So verbreitet ist Kokain in Schweizer Fankurven
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10 Stadien, 80 Proben:So verbreitet ist Kokain in Schweizer Fankurven

Wichtige Drehscheibe für Mafia und Hochburg des Konsums
Drogenkartelle überschwemmen Schweiz mit Kokain

«Blick TV Undercover» deckte auf: In fast allen grossen Fussball-Stadien der Schweiz wird auf den WCs wie wild gekokst. Bundesanwaltschaft und Fedpol warnen: Hinter dem Handel mit der Droge stecken gefährliche Kartelle.
Publiziert: 26.03.2022 um 11:12 Uhr
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Jedes Jahr kommen Tausende Tonnen Kokain in Europas Häfen an. Die Suche danach ist schwierig: Es es wird geschätzt, dass nur etwa ein Viertel des weissen Pulvers von den Zollbehörden gefunden wird.
Foto: dpa
Myrte Müller

Drogen, überall Drogen – das ist die Erkenntnis, die die Undercover-Reporter von Blick TV bei Besuchen in den Schweizer Fussball- und Hockeystadien bekommen haben. Ob in Basel, Zürich, Bern, Luzern oder St. Gallen – in allen Stadien tauchen Pulverreste auf dem Boden und in Ablageflächen auf (Blick berichtet).

Oft konsumieren die Fans die berüchtigtste Droge der Welt: Kokain! Der Stoff wird um den halben Planeten geschmuggelt, verschifft in die Häfen Europas, versteckt in Schiffscontainern zwischen Bananen und Blumen. Oder per Flugzeug, in Koffern oder den Mägen der Schmuggler.

Wer den verbotenen Handel stoppen will, sucht die Nadel im Heuhaufen. Und er legt sich mit den gefährlichsten kriminellen Organisationen der Welt an.

Schweiz spielt wichtige Rolle im Mafia-Netzwerk

In der Schweiz ist das der Job von Sergio Mastroianni. Als Staatsanwalt des Bundes ist er seit 20 Jahren für organisierte Kriminalität zuständig. Und trägt einen Spitznamen, den er nicht mag: Mafia-Jäger. Unser Land spielt in den Netzwerken vieler krimineller Organisationen eine wichtige Rolle, warnt Mastroianni im Blick-Interview: «Die Schweiz dient als Transitland für den Weitertransport, und gleichzeitig werden hier auch Endabnehmer versorgt.»

Dabei gehe es nicht nur um die bekannten italienischen Mafia-Familien wie die ‘Ndrangheta: «Sondern beispielsweise auch Organisationen aus Südosteuropa, der Türkei, aus Afrika und natürlich Südamerika», so der Bundesanwalt.

Endabnehmer gibt es hierzulande viele, nicht nur unter Sportfans: Die Schweiz ist ein Land von Koksern. Das beweisen die Kokainrückstände in den Abwässern, die die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht jährlich in einer Städte-Liste zusammenfasst.

Das Land der Kokser

St. Gallen landet dabei in der aktuellen Studie fast auf dem europäischen Spitzenplatz, einzig im notorischen Koks-Ankunftshafen Antwerpen finden sich mehr Spuren im Abwasser. Zürich landet auf Platz vier, hinter Amsterdam.

So global wie die Nachfrage sind auch die Netzwerke der Dealer, erklärt Mastroianni weiter. Und genau hier liegt das Problem beim Kampf gegen die Drogenmafia: «Kriminelle Organisationen sind ein grenzüberschreitendes Problem. Die Ermittlungen sind äusserst aufwändig und zeitintensiv.»

Konkret: Vieles muss zuerst übersetzt werden. Zudem müssen viele Ermittlungshandlungen via internationale Rechtshilfe erfolgen. «Das beschleunigt die Sache nicht gerade», so der Bundesanwalt. Sein Fazit: «Die Schweizer Justiz befindet sich also in einer Art ‹Beweisabhängigkeit› vom Ausland.» Oder anders formuliert: Der konsequente Informationsaustausch «mit nationalen und internationalen Partnern» sei der Schlüssel zum Erfolg.

Die Mafia-Organisationen rechnen schon lange nicht mehr in Kilos, sondern in Tonnen. Allein im belgischen Antwerpen blieben letztes Jahr 100 Tonnen Kokain hängen, im niederländischen Rotterdam waren es 68 Tonnen und in Hamburg über 18 Tonnen. Der Marktwert dieser Rekordfunde liegt bei über 50 Milliarden Franken.

Kokain wird immer billiger

Spektakuläre Beschlagnahmungen gab es auch in Spanien und vor der Küste Portugals. Rund ein Viertel der gesamten Schmuggelware fliegt auf, schätzen Experten. Allein in Italien würden acht bis zehn Tonnen Kokain jeden Monat eingeschleust.

