Luzerner Edelfleisch-Baron Peter Hunkeler liefert sich eine Gerichts-Schlacht mit den Behörden
«Ich zahlte eine Million für eine Gemeindestrasse – und werde zum Dank enteignet!»

Für Peter Hunkeler sind die Behörden die Bösen. Der Luzerner Bauer streitet mit ihnen. Er ist der Meinung, dass sie sich netter zeigen könnten, was die Enteignung seines Lands betrifft. Schliesslich hat er der Gemeinde Oberkirch LU eine Strasse mitfinanziert.
Publiziert: 23.10.2024 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 23.10.2024 um 07:42 Uhr
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Peter Hunkeler, der Luzerner Wagyu-Baron, hat Streit mit den Behörden.
Foto: Nicolas Lurati
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Nicolas LuratiReporter News

Peter Hunkeler (66) ist der Luzerner Wagyu-Baron. Das edle Fleisch seiner 200 Rinder verkauft er in der ganzen Schweiz. Er beliefert Catering-Unternehmen, Gastronomen und Hotel-Betriebe. Dazu führt er einen Webshop. Er sagt zu Blick: «Wer eine Ahnung hat von Fleisch, der kommt zu mir.» Blick berichtete bereits über ihn.

Hunkelers Geschäft läuft. Gar nicht gut läuft es aber mit den Behörden. Seine Widersacher sitzen in den kantonalen Luzerner Amtsstuben und in jenen der Gemeinde Oberkirch LU. Dort besitzt Hunkeler einen Hof und baut unter anderem Futtermais für seine Kühe an. Es gibt aber nicht nur Mais für die Wagyu-Rinder, sondern auch seit Jahren Mais mit den Behörden.

Aber was ist genau los? «Ich zeigte mich grosszügig und gütig und finanzierte den Behörden eine Strasse», sagt Hunkeler. «Es ging um den Ausbau einer wichtigen Strasse, die Münigenstrasse. Sie führt durch die Gemeinde – und vor meinem Hof vorbei.» Er betont: «Ich finanzierte die Strasse mit fast einer Million Franken mit. Und werde zum Dank enteignet.»

Darum darf der Staat enteignen

Beim Bau von Strassen, militärischen Anlagen – oder eben Hochwasserschutz: Besteht ein öffentliches Interesse, dürfen die Schweizer Behörden Privateigentum wie ein Stück Land oder ein Gebäude enteignen. Die Regeln dazu sind streng: Enteignet werden darf nur, wenn es eine gesetzliche Grundlage gibt, die Enteignung von öffentlichem Interesse ist sowie auch verhältnismässig.

Es gibt zwei Arten, wie der Staat enteignet: formell und materiell. Nimmt der Staat beispielsweise ein Stück Grundstück von einem Privaten, ist das eine formelle Enteignung. Bei der materiellen Enteignung verliert man zwar nicht das Eigentum einer Sache, jedoch kann der Staat die Nutzung einschränken. Wird ein Gebäude zum Beispiel unter Denkmalschutz gestellt, wechselt der Besitzer nicht – der Eigentümer darf über sein Haus aber nicht mehr frei verfügen.

Im Normalfall zahlt der Staat bei einer Enteignung dem ursprünglichen Eigentümer eine Entschädigung.

Beim Bau von Strassen, militärischen Anlagen – oder eben Hochwasserschutz: Besteht ein öffentliches Interesse, dürfen die Schweizer Behörden Privateigentum wie ein Stück Land oder ein Gebäude enteignen. Die Regeln dazu sind streng: Enteignet werden darf nur, wenn es eine gesetzliche Grundlage gibt, die Enteignung von öffentlichem Interesse ist sowie auch verhältnismässig.

Es gibt zwei Arten, wie der Staat enteignet: formell und materiell. Nimmt der Staat beispielsweise ein Stück Grundstück von einem Privaten, ist das eine formelle Enteignung. Bei der materiellen Enteignung verliert man zwar nicht das Eigentum einer Sache, jedoch kann der Staat die Nutzung einschränken. Wird ein Gebäude zum Beispiel unter Denkmalschutz gestellt, wechselt der Besitzer nicht – der Eigentümer darf über sein Haus aber nicht mehr frei verfügen.

Im Normalfall zahlt der Staat bei einer Enteignung dem ursprünglichen Eigentümer eine Entschädigung.

