«Ich will so lange wie möglich alles authentisch machen»
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Sie «chäset» wie noch 1606:«Ich will so lange wie möglich alles authentisch machen»

Klimawandel bedroht den Alpkäse, in den Lagerkellern wird es zu warm
Chli stinke muess es – aber doch nicht so!

Steigt die Temperatur in den Kellern der Walliser Alpen auf 18 Grad, leidet die Qualität des Käses. Wegen des Klimawandels kommt das immer häufiger vor. Der Aufwand sei enorm gestiegen, sagt eine Sennerin. Der Experte fordert Massnahmen.
Publiziert: 31.10.2023 um 01:31 Uhr
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Aktualisiert: 31.10.2023 um 13:45 Uhr
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Käseeinkäufer und Juror Marcel Zürcher hat festgestellt, dass einige Alpkäse im Sommer Probleme bekommen haben.
Foto: Meul Martin (eum)
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Martin MeulReporter News

Eine Goldmedaille hier, eine Auszeichnung dort. Anfang Oktober, die Saison auf den Alpen ist vorbei, streichen die Oberwalliser Alpkäse-Produzenten den Lohn für ihre harte Arbeit während des Sommers ein.

Anlässlich eines Bauernmarktes werden in Visp die Käse von einer Jury bewertet und prämiert. Marcel Zürcher (63) ist an diesem Tag der Jury-Präsident. Er findet lobende Worte: «Die Sennen haben einen guten Job gemacht.» Doch die Freude über den Käse wird getrübt. Die Walliser Sennen sehen sich einem Problem gegenüber, das kaum zu überwinden sein scheint: dem Klimawandel.

Schwitzender Käse

Die Arbeit der Sennen auf den Alpen war zwar in Ordnung, doch die Umstände waren es nicht. «Die Qualität einzelner Käse liess zu wünschen übrig», sagt Zürcher zu Blick. Er kennt sich aus. Für einen grossen nationalen Käsehändler betreut er rund 30 Käsereien und mehrere Alpen im Wallis.

Schuld an der teilweise schlechten Qualität sind die hohen Temperaturen im vergangenen Sommer. Diese haben dazu geführt, dass die Käselaibe in den Kellern auf den Alpen zu warm wurden. «Viele dieser Keller sind nicht isoliert, eine elektrische Kühlung gibt es nicht», sagt Zürcher. Die Folge: In den Lagern stiegen die Temperaturen teilweise auf bis zu 18 Grad.

Das aber ist viel zu hoch, um einen Alpkäse gut reifen zu lassen. Mehr als 14 Grad sollte es in den Kellern nicht haben, so der Experte. «Ideal sind um die 12 Grad», sagt Zürcher. Wird es wärmer, so beginnt der Käse zu schwitzen – das heisst, es tritt Fett aus den Laiben aus. «Das führt zu einem unangenehmen Geruch», sagt Zürcher. Der Käse ist zwar essbar, genügt aber den Ansprüchen der Kunden nicht mehr. «Selbst für Käsemischungen oder Fondue ist solcher Käse kaum zu gebrauchen», sagt Zürcher.

Roberta Brigger ist ausgebildete Alpsennin und führt die Schaukäserei auf der Riederalp VS. Sie macht Käse wie vor rund 400 Jahren.
Foto: Thomas Andenmattem

Auf der Riederalp VS auf knapp 1900 Meter über Meer ist Roberta Brigger (65) seit zehn Jahren zuständig für die Schaukäserei der Gemeinde. In dem Haus aus dem Jahr 1606 produziert die ausgebildete Alpsennerin Käse wie früher. Der Käsekeller wurde so angelegt, dass er halb unter einem grossen Stein liegt. «Das sorgte für Kühlung und konstante Luftfeuchtigkeit, da der Stein Wasser zieht», sagt Brigger.

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«Es wird immer schwerer, den Keller nicht zu heiss werden zu lassen.»
Roberta Brigger, Alpsennin
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Doch angesichts steigender Temperaturen verlieren die Mittel der Ahnen zur Kühlung des Kellers ihre Wirksamkeit. «Es wird immer schwerer, den Keller nicht zu heiss werden zu lassen», sagt Brigger. Seit fünf oder sechs Jahren muss sie darum im Sommer grossen Aufwand betreiben, damit ihre Käse nicht schlecht werden.