Der Kokainhandel wird weiter ansteigen, so die Prognose des Uno-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC). Grund: In der Corona-Krise wurde der Koka-Anbau ausgebaut. Vor allem in Kolumbien, Bolivien und Peru. Gleichzeitig steige die Nachfrage. Zudem wird Koks wird immer billiger. Zurzeit kostet ein gestrecktes Gramm auf der Strasse gerade noch 100 Franken.

Und so wurde das weisse Pulver von der Droge der Reichen zum Aufputschmittel der Fan-Massen, ist heute überall in den Sportstadien. Die Arbeit dürfte Mafia-Jäger Mastroianni nicht so schnell ausgehen.

Im Schweizer Kokainhandel zieht die 'Ndrangheta die Fäden

Der «Schnee» lockt alle italienischen Mafia-Syndikate in der Schweiz. Vor allem kontrolliert die 'Ndrangheta den hiesigen Kokainhandel. «Die ist zahlenmässig am stärksten vertreten», sagt Fedpol-Sprecher Florian Näf, «und auf allen Ebenen, im Gross-, Zwischen- und Kleinhandel aktiv. Für den Drogenmarkt der Schweiz werden einerseits die Strukturen der 'Ndrangheta genutzt, es werden aber auch Geschäfte mit anderen Gruppierungen – ethnische Albaner, Dominikaner, Nigerianer – gemacht». Die kalabrische Mafia arbeitet eng mit den kolumbianischen Drogenkartellen zusammen. In der Schweiz ist sie seit vielen Jahrzehnten tief verwurzelt. Mitglieder sind gesellschaftlich gut integriert. Sie haben zum Teil Schweizer Pässe. Oft werden die Mafiosi erst in Abhöraktionen der italienischen Mafiajäger entlarvt. So taucht die Schweiz in über 14 grossen italienischen Antimafia-Ermittlungsverfahren auf. Zuletzt in der schweizerischen-italienischen Operation «Nuova Narcos Europea», die in Italien zu 104 und in der Schweiz zu sechs Festnahmen führte. Kopf des aufgeflogenen Kokainhandels ist der Sohn (28) von Giuliano P.* alias Peppe, die Kuh, einst oberster Boss der «Frauenfelder Zelle». Seine Kokain-Route führte mit Privatautos von Como (I), über die Grenze nach St. Gallen, Chur, Zürich und Bern. Das war nur die Route eines Mafia-Clans. Schätzungsweise haben sich 20 'Ndrangheta-Zellen verschiedener kalabrischer «Familien» in Schweizer Gemeinden eingenistet. Ihre Hauptgeschäfte sind Kokain und Waffenhandel.

*Name geändert

SCHWEIZ MAFIA NDRANGHETA
Mafia-Treffen mit versteckter Kamera. So entlarvte die Bundespolizei FedPol die Existenz einer 'Ndrangheta-Zelle in Frauenfeld TG.
Carabinieri di Reggio Calabria

Der «Schnee» lockt alle italienischen Mafia-Syndikate in der Schweiz. Vor allem kontrolliert die 'Ndrangheta den hiesigen Kokainhandel. «Die ist zahlenmässig am stärksten vertreten», sagt Fedpol-Sprecher Florian Näf, «und auf allen Ebenen, im Gross-, Zwischen- und Kleinhandel aktiv. Für den Drogenmarkt der Schweiz werden einerseits die Strukturen der 'Ndrangheta genutzt, es werden aber auch Geschäfte mit anderen Gruppierungen – ethnische Albaner, Dominikaner, Nigerianer – gemacht». Die kalabrische Mafia arbeitet eng mit den kolumbianischen Drogenkartellen zusammen. In der Schweiz ist sie seit vielen Jahrzehnten tief verwurzelt. Mitglieder sind gesellschaftlich gut integriert. Sie haben zum Teil Schweizer Pässe. Oft werden die Mafiosi erst in Abhöraktionen der italienischen Mafiajäger entlarvt. So taucht die Schweiz in über 14 grossen italienischen Antimafia-Ermittlungsverfahren auf. Zuletzt in der schweizerischen-italienischen Operation «Nuova Narcos Europea», die in Italien zu 104 und in der Schweiz zu sechs Festnahmen führte. Kopf des aufgeflogenen Kokainhandels ist der Sohn (28) von Giuliano P.* alias Peppe, die Kuh, einst oberster Boss der «Frauenfelder Zelle». Seine Kokain-Route führte mit Privatautos von Como (I), über die Grenze nach St. Gallen, Chur, Zürich und Bern. Das war nur die Route eines Mafia-Clans. Schätzungsweise haben sich 20 'Ndrangheta-Zellen verschiedener kalabrischer «Familien» in Schweizer Gemeinden eingenistet. Ihre Hauptgeschäfte sind Kokain und Waffenhandel.

*Name geändert


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