Justiz-Panne im Wallis – Vorstrafe übersehen
Frauenschänder muss nicht ins Gefängnis

Im Kanton Wallis muss ein Vergewaltiger seine Gefängnisstrafe nicht absitzen, weil er seit fünf Jahren keine Straftat mehr begangen haben soll. Eine regionale Zeitung beweist nun aber das Gegenteil.
Publiziert: 18.03.2022 um 15:05 Uhr
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Aktualisiert: 18.03.2022 um 15:38 Uhr
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Im Wallis müsste ein Frauenschänder eigentlich in den Knast. (Symbolbild)
Foto: shutterstock

Ein Walliser (31) hatte 2016 wiederholt sexuelle Handlungen an seiner schlafenden Freundin vollzogen – im Wissen, dass sie das nicht will. Durch psychischen Druck hatte er sie 2017 zu einer weiteren sexuellen Handlung genötigt.

Nun wurde der 31-jährige vom Walliser Kantonsgericht schuldig gesprochen. Seinem Opfer muss er eine Genugtuungssumme von 8000 Franken zahlen – dazu kommt eine Busse von 4200 Franken sowie eine bedingte Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 140 Franken.

Eigentlich müsste der Mann dafür in den Knast – und zwar 24 Monate, also zwei Jahre. Doch weil er laut dem Gericht in den letzten fünf Jahren nicht mehr straffällig geworden war, wurde die Knast-Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Nur: Der Walliser hatte keineswegs eine weisse Weste, wie der «Walliser Bote» berichtet.

Er schlug ihr mit der Faust ins Gesicht

Konkret kam es im Juli 2021 zwischen dem Angeklagten und seiner damaligen neuen Lebenspartnerin mitten in der Nacht zu einem Streit, weil sie ihn verlassen wollte. Er war betrunken, wurde ihr gegenüber aggressiv und hinderte sie daran die Wohnung zu verlassen. Dabei wurde er handgreiflich, schlug ihr unter anderem mit der Faust ins Gesicht. Das geht aus einem Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Oberwallis hervor, wie die Zeitung schreibt. Erst am Morgen erlaubte er ihr, zu gehen.

Doch warum wussten weder das Kantonsgericht Wallis sowie von der Staatsanwaltschaft Oberwallis nichts davon? Ganze einfach: Das System spielte dem Mann in die Hände und bewahrte ihn so vor dem Knast. «Es gilt zu erwähnen, dass zwei verschiedene Staatsanwälte die Verfahren geführt haben, und diese keine Kenntnisse der jeweiligen anderen Fälle haben», sagt Oberstaatsanwalt Rinaldo Arnold (46) auf Anfrage von Blick.

Es wird geprüft, ob das Urteil aufgehoben werden kann

Aus Sicht von Oberstaatsanwalt Rinaldo Arnold und Kantonsrichter Thierry Schnyder handelt es sich hier also nicht um einen Justizskandal. Das Dossier, in dem der Strafbefehl erlassen wurde, sei zudem am 5. Oktober 2021 eröffnet worden – einen Tag vor der Verhandlung vor dem Kantonsgericht. Arnold zu Blick: «Es war somit nicht möglich, Kenntnis vom jeweiligen anderen Dossier zu haben.»

Und: Am Tag der Verhandlung sei der Angeklagte zudem wie üblich vom Gericht befragt worden, ob ein Verfahren gegen ihn laufe. Doch der Angeklagte hatte damals die Frage mit Nein beantwortet, wie Kantonsrichter Thierry Schnyder gegenüber dem «Walliser Bote» erklärt. Ob das Urteil nun aufgehoben werden kann, wird derzeit vom Kantonsgericht geprüft. (lrn/bra)

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