter. Er ist auch der Präsident des Wirteverbands Basel-Stadt. «Weil sich Jobsuchende nicht registrieren müssen, kann ich das leider nicht verhindern», sagt er auf Anfrage. Der Name des Inserenten tauche nicht auf. Für ein Inserat müsse man nur eine E-Mail-Adresse deponieren und bestätigen.
Joel Kraaz hat auf die Anfragen zu einer Stellungnahme nicht reagiert. Die Telefonnummer, auf die er über Twint das Geld kassiert hatte, ist nicht mehr aktiv. Auch die Fragen, die Blick an seine E-Mail-Adresse schickte, liess er unbeantwortet. Wirt Oswald Ehrler fordert jetzt: «Kraaz muss endlich das Handwerk gelegt werden.»