Auf einen Blick
- Geissbock attackiert Hirten und Polizisten in Zermatt
- Hund Cloud hilft, die Situation zu beruhigen
- Vorfall dauerte eineinhalb Stunden
Die Geissenkehr ist eine der Attraktionen während des Sommers in Zermatt VS: Rund 60 der seltenen Walliser Schwarzhalsziegen werden morgens und abends durchs Dorf getrieben, damit sie von den Touristen bewundert werden können. Dass das nicht ganz ungefährlich ist, zeigt ein Vorfall am vergangenen Sonntagmorgen, als einer der Geissböcke plötzlich durchdrehte.
Wrestling-Match zwischen Bock und Hirte
Anwohner Benedikt Nardin (33) ist am Sonntagmorgen wie fast jeden Tag mit seinem Hund «Cloud» oberhalb des Zermatter Bahnhofs spazieren. Der dortige Wanderweg führt direkt am Gehege der Walliser Schwarzhalsziegen vorbei, tagsüber grasen die Tiere allerdings auf diversen Weiden rund um Zermatt. «Zunächst habe ich die Geissen im Gelände gesehen, dann hörte ich plötzlich aus der Ferne Hilferufe», erzählt der Hundehalter im Gespräch mit Blick.
Den Ursprung der Schreie kann Nardin schnell ausfindig machen: «Etwa 50 Meter über mir wurde ein Hirte von einem der Geissböcke attackiert. Der Mann lag auf dem Rücken, hatte das Tier an den Hörnern gepackt und versuchte, es von sich zu schieben.» Sofort sprintet Nardin mit Cloud los. Als der Geissbock auf die Neuzugänge aufmerksam wird, lässt er vom Hirten ab und stürmt auf Nardin zu. «Da kam mir zum ersten Mal der Gedanke: Was mache ich hier überhaupt?»
Hund «Cloud», der Retter
Doch glücklicherweise ist Nardin nicht allein. «Der Geissbock blieb wenige Meter vor mir stehen. Es war klar, dass er sich nicht mit Cloud anlegen wollte.» Es gelingt Nardin, sich und seinen Golden Retriever zwischen den Ziegenbock und den Hirten zu positionieren. «Der Mann lag hinter mir am Boden, hat sich die Brust gehalten und schwer geschnauft. Er sah nicht gut aus.»
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Wenige Minuten später seien drei Polizisten eingetroffen, erzählt Nardin. «Der Bock ging auf Abstand, darum bin ich gegangen.» Doch gerade als er wieder auf seinem ursprünglichen Weg angekommen ist, greift der Geissbock erneut an – und attackiert dieses Mal die Polizisten. Wieder sprintet Nardin los. «Zwei der Polizisten haben versucht, ihn mit ihren Schlagstöcken in Schach zu halten, bis wir oben waren.» Als Cloud wieder vor dem Geissbock steht, beruhigt sich die Situation. «Die angegriffenen Polizisten haben sich hinter uns zurückgezogen. Einem der beiden Polizisten lief Blut über die Hand.»
Eineinhalb Stunden Machtkampf
In dieser Position machte Nardin ein Foto von der surrealen Situation. «Sonst hätte mir meine Frau das nie geglaubt.» Wie lange er sich in dieser verzwickten Lage mit dem Geissbock befand, kann Nardin nicht genau sagen. «Es war rund eineinhalb Stunden nach dem Start meines Spazierganges wieder vorbei.» Beendet wurde die Situation durch eine hinzukommende Hundehalterin. «Sie hat vom Ziegen-Gehege aus mit einem Futtersack gewedelt, woraufhin der Bock nach kurzem Zögern zu ihr gegangen ist.»
Wie es zum Vorfall gekommen ist, kann sich Nardin nicht erklären. «Ich wohne seit sechs Jahren hier und habe noch nie von so etwas gehört.» Was er an dem Tag aber auffällig fand: «Normalerweise sind immer zwei Hirten bei den Geissen, aber am Sonntag habe ich nur den einen gesehen.»
Zermatt Tourismus: «Der Hirte ist unverletzt und bereits wieder bei der Herde»
Zwar gehören die Geissen mehreren Privatbesitzern, ihr Sommeraufenthalt inklusive der Geissenkehr wird allerdings von Zermatt Tourismus organisiert. Wie die Organisation auf Anfrage schreibt, war auch der zweite Hirte am Sonntag vor Ort, er musste allerdings die restliche Herde beaufsichtigen. Zudem war der angegriffene Hirte schon am nächsten Tag wieder am Arbeiten: «Der Hirte ist unverletzt und bereits wieder bei der Herde. »
Dies bestätigt auch die Kantonspolizei Wallis. Auf Anfrage sagt deren Medienstelle: «Keiner der Betroffenen musste sich in ärztliche Behandlung begeben.» Glück gehabt. Dass solche Geschichten auch ganz anders ausgehen können, zeigt etwa das Beispiel aus dem Waadtland, bei dem eine Wanderin von einem Schafbock angegriffen wurde und dabei schwerste Verletzungen erlitt. Laut der Kapo und Zermatt Tourismus ist das aber der erste Vorfall dieser Art in Zermatt.
Kein Einfluss auf Geissenkehr
Laut Zermatt Tourismus hat sich der Bock so aggressiv verhalten, weil sich die Tiere bereits in der Paarungszeit befinden. «Dabei kann es manchmal dazu führen, dass ein Bock etwas unkontrolliert agiert. Vor allem männliche Wesen – egal ob Mensch oder Tier – sieht er dann als Rivalen an.»
Weswegen der betroffene Bock nun aus der Herde entfernt wurde. «Für den Bock ist die Saison zu Ende. Er wird diese Woche zurück zu seinem Besitzer gebracht.» Die diesjährige Geissenkehr wurde bereits vor einer Woche beendet. Doch auch auf künftige Geissenkehren soll der Vorfall keinen Einfluss haben.
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