Der ehemalige TV-Koch Joel Kraaz (34) brauchte offensichtlich mal wieder dringend Geld. So dringend, dass er in sein altes Schema zurückfällt: Lohn im Voraus kassieren und nichts dafür leisten. Leicht macht ihm das die aktuelle Personalknappheit. Köche mit freien Kapazitäten sind selten, Wirte verzweifeln. Sie sind denn auch eher bereit, einen Vorschuss zu leisten. Doch genau davor warnt jetzt Reto Bauert (59), seit 22 Jahren Wirt des Restaurants Braui in Pfäffikon ZH. Trotz seiner langjährigen Erfahrung ist auch er auf eine besonders dreiste Aktion von Joel Kraaz hereingefallen!
Ausgetrockneter Stellenmarkt
Bauert war Anfang Sommer auf der Suche nach einem Koch. Sein langjähriger Küchenchef hatte gekündigt. Der Beizer erinnert sich: «Es war extrem schwierig. Der Stellenmarkt war komplett ausgetrocknet.» Auf sein Inserat meldete sich schliesslich Joel Kraaz. «Er machte keinen schlechten Eindruck», sagt der Braui-Wirt. «Er sagte, dass er sofort einspringen könnte. Auch kurzfristig. Ich soll mich einfach melden.»
Schliesslich konnte Bauert nicht mehr anders. Er sagt: «Nach den Sommerferien hatte ich richtig Probleme. Ich brauchte dringend einen Koch. Ich rief an. Wir vereinbarten, dass er am 20. August anfängt.» Soweit so gut. Doch dann verlangte Kraaz einen Vorschuss. Bauert: «Er sagte, er sei so ausgebucht, er wolle einen Drittel des Monatslohns von 5600 Franken im Voraus. Sonst fange er gar nicht an.»
Im Nachhinein regt sich Bauert auf. «Ich hätte misstrauisch werden sollen. Das ist wenig Geld für einen bekannten Koch.» Und er hätte auch mal im Internet nach dem Namen suchen können, dann hätte er einiges über Kraaz erfahren. Es kam, wie es kommen musste. Am 20. August fehlte in der Küche der «Braui» die Hauptfigur: Koch Joel Kraaz. «Er rief mich gegen Mittag an. Er habe einen Todesfall in der Familie», sagt Reto Bauert. «Ich hatte da noch Verständnis. Wir vereinbarten, dass er am Dienstag anfängt.» Doch auch dann erschien der Ex-Fernsehstar trotz Anzahlung nicht. «Er behauptete per Whatsapp, er sei krank. Er habe eine Horrornacht gehabt. Seine Stimme sei am Arsch, er könne darum auch nicht telefonieren. Er komme dann am nächsten Tag.»
Statt Geld folgten Drohungen
Doch der Wirt hatte genug. «Ich wusste jetzt, was Kraaz für ein Mensch ist. Ich sagte ihm ab und verlangte die Anzahlung zurück», sagt Bauert zu Blick. Doch statt einer Überweisung folgten Ausreden. Mehrmals war der Buchhalter schuld, der jedes Mal grad nicht anwesend war. Kraaz selber hätte keinen Zugang zu den Konten, behauptete er. Geld kam keins, dafür versuchte er, den Wirt einzuschüchtern. Per Whatsapp drohte er: «Wenn du mich ins Gefängnis bringst, schicke ich meine Freunde vorbei. Jetzt haben wir Krieg.»
Kraaz war sich schnell bewusst, dass er einen Fehler gemacht hatte. Er löschte die Mitteilungen noch am selben Tag. Doch Bauert war schneller. «Ich hatte die Drohungen bereits der Polizei gezeigt», sagt der betrogene Wirt. «Ich habe ihn angezeigt und beim Verband Gastro Suisse gemeldet.»
Anzeigen stapeln sich
Bereits Anfang Jahr hat der Berner Wirt Daniel Bernoulli (53) vom «Aarberger Hof» Anzeige erstattet. Vor drei Monaten erhielt er die Meldung, dass der Fall jetzt von der Zürcher Staatsanwaltschaft behandelt wird. Kurz darauf bekam auch er Droh- und Schmäh-Whatsapp-Nachrichten von Kraaz. Von seinem 10'000-Franken-Vorschuss hat er noch keinen Rappen gesehen.
Reto Bauert regt sich auf, dass der Pleite-Koch einfach weitermachen kann, obwohl er immer wieder angezeigt und verurteilt wird. «Ich will, dass möglichst viele wissen, dass man Joel Kraaz keine Vorauszahlung leisten darf, oder das Geld ist weg.»
Kraaz' letzte Verurteilung stammt vom 17. Februar 2021. Das Luzerner Kantonsgericht sprach ihn damals des Betrugs an Wirt Sven Gloor schuldig. Kraaz erhielt eine bedingte Geldstrafe von 140 Tagessätzen à 30 Franken mit einer Probezeit von vier Jahren.
Kraaz schweigt
Weder Joel Kraaz noch dessen Anwalt wollten sich zu den aktuellen Vorwürfen äussern. Dafür sprachen mehrere betrogene Wirte offen mit Blick. Sie wurden zum Teil bereits 2018 übers Ohr gehauen. Andere auch im aktuellen Jahr. Sie alle, bis auf eine Ausnahme, warten noch immer auf ihr Geld. Ein neuer Gerichtstermin wurde bis jetzt noch nicht angesetzt.
Die Oberstaatsanwaltschaft bestätigte Blick, dass die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl ein aktuelles Strafverfahren gegen Kraaz führt. Bis zum nächsten rechtskräftigen Urteil gilt die Unschuldsvermutung.
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