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«Unsere Vorfahren würden ganz schön fluchen, wenn sie sehen könnten, wie man heute arbeiten muss, um mit der Sommerhitze klarzukommen.»
Roberta Brigger, Alpsennin auf der Riederalp
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So hängt sie den Eingang zum Keller mit einem Tuch ab, dann wässert sie den Felsen über dem Keller, damit es nicht zu trocken wird. Und Brigger muss gut planen. Sie sagt: «Tagsüber schaue ich, dass ich den Keller nicht betreten muss.» Denn schon ein paar Sekunden bei offener Tür lassen die Temperaturen so weit steigen, dass es für den Käse problematisch wird. «Unsere Vorfahren würden ganz schön fluchen, wenn sie sehen könnten, wie man heute arbeiten muss, um mit der Sommerhitze klarzukommen.» Und es gibt noch ein weiteres Problem: Gefahr droht dem Käse längst nicht mehr nur im Hochsommer. «Teilweise muss man bis tief in den Oktober aufpassen, dass es nicht zu warm wird im Käsekeller», sagt Brigger. All das war früher unnötig.

Technische Lösungen gesucht

Für Käseeinkäufer und Juror Marcel Zürcher ist klar, dass etwas gegen das zunehmende Problem unternommen werden muss. Er sagt: «Besser wird es mit dem Klimawandel in den nächsten Jahren nicht.»

Er sieht die Lösung in einer besseren Isolation der Keller, gegebenenfalls ein Kühlsystem für die Alpen. «Es braucht technische Lösungen, ansonsten ist das Kulturgut Alpkäse an manchen Orten in Gefahr.»

Das kantonale Landwirtschaftszentrum hat das Problem inzwischen auf die Agenda gesetzt und will in den kommenden Monaten zusammen mit den Alpenkäsereien nach Lösungen suchen. Dabei geht es vor allem um die Finanzierung von Massnahmen. Denn ohne die Hilfe des Staates wird es wohl nicht gehen. Zu teuer wäre ein Aufrüsten für die Geteilschaften, die Besitzergenossenschaften der Alpen, in Eigenregie.

Auf der Riederalp will Roberta Brigger erst einmal ohne zusätzliche Technik weitermachen. «Für mich geht es ja nicht um kommerziellen Erfolg, sondern um die Bewahrung des Kulturgutes.» Ganz ohne moderne Hilfsmittel geht es aber auch im Haus von 1606 inzwischen nicht mehr. «Ohne mein digitales Thermometer mit Feuchtigkeitsanzeige wäre ich aufgeschmissen», sagt die Sennerin von der Riederalp.

Alpkäse ist nicht gleich Bergkäse

Auch wenn die Namen eine sehr grosse Ähnlichkeit vermuten lassen – Alp- und Bergkäse sind keinesfalls dasselbe.

Alpkäse wird nur während der Sommermonate in den Sömmerungsgebieten des Viehs hergestellt. Heisst: Die Milch muss am Berg produziert, und dann auch auf der Alp zu Käse verarbeitet werden. Ob diese von Kühen, Ziegen oder Schafen stammt, ist hingegen egal. Wichtig ist: Alpkäse ist ein saisonales Produkt.

Bergkäse hingegen darf das ganze Jahr über produziert werden. Damit ein Käse sich Bergkäse nennen darf, muss lediglich die Milch aus einem Berggebiet stammen und in einem solchen zu Käse verarbeitet werden. Was als Berggebiet gilt, definiert dabei das Bundesamt für Landwirtschaft, genauso wie die Sömmerungsgebiete für den Alpkäse.

Die Definition des Begriffs Berggebiet kann dabei sehr weitläufig sein. So gilt beispielsweise fast das gesamt Oberwallis als Berggebiet, auch dichter besiedelte Regionen unten im Rhonetal. Sowohl Alp- als auch Bergkäse sind geschützte Bezeichnungen.

Auch wenn die Namen eine sehr grosse Ähnlichkeit vermuten lassen – Alp- und Bergkäse sind keinesfalls dasselbe.

Alpkäse wird nur während der Sommermonate in den Sömmerungsgebieten des Viehs hergestellt. Heisst: Die Milch muss am Berg produziert, und dann auch auf der Alp zu Käse verarbeitet werden. Ob diese von Kühen, Ziegen oder Schafen stammt, ist hingegen egal. Wichtig ist: Alpkäse ist ein saisonales Produkt.

Bergkäse hingegen darf das ganze Jahr über produziert werden. Damit ein Käse sich Bergkäse nennen darf, muss lediglich die Milch aus einem Berggebiet stammen und in einem solchen zu Käse verarbeitet werden. Was als Berggebiet gilt, definiert dabei das Bundesamt für Landwirtschaft, genauso wie die Sömmerungsgebiete für den Alpkäse.

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