Corona-Skeptiker, Verschwörungs-Theoretiker oder nur Natur-Freunde und Selbstversorger?
Mysteriöse Urig-Gemeinschaften auf dem Vormarsch

In Altdorf UR wurde 2021 der erste Urig-Verein gegründet. Mittlerweile gibt es 51 von ihnen. Sie setzen sich für eine solidarische Landwirtschaft ein. Fest steht aber auch: Es gibt Verbindungen zur Corona-Skeptiker-Szene.
Publiziert: 23.02.2022 um 17:34 Uhr
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Aktualisiert: 23.02.2022 um 17:36 Uhr
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2021 wurde der erste Urig-Verein in Altdorf UR ins Leben gerufen.
Foto: Screenshot

Sie schiessen wie Pilze aus dem Boden – doch ihre genauen Ziele kennt niemand. 51 Urig-Vereine sind in der Deutschschweiz seit 2021 gegründet worden, schreibt der «Bote der Urschweiz». Klar ist: Es bestehen enge Verbindungen zur Corona-Kritikerszene.

Allein im Kanton Schwyz sind im Inneren Kantonsteil mit Muotathal, Schwyz, Morschach und Steinen vier Urig-Gemeinschaften entstanden. Auf je vier eigenen Webseiten präsentieren sie ihre Programme. Mit Reichenburg soll bald schon der fünfte Schwyzer Urig-Verein folgen.

«Wir wollen zurück zur Natur»

Doch was bezweckt das Netzwerk? Der Webseite von Urig Schwyz zufolge steht «eine solidarische Landwirtschaft» im Zentrum. Ein aktuelles Landwirtschaftsprojekt habe zum Ziel, «eine hohe Selbstversorgung für Urig-Mitglieder mit pflanzlichen Lebensmitteln zu erreichen». «Wir wollen ein Füreinander und Miteinander – eine Art zurück zur Natur», sagt ein Mitglied von Urig Muotathal gegenüber der Zeitung.

Ähnlich klingt es in Schwyz: Der gemeinnützige Verein Urig setze auf eine lokale und nachhaltige Vernetzung auf allen Ebenen. «Er fördert und unterstützt Aktivitäten, die zu mehr Eigenverantwortung und Selbstbestimmung führen. Das Ziel ist, den ökonomischen und ökologischen Kreislauf möglichst klein und regional zu halten», wird hier festgehalten.

Relinfo spricht von «Post-Corona-Bewegung»

Betont wird die religiöse und politische Unabhängigkeit des Vereins: «Der Verein ist losgelöst von politischen, religiösen und nationalistischen Ansichten. Jeder ist willkommen, der sich mit den Werten des Vereines identifizieren kann.» Im Urig-Lokal könnten Menschen zusammenkommen und sich austauschen. «Wir wollen gegenseitige Hilfe anbieten und alte, lokale Produkte wieder aufleben lassen», sagt ein dem «Boten» bekanntes Urig-Mitglied. Mitgliederbeiträge würde man keine erheben.

Anders klingt es bei Relinfo, der evangelischen Informationsstelle Kirchen-Sekten-Religionen. Hier spricht man von einer «Post-Corona-Bewegung». Esoterische Themen, aber auch Verschwörungstheorien würden bei den Veranstaltungen eine Rolle spielen. «Intern scheinen zum Teil Lehren um baldige apokalyptische Ereignisse vertreten zu werden, verbunden mit der Vorstellung, dass die Urig-Vereine eine Art Elite für eine kommende, bessere Zeit darstellen würden», sagt Georg O. Schmid von Relinfo.

In Schwyz weist man diese Behauptungen von sich. Die Vereine seien unabhängig. Andernorts möge es auch schwarze Schafe geben, im Zentrum stehe aber die gegenseitige, freiwillige Hilfe.

Namen von Verantwortlichen bleiben geheim

Auf ihren Webseiten kann man sich zwar für Veranstaltungen per E-Mail anmelden, Namen von Verantwortlichen, Vorständen oder Vereinsmitgliedern bleiben jedoch unbekannt.

Auch die Gemeinden wissen nichts von der Existenz der Urig-Vereine. Es bestehe jedoch auch keine Verpflichtung, sich im Vereinsverzeichnis eintragen zu lassen, stellen der Schwyzer Gemeindeschreiber Michael Schär und sein Steiner Kollege André Abegg klar.

Wie viele Mitglieder die Vereine haben, ist nicht bekannt. Nur schon in Muotathal sollen es aber gemäss Vereinsangaben derzeit etwa 60 Personen sein. Dies zeigen Recherchen des «Boten der Urschweiz». (dzc)


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