Foto: Robert Hausmann/Eventfotografen

Gault-Millau-Reporter David Schnapp (45)
«Nicht jeder gute Koch ist auch ein guter Geschäftsmann»

Der Koch-Shootingstar Joel Kraaz (31) hat knapp eine halbe Million Franken Schulden angehäuft. Er gesellt sich damit in eine Reihe mit weiteren bekannten Köchen, die als Geschäftsmänner Schiffbruch erlitten.
Publiziert: 22.01.2019 um 11:52 Uhr
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Zwölf seiner 37 Filialen in Grossbritannien musste der Sterne-Koch wegen seiner immensen Schulden schliessen, über 600 Angestellte wurden entlassen. Das war Anfang 2019.
Foto: Getty Images
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Flavio Paolo RazzinoNachrichtenchef

Ein Shooting-Star vor dem Ruin: Joel Kraaz (31), bekannt aus der TV-Kochsendung «The Taste», steht bei Gläubigern mit knapp einer halben Million Franken in der Kreide. «Ich habe nur noch mich und meine Kochbücher», sagt er (BLICK berichtete).

Trotz Ruhm und gutem Namen: Als selbständiger Koch hat Kraaz versagt. Und befindet sich damit in bester Gesellschaft, wie schon das Beispiel von Simon Adam (31) im vergangenen Jahr zeigte. Auch er war ein gefeierter Koch, der am Ende vor allem damit beschäftigt war, vor seinem finanziellen Chaos zu flüchten.

Selbst das Vorbild aller Shootingstars in der Küche, Jamie Oliver (43), kämpft derzeit ums Überleben. In Grossbritannien soll er bis zu 90 Millionen Franken Schulden angehäuft haben.

Die Verlockung ist gross

Warum aber haben junge Köche häufig Pech mit ihren Unternehmen? Gault-Millau-Reporter David Schnapp (45): «Nicht jeder gute Koch ist automatisch auch ein guter Unternehmer», sagt er zu BLICK. 

Die Verlockung, sich mit einem eigenen Lokal selbständig zu machen, sei bei guten Köchen aber gross. Denn: «Auf den ersten Blick scheint es simpel zu sein: Eine Küche und ein paar Tische – und schon hat man alles, um sein eigener Chef sein zu können», sagt Schnapp.

Es warten viele Tücken

Doch der Schein trügt. Gäste haben heute nicht nur an die Küche Ansprüche. «Das Interieur und das Ambiente machen gut und gerne 50 Prozent des Erfolgs eines Restaurants aus», sagt Schnapp. Hier braucht es ein gutes Händchen, mit wenig Geld das Maximum rausholen zu können. «Aber auch so kostet die Einrichtung eines Lokals Geld, das man zuerst haben und dann wieder erwirtschaften muss», sagt Schnapp.

Und dann gibt es auch sonst viele Tücken für Jungunternehmer aus der Küche. «Die Gastronomie ist ein stark reglementiertes Gewerbe. Plötzlich hat man die Feuerpolizei im Haus, muss behindertengerechte WCs bauen, die Auflagen des Lebensmittelinspektors einhalten und sich an die Vorgaben der Gewerbepolizei halten. Das kann unerwartet sehr teuer werden», so Schnapp. So teuer, dass blauäugigen Köchen schon kurz nach der Eröffnung das Wasser bis zum Hals stehen kann.

Aufs Wesentliche reduzieren? Nichts für Idealisten

Kommt hinzu: Junge Köche möchten gerne zeigen, was sie können. Vor allem Idealisten, die dann auch noch medial gefeiert werden. «Mit dem Resultat, dass sie viel zu viel Zeit in einen Teller stecken – obwohl die Zeit in der Gastronomie das Teuerste überhaupt ist», sagt Schnapp.

Vereinfacht gesagt: Statt ein Stück Fleisch, eine Beilage und eine Sättigungsbeilage auf den Teller zu bringen, rühren die Shootingstars in der Küche gerne mit der ganz grossen Kelle an. Nur: «Erfahrene Köche wissen: Ein Teller, der rentieren soll, muss auf das Wesentliche reduziert werden – das aber wird dann perfekt angerichtet.»

«Man muss sich hochkämpfen»

Für Schnapp ist klar: «Am Ende braucht man auch in der Gastronomie vor allem viel Erfahrung, damit der Schritt in die Selbständigkeit ein Erfolg wird.» Und das bedeutet: Man muss sich hochkämpfen in etablierten Betrieben. «Junge Köche, die sofort durchstarten wollen und darum Sprossen auf der Karriereleiter überspringen, müssen ihr Lehrgeld auf die harte Tour bezahlen», so Schnapp.

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