Rekordtemperaturen von über 45 Grad, Dürre und Warnung vor Natkatastrophen: Im südostasiatischen Raum herrscht derzeit El Niño vor. Damit ist eine Warmphase über dem Pazifik gemeint. Sie tritt etwa alle zwei bis zehn Jahre auf.
Bei El Niño werden die eigentlich vorherrschenden Konditionen durch veränderte Luft- und Meeresströmungen über dem Pazifik durcheinandergewirbelt. «Das Phänomen wird sich in den kommenden Wochen wohl noch deutlich verstärken», sagt Klaus Marquardt von Meteo News zu Blick.
Die Auswirkungen von El Niño über dem Pazifik sind weltweit spürbar. Denn El-Niño-Jahre sind grundsätzlich wärmer als andere Jahre. Das Phänomen gibt es zwar schon lange. Dieses Jahr könnte es aber dafür sorgen, dass Temperaturen erreicht werden, die noch nie zuvor gemessen wurden.
Dieses Jahr wird es ein starker El Niño
Erstmals könnte die globale Temperatur auch über die 1,5-Grad-Marke steigen – zumindest vorerst. Klimaexperte Kevin Trenberth von der Universität Auckland rechnet auch 2024 mit globalen Temperaturrekorden – weil durch El Niño ein Teil der Meereswärme in die Atmosphäre abgegeben wird.
Marquardt zu Blick: «Experten und Fachleute gehen davon aus, dass es dieses Jahr ein sehr starker El Niño wird.» Heisst: Das globale Wettergeschehen dürfte massiv beeinflusst werden. Mit schlimmen Folgen. Dürren: Waldbrände, Starkregen und Überschwemmungen. Während sich Südamerika gegen heftige Regenfälle wappnet, wird es auf der gegenüberliegenden Seite, beispielsweise Australien und Fernost, extrem trocken und heiss.
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Wetter immer unberechenbarer
Auch Europa ist von El Niño betroffen, sagt Marquardt. «Der Nordatlantik beispielsweise ist derzeit viel zu warm. So würden vor den britischen Inseln Wassertemperaturen gemessen, die fünf bis sechs Grad über der normalen Temperatur liegen. «Wir gehen davon aus, dass die Wassertemperaturen noch weiter ansteigen werden», so der Meteorologe.
Welche Auswirkungen das Wetterphänomen im Zusammenspiel mit dem Klimawandel auf die Schweiz hat, bleibt abzuwarten. Genau vorhersagen lässt sich das nicht. Marquardt weiss aber: «Langfristige Modelle gehen von einem überdurchschnittlich warmen Sommer in Europa aus, das hat auch mit El Niño zu tun.»
Extreme Wetterverhältnisse werden wahrscheinlicher. Denn: «Eine warme Welt bedeutet auch eine nassere Welt.» Damit werden starke Regenfälle oder sogar Überschwemmungen auch bei uns immer wahrscheinlicher – aber auch Dürren und extreme Hitze sind möglich. Das Wetter wird also immer unberechenbarer.
Brutaler Sprung nach oben
Die Juni-Temperaturen lagen in der Schweiz im Mittel deutlich über den Werten der letzten Jahre. El Niño dürfte für das noch verstärken. «Wir erwarten global gesehen besorgniserregende Auswirkungen von El Niño», sagt der Wetterexperte. Derzeit schnelle die Schmelzrate des Eises in Grönland in «bis anhin unbekannte Sphären.»
Die genauen Auswirkungen: Unklar. «Wir können keine genaue Prognose machen, was das Phänomen nun für die Schweiz bedeutet», sagt Meteorologe Marquardt. «Aber es könnte gut sein, dass die Temperaturen in den nächsten eineinhalb bis zwei Jahren einen brutalen Sprung nach oben machen.»