Das macht den Wagyu-Halter rasend. «Sie wollen mir einen Teil meines Landes abluchsen, um darauf ein Wasser-Rückhalte-Becken für das Flüsschen Sure zu bauen.» Kurz: Es geht um Hochwasserschutz. Der Luzerner wehrte sich gegen das Wasserbauprojekt durch alle Instanzen – bis vor Bundesgericht. Doch selbst dieses schmetterte Hunkelers Beschwerde ab.

«Projekt ist rechtskräftig bewilligt»

Der Bauer will aber weiterkämpfen: «Das Projekt ist unnötig. Steuergelder werden verschleudert.» Der Kanton hingegen betont die Wichtigkeit des Projekts: «Es verbessert den Hochwasserschutz in Sursee und behebt Schutzdefizite», heisst es auf Blick-Anfrage. Das Volumen des Rückhaltebeckens beträgt 35'000 Kubikmeter – oder 35 Millionen Liter Wasser. «Alles beim Status Quo zu belassen, würde auf einen Verzicht des Hochwasserschutzes für die Stadt Sursee hinauslaufen, was nicht verantwortet werden kann.» Und: «Das Projekt erfordert Land und ist bereits seit längerem rechtskräftig bewilligt.»

Heisst für Hunkeler: «Anstelle meines Maisfelds soll dieses verfluchte Wasserbecken entstehen.» Nicht nur der Bau des Beckens selbst macht Hunkeler hässig. «Sondern auch, wie die Behörden gedenken, zur Baustelle zu gelangen.» Er erklärt: «Zunächst hatten die Behörden vor, mir mit Baggern und Lastwagen über den Hofplatz zu rattern – eine Frechheit», schimpft der 66-Jährige.

Der Kanton sah das Problem und schlug eine neue Erschliessung der Baustelle vor. Diese tangiert den Hof von Hunkeler nicht und soll erst später auf dessen Grundstück münden. Aber Hunkeler erhob auch gegen die Projektänderung Einsprache. Er äussert Bedenken, da die neue Zufahrt über die Münigenstrasse erfolgen soll: «Die Strasse ist belebt. Es laufen hier viele Familien mit Kindern durch.»

Zoff geht weiter

Heisst: Trotz neuem Vorschlag des Kantons läuft auch hier der nächste Zoff. Der Kanton bestätigt, dass die nachträgliche Projektanpassung noch nicht bewilligt sei. «Die Einspracheverhandlung läuft.»

Auch wenn der Wagyu-Bauer sich also weiterhin gegen die Obrigkeit auflehnt – die Enteignung kann er nicht mehr abwenden. «Dass das Land für das Hochwasserschutzprojekt benötigt wird, ist beschlossene Sache», sagt der Kanton. «In dem Moment, als das Bauprojekt rechtskräftig bewilligt war, wurde formal auch das Enteignungsverfahren eröffnet.»

Umstritten ist also noch das «Wie» der Enteignung. «Das Landerwerbsverfahren läuft aktuell», erklärt Andrea Muff, Sprecherin des Luzerner Baudepartements. «Da man sich nicht gütlich einigen konnte, liegt der Fall nun bei der kantonalen Schätzungskommission.» Diese legt den Preis für das Land fest. Ist Hunkeler damit nicht einverstanden, kann er wieder bis vor Bundesgericht gehen. «Das werde ich wohl tun», meint er.

Dass der Kanton den Wagyu-Züchter enteignet, heisst nicht, dass er ihm das Land klaut. Er kauft es ihm ab. Unklar ist einfach noch, zu welchem Preis.

«Verschiedene Themen werden vermischt»

Und was sagt der Kanton zur Strasse, die Hunkeler mitfinanziert hat? «Aus unserer Sicht werden in seinen Aussagen verschiedene Themen vermischt, welche keinen direkten Zusammenhang haben», heisst es. «Bei der Münigenstrasse handelt es sich um eine Gemeindestrasse in der Zuständigkeit der Gemeinde.»

Diese wiederum bestätigt: «Peter Hunkeler hat sich an einem Teil der Münigenstrasse mit 872'020 Franken finanziell beteiligt», sagt Raphael Kottmann, Gemeindepräsident von Oberkirch. «Dies entspricht der Einzonungsvereinbarung vom 27.2.2013 und dem Strassenreglement der Gemeinde Oberkirch. Die Mitfinanzierung erfolgte im regulären Rahmen und wurde mit der Sonderkreditabrechnung an der Gemeindeversammlung vom 11.12.2017 genehmigt.»

«Aber eben», sagt Hunkeler. «Die Behörden scheinen das vergessen zu haben.» Trotz ewigem Zoff – der Wagyu-Züchter will nicht aufgeben: «Niemals – ich kämpfe weiter gegen die Behörden und die Obrigkeit.»

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