Wie kann sich eine Gemeinde so verschulden?
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Wirtschaftsprofessor erklärt:Wie kann sich eine Gemeinde so verschulden?

Kriens LU hat 200 Millionen Franken Schulden
Kann eine Stadt überhaupt pleite gehen?

In der Schweiz musste bisher erst eine Gemeinde Insolvenz anmelden. Ende der 1990er-Jahre brach Leukerbad VS unter der Schuldenlast zusammen. Ökonom Christoph Schaltegger (50) erklärt, was damals passiert ist.
Publiziert: 04.05.2022 um 18:08 Uhr
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Aktualisiert: 04.05.2022 um 18:16 Uhr
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In der Stadt Kriens LU wird der Schuldenberg seit Jahren immer höher.
Foto: imago/imagebroker
Tobias Ochsenbein

Kriens im Kanton Luzern kommt nicht aus den roten Zahlen – seit Jahren wird der Schuldenberg immer höher, aktuell summiert er sich auf etwa 200 Millionen Franken. Weil die Krienser aber auch von einer Steuererhöhung nichts wissen wollten, muss die Stadt nun sparen. Die Sparübungen treffen zuerst die Familien. Der Ferienhort wurde komplett gestrichen, die Kosten für externe Kinderbetreuung um 50 Prozent erhöht. Und: Es drohen weitere drastische Massnahmen. Nun denken erste Bewohner an einen Wegzug (Blick berichtete).

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Aber auch andere Schweizer Gemeinden sind notorisch klamm. In Emmen LU, Köniz BE oder Oensingen SO etwa hat das starke Bevölkerungswachstum tiefe Löcher in die Kasse gerissen.

Leukerbad ist die einzige Gemeinde, die bisher pleiteging

Da stellt sich natürlich die Frage: Kann eine Gemeinde überhaupt pleitegehen? Ja, sagt Christoph Schaltegger (50), politischer Ökonom und Direktor des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik an der Universität Luzern – und verweist auf das Beispiel Leukerbad VS. Es ist die bisher einzige Schweizer Gemeinde, die Insolvenz anmelden musste.

Ende der 1990er-Jahre nämlich brachen die Munizipal- und die Burgergemeinde Leukerbad unter ihrer Schuldenlast zusammen. Vorausgegangen waren zweifelhafte Investitionsentscheidungen. Finanzielle Beteiligungen an Infrastrukturprojekten zugunsten der örtlichen Tourismusbranche. Die Gesamtschuld gegenüber externen Gläubigern betrug zeitweise rund 350 Millionen Franken – also etwa 200'000 Franken pro Einwohner. Da eine nachhaltige Sanierung utopisch war, einigten sich die involvierten Parteien im Jahr 2003 auf ein Sanierungskonzept. Und dieses verlangte von den Gläubigern erhebliche Zugeständnisse ab.

«Das Schweizer Recht kennt ein Insolvenzverfahren für Gemeinden», erklärt Schaltegger. Das Gesetz sehe vor, dass man bei einer Gemeindeinsolvenz eine Art Insolvenzverwalter einsetzt. Dieser hat vor allem eines zu tun: möglichst viele Einnahmen generieren und Gläubiger bedienen.

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Kanton haftet nicht für kommunale Befindlichkeiten

Schaltegger sagt: «Dieses Gesetz gibt es heute noch, und im Prinzip würde es angewendet, wenn eine Gemeinde insolvent wäre.» Es besagt, dass der Kanton nicht für finanzielle Verfehlungen der Gemeinde haftet. Kriens könnte also nicht davon ausgehen, dass der Kanton Luzern der Gemeinde bei einer Insolvenz aus der Patsche hilft. Das zeigt auch ein Bundesgerichtsentscheid im Fall Leukerbad.

Das Bundesgericht wies nämlich 2003 mehrere an den Kanton Wallis gerichtete Klagen ab und vermied damit einen sogenannten Bail-out, also eine Rettungsaktion. Heisst konkret: Die kantonalen Steuerzahler mussten nicht für die Schulden der zahlungsunfähig gewordenen Gemeinde Leukerbad aufkommen.

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