Der Horror spielt sich am Donnerstagmorgen in Montreux VD ab: Eine Familie stürzt aus dem siebten Stock in den Tod. Ein Mann (†40), seine Frau (†41), die Tochter (†8) und die Zwillingsschwester der Frau (†41) sterben. Nur der Sohn (15) überlebt schwer verletzt.
Kurz vor dem Drama wollten zwei Polizisten in die Wohnung der Familie, um zu kontrollieren, ob die Homeschooling-Richtlinien des Sohns befolgt würden. Konkret: Der Vater sollte zum Homeschooling eines seiner Kinder befragt werden.
Auch am Freitag, dem Tag nach dem schrecklichen Ereignis, sitzt der Schock im Block noch tief. Nachbarn beschreiben die Familie als merkwürdig und verschlossen. «Wir haben kaum mit der Familie gesprochen. Sie gingen immer zu fünft raus – alle zusammen», sagt Anwohner Henri A.* zu Blick. Nur ein einziges Mal sei es zu einem Gespräch gekommen. «Zu Beginn der Pandemie, also im März 2020, haben ich und meine Frau den Mann im Eingang gesehen. Er trug eine FFP2-Maske.»
«Er hat nie gelacht»
Blick-Recherchen zeigen, dass es sich beim toten Vater um Marc F.* (†40) handelt. Auf Social Media gibt er an, dass er in der Ticket-Branche aktiv sei. Auf seinem Profilbild ist er lachend zu sehen.
Für die Nachbarn eine Überraschung: «Denn er hat nie gelacht.» Er habe zudem viele Bücher gelesen, sagt eine Anwohnerin. Überdies scheint es, als habe F. unzählige Postpakete zu sich nach Hause bestellt. Nachbar Henri A. zu Blick: «Er schlief den Tag hindurch, am Nachmittag gegen vier Uhr wachte er auf und holte die Pakete rein.» Weil ihm dies merkwürdig vorkam, hat A. sogar ein Foto des Paketstapels vor der Tür der Familie gemacht.
Seit Monaten habe sich F. verschiedene Sachen im Internet bestellt. «Die Nachbarn waren dadurch irritiert.» Selbst am Freitagmorgen, ein Tag nach der Tragödie, sei ein Pöstler mit Paketen vorbeigekommen. «Aber ich habe ihm gesagt, dass es nichts mehr nütze.»
Gespräche nur durch die geschlossene Tür hindurch möglich
Henri A. habe sich wegen der Pakete bei der Verwaltung beschwert. Nicht die einzige Beschwerde bei der Verwaltung. Eine andere Nachbarin habe sich wegen der Gesamtsituation bei der Wohnung der Familie beschwert.
Am Tag des Dramas habe sie dann die Verwaltung nochmals angerufen – mit der Nachricht, dass es nun zu spät sei für eine Intervention. Auf Blick-Anfrage sagt die zuständige Verwaltung, dass die betreffende Wohnung Inhalt einer Polizeiermittlung sei, daher könne man nichts sagen.
Die Nachbarin macht sich Vorwürfe. «Wir Nachbarn hätten mehr machen müssen, als nur eine Beschwerde bei der Verwaltung deponieren.» Und auch sie sagt, dass es sich bei der Familie um «merkwürdige Leute» gehandelt habe. «Wollte man mit der Familie sprechen, war dies nur durch die geschlossene Tür hindurch möglich.» Aus der Wohnung habe es zudem immer wieder gestunken, sagt die Nachbarin. «In den letzten Tagen roch es vor allem nach Weihrauch.»
Als Blick am Freitag vor der versiegelten Wohnung der Familie steht, ist der Weihrauch-Geruch nicht mehr wahrzunehmen. Einzig baumelt eine Dekoration mit der Aufschrift «Jesus is the reason for the season» (zu deutsch: Jesus ist der Grund für diese Jahreszeit) am Türspion. Ein Song von Kirk Franklin aus dem Jahre 1995.
Schwestern brachten Schokolade zum Einzug
Im Gegensatz zu ihm fielen die Frau von Marc F. sowie deren Schwester in der Nachbarschaft eher positiv auf. «Als die Familie vor ein paar Jahren eingezogen ist, kamen die beiden Schwestern vorbei, um sich vorzustellen», berichtet eine Nachbarin. Marc F. sei nicht dabei gewesen. «Die beiden Zwillingsschwestern haben allen Nachbarn Schokolade angeboten.»
Ein Tag nach der Tragödie erinnern Blumen und Kerzen auf der Strasse an die Familie. Weiterhin ist unklar, ob es ein Suizid oder ein Unfall war, wie die Polizei auf Blick-Anfrage sagt. Wie es dem Jungen gehe, der überlebte, könne die Polizei nicht sagen. Eine weitere Mitteilung zum Fall wurde für nächste Woche in Aussicht gestellt.
* Namen geändert
Diese Stellen sind rund um die Uhr für Menschen in suizidalen Krisen und für ihr Umfeld da:
- Beratungstelefon der Dargebotenen Hand: Telefon 143 www.143.ch
- Beratungstelefon von Pro Juventute (für Kinder und Jugendliche): Telefon 147 www.147.ch
- Weitere Adressen und Informationen: www.reden-kann-retten.ch
Adressen für Menschen, die jemanden durch Suizid verloren haben
- Refugium – Verein für Hinterbliebene nach Suizid: www.verein-refugium.ch
- Nebelmeer – Perspektiven nach dem Suizid eines Elternteils: www.nebelmeer.net
Diese Stellen sind rund um die Uhr für Menschen in suizidalen Krisen und für ihr Umfeld da:
- Beratungstelefon der Dargebotenen Hand: Telefon 143 www.143.ch
- Beratungstelefon von Pro Juventute (für Kinder und Jugendliche): Telefon 147 www.147.ch
- Weitere Adressen und Informationen: www.reden-kann-retten.ch
Adressen für Menschen, die jemanden durch Suizid verloren haben
- Refugium – Verein für Hinterbliebene nach Suizid: www.verein-refugium.ch
- Nebelmeer – Perspektiven nach dem Suizid eines Elternteils: www.nebelmeer.net