«Die Nachbarn zeichnen ein klares Bild der Opferfamilie»
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Zurückhaltend und komisch:«Die Nachbarn zeichnen ein klares Bild der Opferfamilie»

Teenager (15) überlebte als einziger den Sprung vom Balkon
Polizei geht von kollektivem Selbstmord aus

Der Junge (15), der als einziger den Sturz einer ganzen Familie aus dem siebten Stock eines Wohnhauses in Montreux überlebte, ist mittlerweile wieder bei Bewusstsein. Die Ermittler gehen davon aus, dass es sich beim Drama um einen kollektiven Selbstmord handelte.
Publiziert: 25.05.2022 um 11:20 Uhr
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Aktualisiert: 25.05.2022 um 15:59 Uhr
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Von diesem Balkon stürzte sich eine Familie in den Tod. Nur der Sohn überlebte. Er ist nun, nach zwei Monaten, wieder ansprechbar.
Foto: Keystone

Am 24. März stürzte eine ganze Familie in Montreux VD aus dem siebten Stock einer Wohnung. Ein Mann (†40), seine Frau (†41), die Tochter (†8) und die Zwillingsschwester der Frau (†41) starben. Nur der Sohn (15) überlebte schwer verletzt. Zwei Monate nach dem Vorfall meldet die Polizei: Der 15-Jährige ist ausser Lebensgefahr. Er habe mehrere Brüche erlitten und befindet sich noch im Krankenhaus.

Er habe derzeit keine Erinnerung an den Tag der Tragödie und konnte keine Angaben zum Tathergang machen. Er wurde unter Vormundschaft gestellt.

Dritteinwirkung wird ausgeschlossen

Die Polizei sagt weiter, man schliesse nun Dritteinwirkung komplett aus. Stattdessen wird von «kollektivem Selbstmord» gesprochen. Die von den Gerichtsmedizinern durchgeführten Untersuchungen hätten keine Spuren von Gewalteinwirkung ergeben, nur den Sturz aus einer Höhe von mehr als 20 Metern.

Der vollständige Bericht der Gerichtsmedizin wird jedoch erst in einigen Monaten vorliegen. Die polizeilichen Ermittlungen sind inzwischen abgeschlossen.

«Beeindruckender Vorrat an Lebensmitteln»

Die Ermittlungen hätten ergeben, dass die Familie seit Beginn der Corona-Pandemie «sehr an Verschwörungs- und Überlebensthesen interessiert gewesen» sei, teilt die Waadtländer Kantonspolizei mit. Die Familie habe «einen beeindruckenden Vorrat an Lebensmitteln aller Art angelegt», der «gut organisiert war» und einen «Grossteil der verschiedenen Räume der Wohnung einnahm». Das Ziel sei gewesen, mit den Vorräten eine Krise bewältigen zu können.

Die Familie habe nahezu autark gelebt und sich von der Gesellschaft zurückgezogen. Nur die Zwillingsschwester der Mutter habe ausserhalb des Hauses gearbeitet. Weder die Mutter noch das achtjährige Mädchen seien offiziell bei der Einwohnerkontrolle registriert gewesen. Die Tochter sei entsprechend auch nicht zur Schule gegangen. Mutter und Tochter seien im April 2016 als nach Marokko ausreisend gemeldet worden und sollten nicht in Montreux leben.

Der älteste Sohn hingegen sollte zur Schule gehen. Weil er dort nie auftauchte, rückte die Polizei am 24. März zur Wohnung aus. Der Vater sollte zum Homeschooling seines Sohnes befragt werden. Niemand öffnete. Kurz darauf kam es zur Tragödie. (vof)

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