«Die mussten noch nie einen Haushalt führen!»
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Tante Julia A. (52) sorgt sich:Im Bungalow der beiden Teenies herrscht Chaos

Vater im Knast, Mutter weg – Zwei Walliser Teenies wohnen unbeaufsichtigt in Bungalow
«Niemand kümmert sich um meine Neffen, die Jungs verwahrlosen»

Der Vater von Cédric (17) und Marco (16) sitzt seit Januar im Knast. Die Mutter ist abgehauen. Doch anstatt sich in staatlicher Obhut zu befinden, hausen die beiden Minderjährigen ganz allein in einem Bungalow bei Siders. Die Tante ist empört.
Publiziert: 18.05.2023 um 00:32 Uhr
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Aktualisiert: 01.06.2023 um 08:48 Uhr
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Steht zu ihren Neffen – Julia A. mit Cédric und Marco.
Foto: Martin Meul
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Martin MeulReporter News

Julia A.* (52) ist sauer. Sauer auf die Behörden, konkret auf das Amt für Kindesschutz. Sie sagt zu Blick: «Die haben meine beiden Neffen einfach sich selbst überlassen.»

Hintergrund: Cédric* (17) und Marco* (16) wohnen seit Januar ohne Aufsicht in einem Bungalow in der Region Siders VS, zuvor teilten sie sich die Unterkunft mit ihrem Vater (38)**. Doch dieser verbüsst seit Januar eine Haftstrafe wegen verschiedener Delikte, erst Anfang Juli soll er wieder auf freien Fuss kommen.

Bis im Sommer 2021 wohnten Cédric und Marco noch bei ihrer Mutter, doch es gab immer wieder Streit. «Meine Mama ist alkoholabhängig, missbraucht Medikamente», sagt Marco zu Blick.

Kleinere Delikte

Eines Tages warf die Mutter die beiden raus, die Jugendlichen ziehen zum Vater. Doch dann muss dieser in den Knast. Für Tante Julia A. eine untragbare Situation. «Die beiden können sich doch nicht um sich selbst kümmern, dafür sind sie zu jung». Sie zeigt auf das Chaos im Bungalow. «Hier müsste dringend geputzt werden.»

Doch viel gravierender ist, dass den beiden kein Rappen Geld zur Verfügung steht. «Wir bekommen nichts», sagt der jüngere Bruder Marco. Die Kinderrente für die beiden werde von den Behörden blockiert, sagt die Tante. Grund dafür dürfte der Umstand sein, dass die Jugendlichen nicht in dem Bungalow hausen müssten. Die beiden könnten in einer sozialpädagogischen Einrichtung in Siders unterkommen, es gibt eine entsprechende Platzierungsverfügung. «Wir wollen aber nicht ins Heim», sagt Marco. Seine Tante ergänzt: «Würden die Behörden meine Neffen zwingen, würden sie gleich wieder abhauen.»

Ob dies überhaupt möglich ist, dazu wollte sich das Amt für Kindesschutz auf Anfrage von Blick nicht äussern, dies mit Verweis auf das Amtsgeheimnis. Dies gilt auch für alle anderen Fragen rund um die Situation von Marco und Cédric.

«
«Wir begehen kleinere Delikte, um an Geld zu kommen.»
Cédric (17)
»

Weil es für die beiden kein Geld vom Amt gibt, behelfen sich die Jugendlichen anderweitig. «Wir begehen kleinere Delikte, um an Geld zu kommen», räumt Cédric ein. Beide sind schon mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Gegen Cédric läuft derzeit ein Gerichtsverfahren, weswegen will er nicht sagen. Marco muss gar fürchten, dass er jederzeit verhaftet werden könnte. «Ich habe vom Jugendgericht verordnete gemeinnützige Arbeit nicht geleistet, jetzt droht mir eine Freiheitsstrafe», sagt er.

Kritik an den Behörden

Die Tante will das Verhalten ihrer Neffen nicht beschönigen. Aber sie findet auch, dass die Behörden in der Sache ihren Job schlecht machen.

Sowohl Cédric als auch Marco hätten einen Vormund, dazu müsste sich noch eine Sachbearbeiterin des Walliser Amtes für Kindesschutz AKS um den Fall kümmern. «Das geschieht aber nur auf dem Papier», ärgert sich die Tante. Regelmässigen Kontakt zwischen den Neffen und den Behörden gebe es nämlich nicht. «Niemand kümmert sich um meine Neffen, die Jungs verwahrlosen hier.»

Kein Geld für Strom und Gas

Das bringe ganz praktische Probleme mit sich. «Weil die beiden kein Geld bekommen, bleiben Rechnungen unbezahlt.» Zum Beispiel jene für den Strom. «Ich habe für die letzten zwei Monate bezahlt, damit die Jungs nicht plötzlich im Dunkeln sitzen.» Das Gleiche gilt für die Gasrechnung.

Auch die Rechnungen für Zusatzversicherung der Krankenkasse werden derzeit nicht beglichen. «Die Behörden müssten sich nur darum bemühen, dass die Kinderrente vom Vater an meine Neffen ausbezahlt wird», fordert Julia A.

Die Tante fordert deshalb, dass die Behörden aktiv werden und sich den beiden Jungs annehmen. «Es kann doch nicht so schwer sein, regelmässig nach dem Rechten zu schauen und dafür zu sorgen, dass den beiden etwas Geld zum Leben zur Verfügung steht.»

Erst vor kurzem sei es ihr gelungen, dafür zu sorgen, dass ihre Neffen wenigstens mit ein paar Lebensmitteln von einer örtlichen Hilfsorganisation versorgt werden.

Die Jugendlichen brauchen Betreuung

Therese Hintermann (53), Expertin für Familienrecht, hält das Verhalten der Walliser Behörden für umstritten. «Die Behörden müssten klar dafür sorgen, dass die beiden Jugendlichen genügend Geld zur Verfügung haben, damit sie nicht klauen und dealen müssen.» Eine Sicherung der Lebensgrundlage sei dringend nötig.

Die Familienanwältin bezweifelt zudem, dass die Heim-Platzierung sinnvoll wäre. «Gegen den Willen von Jugendlichen zu handeln, führt oft nur zu einem Hin und Her mit der Polizei», sagt sie. Es wäre für Hintermann denkbar, die Platzierung aufzuheben und die Jugendlichen stattdessen in ihrem Zuhause zu betreuen. «Klar aber ist, es braucht irgendeine Art von Betreuung, bis der Vater wieder entlassen wird», so die Familienrechtsexpertin.

* Namen der Redaktion bekannt.

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